Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Geld.«
Der Whiskey bildete eine Lache auf den groben Bodenplanken. John X tippte mit den Spitzen seiner schwarzen Turnschuhe in die Pfütze.
»Criminentlies«, sagte er, als er den verschütteten Whiskey mit den Schuhsohlen verteilte, »das waren anderthalb Mäuse, Stew. Den Krieg mit Japan haben wir hinter uns, Freundchen. Die Zeiten sind vorbei, dass ein Drink ’n Vierteldollar kostete, mit ’nem Bier zum Nachspülen und ’ner Schweinshaxe umsonst obendrauf.«
»Dein Geld ist schlechtes Geld«, sagte Stew. »Ein schlechter Mann hat nämlich keine andere Sorte Geld, um zu bezahlen.«
»Ein wie schlechter Mann bin ich denn, dass ich dir einen Drink ausgebe?«
»Du hast dir Schuld aufgeladen, Johnny.«
»Ich glaub, ich brauch ’nen Augenblick, um das sacken zu lassen, Freundchen.«
Die Theke war aus robustem dunklen Holz, und hinter ihr verlief ein schmaler Durchgang, gesäumt von einem kleinen Spiegel an der Wand und einer dreistöckigen Vitrine mit Schnapsflaschen. Sonnenlicht fiel durch die vorderen Fenster und ließ Flaschen und Spiegel aufblitzen.
»Ich darf sagen, dass ich nie ein schlechter Kerl sein wollte .« John X hob den Drink und schwenkte den Whiskey unter der Nase, um den Geruch einzuatmen. »Aber ich muss gestehen, manchmal bot sich die Gelegenheit so ungeniert, dass ich ihr nicht den Rücken kehren konnte.«
»In mir regt sich der Gedanke, dir die Fresse zu polieren«, sagte Stew. Er bewegte sich jedoch nicht, sondern hockte weiter vornübergebeugt und sprach in das Glas mit dem mausetoten Bier. »Du warst immer Mister Schönling – als wär kein Mann auf dieser Welt so schön wie du.«
»Na ja, ich hab immer gedacht, wenn einer besser aussieht als ich, dann ist er doch wohl ein bisschen zu niedlich – verstehst du, was ich mein? So wie Tyrone Power zum Beispiel.«
»Und dazu auch einer mit ’ner spitzen Zunge«, fuhr Stew fort. »Auch das hab ich an dir nie gemocht. Das ist nämlich ’ne Sache für Weiber. Bei dir hab ich’s nie gemocht. Noch ein Grund, dir die Fresse zu polieren. Damit wären’s schon zwei.«
»Brauchst du noch mehr?«, fragte John X. Er stürzte den Drink hinunter und drehte sich abrupt zu Stew um. »Vielleicht könnte ich dir noch ein paar mehr aufsagen, Freundchen, wenn du so wild drauf bist, sie zusammenzuzählen.«
»Ich kenn deine ganze Geschichte«, sagte Stew. »Du hast doch damals ungefähr jedes dritte Mädchen über zehn hier in der Nachbarschaft gebügelt. Hast ihnen ein paar Lügen oder auch was Wahres erzählt, das sie gern hören, und schon hattest du die kleinen Baumwollschlüpfer runter bis auf die Knie gezogen.«
»Eifersüchtig?«, fragte John X. Er warf einen Blick zu Etta hinüber. »Das ist nämlich alles Quatsch.« Er lächelte Stew an. »Bullshit, von dem ich wünschte, dass er wahr wär – dann könnt ich nämlich dran zurückdenken und dabei grinsen.«
»Monique war gerade mal zwölf, als du sie geheiratet hast, du Ratte.«
»Ratte? Pass auf, was du sagst. Und sie war vierzehn – das ist schon ganz was andres.«
»Das wär Nummer drei«, sagte Stew, wirbelte herum und verpasste John X jenen bitterbösen Schwinger, den er hatte landen wollen, seit Coral, die Beagle-Hündin, sich von der Leine losgerissen hatte. Der Überraschungsschlag traf voll auf die Zwölf. John X wurde von seinem Hocker geschleudert und fiel auf den Arsch.
Er rappelte sich vom Boden auf und fixierte Stew. Theatralisch spuckte er aus und ballte die Zitterklauen zum Angriff. »Komm schon, du Memme«, sagte er. »Ich mach dich zu Hackfleisch.«
»Ha!«, bellte Stew. Dann griff er sich in den Mund, zog sein Gebiss heraus und legte es neben sein Bierglas. »Weld dil die Flesse polieln.«
»He, he«, rief Tip. Er hatte am anderen Ende der Theke den jungen Damen Limonade ausgeschenkt und eilte jetzt herbei. »Was soll denn der Scheiß, Johnny?«
John X landete eine hübsche linke Gerade genau auf Stews Nase.
»Ta gal nich weh!«, blabberte Stew so ganz ohne die Übersetzungshilfe, die ansonsten sein Gebiss lieferte. »Mischtel Schö-lin!«
Einer der Biker im Hintergrund lachte und sagte: »Saubere Show, die alten Raufbolde!«
Etta und Gretel kletterten von ihren Hockern, hielten einander bei der Hand und schauten sich das Spektakel an.
Im bequemen Anzug aus der Garderobe eines Toten machte John X, die Fäuste hoch erhoben, einen Ausfall nach links, während Stew sich in seinen gespensterweißen Klamotten aufpflanzte und darauf lauerte, eine Granate
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