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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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hin.
    Lunch stand in der Tür, rauchte in aller Ruhe und sah zu, wie das Haar der Hure eine seltsame neue Farbe mit zwei Tönungen annahm: blond und angekokelt.
    »Ich hab keine Schwester«, sagte er.

14
    Wenn es Sonntagmorgens in sie fuhr, wenn sich ein abenteuerlustiger und rachsüchtiger Lebensgeist in ihr regte, dann schlüpfte Monique Blanqui Shade in schmuddelige Klamotten, zog schwere Stiefel an, setzte einen ausgefransten Strohhut auf und machte sich auf die Pirsch in den Marais-Du-Croche-Sumpf, um ein paar Schlangen zu erschlagen. Diese Jagd hatte ihr Ritual. Zuerst stellte Monique die schwere schwarze Pfanne auf den Herd, zermanschte Eier und briet sie in Butter, bestrich Brot mit Mayonnaise, belegte es mit Zwiebelscheiben und ließ schließlich die Eier drüberrutschen, um herzhafte Sandwiches zuzubereiten. Die Sandwiches steckte sie in einen Beutel und band ihn auf einer Hüftseite an die Gürtelschlaufe. Dann verstaute sie drei kalte Biere in einer Plastiktüte und zurrte diese an der anderen Seite fest. Schließlich wählte sie aus der Sammlung in ihrem Wandschrank einen angespitzten Stock, drehte das Schild an der Vordertür des Billardsalons auf »Geschlossen« und machte sich auf ins dichte Gestrüpp und morastige Terrain, wo es vor zischenden Schlangen wimmelte.
    Als Monique an diesem Sonntagmorgen, ihrem Geburtstag, die Eier briet, waren ihre langen grauen Haare noch nicht geflochten und wallten bis auf ihre Fußknöchel. Ab und zu warf sie einen verstohlenen Blick zum Klappbett in der Vorratskammer, wo Etta lag. Das Mädchen war schon wach, stellte sich aber schlafend.
    »Bist du nun bald mal wach?«, fragte sie schroff.
    In einer gar nicht mal üblen Imitation von Tiefschlaf hielt das Mädchen die Augen geschlossen und atmete stetig.
    »Steh auf«, sagte Monique. Sie war stark, stämmig, und ihre braunen Augen wirkten hinter den Gläsern der Hornbrille extrem groß. »Die Eier sind fast fertig.«
    Die Augenlider des Mädchens flatterten, und sie wälzte sich auf dem Bett, als würde sie erst jetzt allmählich wach.
    »Ich hab drei Jungs großgezogen«, sagte Monique, »und alle drei verstanden sich besser aufs Simulieren als du. Also hoch mit dir, Etta.«
    »Wie spät ist es?«, fragte Etta leicht gereizt.
    »Zeit, um aufzustehen und Schlangen zu killen, Mädchen.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich sagte, es ist ein Tag zum Schlangenkillen, und ich hab genau das vor. Bist du dabei?«
    »Criminentlies.« Etta sprang vom Bett auf und zog sich an.
    »Zieh dir was Altes an«, sagte Monique. »Weil es über Nacht geregnet hat, wird’s reichlich matschig sein.«
    »Ich hab doch nur diese Sachen, Ma’am.«
    »Dann zieh eben die an. Und ich hab dir gesagt, du sollst mich Ma nennen.«
    Als das Mädchen mitten in der Nacht an die Tür gekommen war, hatte Monique das Licht über der Eingangstür angeschaltet, sich die Kleine betrachtet, die da mit ihrem pinkfarbenen Koffer vor der Brust auf dem Treppenabsatz stand, und gewusst, wer sie war, bevor sie den Mund aufgemacht hatte. Sie hatte dem Mädchen zur Beruhigung Milch und Bananenbrot mit Butter gegeben, denn sie war hibbelig, schüchtern und zurückhaltend. Sie hatten am Tisch gesessen und sich ein halbe Stunde lang in Satzfragmenten unterhalten, bevor sie sich schlafen legten. Als Monique zu Bett ging, hatte sie gedacht: Sie sieht aus wie eine Shade, ein Shade-Mädel, wie ich es mir gewünscht, aber nie bekommen habe.
    Nachdem die Sandwiches zubereitet waren, setzte Monique sich auf einen Stuhl und machte sich daran, die hexenhaft langen grauen Haare zu Zöpfen zu flechten und diese zu Knäueln zu wickeln, die sie wie eine Krone aufsteckte. Die grelle Morgensonne knallte durch das kleine Ostfenster und schien ihr auf den Rücken. Eine lange schwarze Zigarette baumelte zwischen ihren Lippen.
    Etta kam in die Küche, schnupperte nach den Sandwiches und lehnte sich dann gegen eine Wand.
    »Willst du wirklich Schlangen killen?«
    »Yup.«
    »Du erzählst mir doch keinen Scheiß, oder?«
    »Ich sehe, John X hat dir sein Schandmaul vermacht, Mädchen.«
    »Er sagt, Wörter wie die sind Teil unserer Sprache.«
    »Dein Dad quatscht mehr bescheuerte Scheiße als drei Irre zusammen.«
    »Kann sein. Manchmal hat er recht.«
    Monique steckte den letzten Zopf zurecht.
    »Ist nur fair, das zuzugeben, denk ich.« Sie stand auf und öffnete die Wandschranktür. »Sieh mal.«
    Auf der Innenseite waren Schlangenhäute ans Holz genagelt und hingen herunter wie

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