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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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einer weiß, was in Pan Fry abläuft, dann er.«
    »Ja. Was meinst du – sollen wir nett sein und ihm einen Besuch abstatten?«
    »Okay, Partner«, antwortete Blanchette in ungewohnt sanftem Ton. »Ich hab mich schon gefragt, wie lange wir nach der Pfeife von deinem Kaschmir-Bruder tanzen. Ehrlich gesagt, ich wär vom Glauben abgefallen, wenn’s länger als zehn Minuten gedauert hätte.«
    Shade nickte. »Ich auch.«
    Zu den ehrgeizigen Selbstmythologisierungsversuchen von Saint Bruno, einer Stadt, die sich selbst gern als eine Art Miniatur-Chicago sah, gehörten Gerüchte, die auf seltsame Verbindungen zwischen der stürmischen Metropole am großen See und dem schwitzenden Städtchen am Fluss hinwiesen.
    Auch die Hackordnung der einheimischen Alkoholverkäufer und Revolverhelden, der Billard-Autokraten und koksschaufelnden Cowboys wurde häufig mit dem munteren Chicago von anno dazumal verglichen. Und wenn man Auguste Beaurain – einen so ausgekochten und gefährlichen Kerl, dass er noch nie auch nur einen Strafzettel wegen Falschparkens bekam – als Westentaschen-Capone und Steve Roque als bissigen Spike O’Donnell begreifen wollte, dann füllte Sundown Phillips aus Pan Fry perfekt die Rolle des Bugsy Moran aus.
    Die Detectives bogen auf den Kiesplatz vor dem Holzhaus ein, das der Baufirma Phillips Construction als Büro diente. Hier parkten bereits zwei grüne Lieferwagen und ein Motorrad. Auf der Veranda faulenzte ein großer Hund mit langen Dreckzotteln und einem beunruhigend schmalen Kopf.
    Als die beiden Detectives näherkamen, erhob sich der Hund. Shade legte ihm die Hand auf den Kopf, um ihn an der Stelle zu kraulen, wo vermutlich die Ohren waren. Der Hund seufzte wohlig, ließ sich wieder nieder, und Shade öffnete die Tür.
    Im kleinen Vorzimmer standen freudlos graue Aktenschränke an den Wänden; der Empfang war nicht besetzt.
    Shade und Blanchette blieben mitten im Zimmer stehen und sahen sich um. An einer Wand hing in der Mitte ein Bild von Martin Luther King, darunter prangten signierte Fotos von Satchel Paige, Itzhak Perlman und Tina Turner.
    Schließlich ging Shade zu einer weißen Tür in der Zimmerecke und klopfte.
    Nach einer langen Pause öffnete sich die Tür zögernd, und gab den Blick frei auf einen Tisch mit lauter neugierigen Gesichtern. Ein dünner, karamellbrauner Mann mit einem Vandyke-Bart und Klamotten, die eine Vorliebe für tropisches Styling verrieten, stellte sich Shade in den Weg.
    »Eine Geschäftsbesprechung«, erklärte der Mann. »Haben Sie was Geschäftliches auf dem Herzen?«
    Am Tisch im Hintergrund wurde eines der neugierigen Gesichter plötzlich weniger neugierig, schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Der dazugehörige Mann hätte sich beim Football nur immer nach vorn fallen lassen müssen und hätte dadurch allein dank seiner Körpergröße einen guten Rushing-Durchschnitt erreicht. Sundown Phillips lag mindestens ein bis zwei Nummern über Normalgröße, hatte eine Löwenmähne und dunkle Haut.
    Während er sich der Tür näherte, setzte er ein Lächeln auf.
    »Also, wenn das nicht das große Boxtalent Shade ist«, sagte er und rollte die Augen. »Der ewige Herausforderer!«
    Shade identifizierte den Vandyke-Bart als Powers Jones, einen Gelegenheitszimmermann und Vollzeitverdächtigen, der für Phillips arbeitete. Die anderen Gesichter konnte er im Halbdunkel nicht genau erkennen.
    Jetzt stand Sundown im Türrahmen und versperrte jede Sicht auf den dahinterliegenden Raum. Sein Lächeln war so herzlich wie eine Ausnüchterungszelle. Er drängte Shade zurück ins Vorzimmer und zog die weiße Tür hinter sich zu.
    »Was geht hier vor?«, erkundigte sich Blanchette und beugte sich verschwörerisch vor. »Ist ein bisschen früh am Tag für ’ne Tupperparty, oder?«
    Sundown sah auf Blanchette herab und grinste dabei amüsiert.
    »Haben Sie das Schild draußen gesehen?«, fragte er. »Wir haben hier eine Geschäftssitzung.«
    »Hören Sie zu, Phillips«, sagte Shade. »Ich möchte Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    »Worüber?«
    »Über Sie.«
    »Ach, wie nett«, säuselte Sundown. »Zwei Meter eins, zweihundertvierzig Pfund, schwarze Haare, braune Haut, Narbe unter der linken Achsel und stur wie ein Esel. So viel zu den Daten.«
    »Klugscheißer kann keiner leiden«, erwiderte Blanchette, dessen Nase ungefähr bis zur Höhe von Sundowns Brustwarzen reichte.
    »Ach, wirklich? Da würde mich aber die genaue demo-grafische Aufschlüsselung interessieren.«
    In

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