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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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sauber. »Ich wette, er hatte seinen Spaß an ihnen.«
    »Hä?«, sagte Etta. »Ich will solche gar nicht haben – die stören nur beim Sport. Mom konnte nicht mal einen Baseball werfen, ohne das Gesicht zu verziehen.«
    Die Mittagsglocken von St. Peter’s klangen herüber, ein leises Läuten in der warmen Luft.
    »Warum hat dein Daddy dich zu mir geschickt?«, fragte Monique.
    »Kann ich nicht sagen.«
    »Hat er’s dir verboten?«
    »Nein. Ich weiß einfach nicht, warum.«
    »War er betrunken?«
    »Na ja, nur wie normal.«
    »Mh-hmm.«
    Die Hälfte von Ettas Bier war leer, und sie hatte einen Schwips. Auf einmal begannen ihre Lider zu flattern.
    »Habt ihr euch je gefragt, was wohl passiert wäre, wenn sie Christus nicht für unsre Sünden umgebracht hätten?«, fragte sie. »Ich mein, wenn sie ihn einfach nur zur Hintertür rausgeschleppt und vermöbelt hätten?«
    Nicole und Monique ließen von ihren ureigenen Gedanken ab und sahen sie unverwandt an.
    Nicole sagte: »Also, das ist eine ziemlich morbide Frage für ein Mädchen deines Alters.«
    Monique grunzte wohlmeinend. » Sie stellt sie ja nicht – da hör ich Johnny Shade reden.«
    Etta sprudelte über vor Lachen. Sie tippte sich mit dem Finger an die Schläfe. »Ich hab ihn hier gespeichert«, sagte sie.
    »Besser, wenn ich dir davon was abnehme«, sagte Nicole und nahm dem Mädchen das Bier aus der Hand. Sie spülte sich den Mund und schluckte. »Mein Bauch ist trocken.«
    Monique nickte: »Ich glaub, du hast dich ja wohl entschieden.«
    Als die Sandwiches gegessen waren und das Bier getrunken, legten sich die Schlangenstecherinnen rücklings auf die Steine und gaben sich stumm der Sonne hin. Nach einer Weile setzte Etta sich auf und rief: »He! Ein Schleppdampfer!« Die Frauen kamen hoch. »Da ist ein Mann an Deck, der guckt hierher!«
    Mit flacher Hand schirmte Nicole die Augen ab.
    »Oh«, meinte sie, »der ist ja gar nicht so hässlich.«
    Sie stand da, beobachtete den Mann auf dem Kahn und reckte die Arme in die Luft.
    » Nicole !«, sagte Etta. »Er …«
    Plötzlich stand Monique neben Nicole, und als sich der Schlepper näherte, drehten sie dem Mann an Deck den Rücken zu, beugten sich hinunter, rollten ihre Unterhosen bis auf die Knöchel hinab und ließen zwei Monde grundverschiedener Art über den Fluss leuchten.
    »Criminentlies!«
    Der Mann an Deck rief ihnen Aufmunterndes zu. Dann kam ein zweiter hervor und gesellte sich zu ihm. Sie winkten wie wild und machten schamlose Bumsbewegungen mit dem Becken.
    »Fickt euch selbst«, zischte Monique fast unhörbar. »Ihr blöden Affen.«
    Der Schleppkahn ließ zweimal seine Pfeife schrillen, als er flussabwärts davontuckerte.
    Jetzt sprang auch Etta auf und bot ihren winzigen unbehaarten Mond zur Ansicht. Sie wurde übermütig, beugte den Kopf bis tief zwischen die Knie, den Schlüpfer von Knöchel zu Knöchel gespannt.
    »Können die das sehen? Können die mich von da sehen?«
    »Vielleicht«, sagte Monique. Die alte Frau lachte. »Du bist okay, Kleine. Hast dich bei der Jagd gut gemacht. Ich hab dich beobachtet. Du hast so manche Shade-Qualität.«
    »Das macht Spaß.«
    Bald nachdem der Schleppdampfer nicht mehr zu sehen war, zogen sich die Frauen wieder an. Sie stopften den Müll in die Beutel, hoben ihre Stecken auf und machten sich auf den Heimweg. Sie hielten sich an den Pfad durchs Dickicht und blieben auch nicht mehr stehen, um die Schlangen mit Stockhieben ins Freie zu treiben. Auf den Gleisen legte Monique einen Arm um Ettas Schultern. Sie drückte sie an sich und wuschelte dem Mädchen übers Haar.
    »Du bist eine von uns. Was auch immer geschieht, Etta, wir werden für dich tun, was wir können.«
    Die Sonne brannte vom Himmel, und eine kleine Schar verspäteter Zugvögel schwirrte südwärts.
    »Ich werd das sacken lassen«, sagte Etta.
    Als sie die Hintertür des Billardsalons erreicht hatten, schloss Monique auf, und die müden Frauen gingen schnurstracks auf den Tisch zu. Sie ließen sich auf die Stühle sinken und ihre Stecken klappernd zu Boden fallen.
    Monique Blanqui Shade hing schwer auf ihrem Stuhl, das Kinn gesenkt, den Blick auf die Schlangenhäute gerichtet, die aufgereiht an der offenen Tür des Wandschranks hingen. Sie seufzte.
    »Keine Schlangen heute«, sagte sie.

Vierter Teil
    Que sera und so weiter

15
    Im Gebiet am Fluss hatte es eine Zeit gegeben, da ballte sich am Himmel vom Delta bis zum Oberlauf eine einzige gewaltige Gewitterwolke zusammen, brach auf und

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