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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zauber.
    »Es wird auch nächsten Monat nicht regnen«, sagte Dr. Högli. Er hatte die große Schnittwunde vernäht und puderte sie jetzt mit Penicillin ein, bevor Juanito den Verband anlegte. Es stank nach Eiter und Blut, Äther und saurem Schweiß.
    »Das bedeutet, daß Santa Magdalena verdurstet, wenn man ihm kein Wasser gibt. Und Paddy verspricht Wasser – im Austausch gegen uns.«
    »Wollen Sie Ihre Kirche aufgeben, Pater?« rief Dr. Högli. Er trat vom OP-Tisch zurück, tauchte die Hände in die Sterillösung und dann in heißes Wasser. Man hatte es aus dem als Latrine mißbrauchten Brunnen nehmen müssen, immer wieder gefiltert und aufgekocht, bis es nach menschlichem Ermessen von Bakterien frei sein mußte. Aber genau wußte das auch Dr. Högli nicht. Ohne Wasser jedoch war ein Krankenhausbetrieb undenkbar. »Ich tröste mich mit einem guten Wort meines Lehrers Professor Vennekamp«, hatte Högli am Abend vorher zu Evita gesagt, als die Arbeiter ihm meldeten, der Brunnen sei nun vom gröbsten Schmutz frei, aber das Wasser gleiche noch immer einer stinkenden Brühe. »›Meine Damen und Herren‹, sagte er zu uns jungen Studenten, ›die Lehre von der Sauberkeit ist ein Grundpfeiler der Medizin. Aber in der Not verdaut ein menschlicher Körper auch Mist.‹ Was hätte Vennekamp wohl gesagt, wenn er in Santa Magdalena gewesen wäre?«
    Pater Felix lehnte sich an die gekalkte Wand des OP und sah Juan-Christo zu, wie er den noch Narkotisierten verband. Ximbarros Gesicht sah noch schrecklich aus, dick verschwollen, fleckig und vor allem in den Augenhöhlen aufgetrieben. Dr. Högli hatte ihm befohlen, im Bett zu bleiben – aber schon am nächsten Tag stand er in der Ambulanz und behandelte die wartenden Indios. Viermal hatte Högli ihn aus dem Zimmer gejagt, und fünfmal kam Juan-Christo zurück, wie ein Hund, den man wegtritt und der doch immer wiederkommt, mit traurigen Augen und auf dem Bauch kriechend. Da hatte es Dr. Högli aufgegeben und Ximbarro gewähren lassen.
    »Ich würde meine Kirche verlassen«, sagte Pater Felix langsam. »Himmel, starren Sie mich nicht an, Doktor, als wollten Sie mir den Kopf amputieren! Das ist keine Flucht, noch weniger ist es Feigheit. Trauen Sie mir Feigheit zu?«
    »Eben nicht. Darum wundere ich mich maßlos.«
    »Ich gehe, um stärker wiederzukommen. Doktor, wir haben keine Telefonverbindung mehr. Mein Benzinvorrat reicht noch für dreihundert Kilometer. Ich stehe hier mit leeren Händen und kann nur predigen. In diesen Wochen habe ich eingesehen, daß das Wort allein keine Seligkeit bringt. Diese Menschen hier krepieren elend! Sie erleben es doch täglich! Sie stehen da draußen, halb betäubt vom Meskalin, weil es das Elend und den Durst vergessen läßt. Und dann brechen sie wie morsche Wracks zusammen und vertrocknen. Selbst das Begraben kann man sparen; die Sonne bäckt sie wie Lehmziegel. Soll ich das tatenlos mit ansehen und nur predigen und predigen, segnen und von Gottes Hilfe reden, die doch nicht kommt? Ich muß raus aus dem Kessel und Hilfe von draußen holen!«
    »Und wie kommen Sie hinaus? Paddy läßt Sie nicht gehen.«
    »Er hat den Indios das Angebot gemacht.«
    »Ich weiß. Meine Kranken plaudern genauso fleißig wie Ihre Gläubigen. Wenn Paddy von Wegjagen spricht, dann heißt das: Tötet sie! Treibt sie die Straße hinauf in unsere Gewehre! Die Rechnung ist ganz einfach: Hier sind fünf Menschen, die für ihn zuviel auf der Welt sind. Sie, Evita, Juanito, Matri und ich. Jeder von uns ist draußen eine enorme Gefahr für Paddy. Es gibt für ihn nur noch ein Ziel: Unsere totale Vernichtung. Es bleibt ihm auch gar nichts anderes übrig, wenn er selber überleben will.«
    Dr. Högli trocknete sich die Hände ab. Juan-Christo, Matri und eine stille indianische Krankenschwester hoben den Operierten vom Tisch und legten ihn auf eine alte, verrostete Rolltrage. Die Räder quietschten schauerlich, als Ximbarro sie aus dem OP schob. Jetzt erwachte der Patient, sah als erstes Pater Felix vor sich und glaubte, er müsse nun sterben. Er begann laut zu beten, in diesem indianischen Singsang, der noch aus der Zeit der Konquistadoren im Gedächtnis des Volkes geblieben war. Seine zittrige Stimme verlor sich nach ein paar Sekunden hinter zuklappenden Türen.
    »Ich werde versuchen, durchzubrechen«, sagte Pater Felix laut.
    »Mit Ihrem lahmen Jeep? Der platzt doch schon bei 40 km auseinander.«
    »Darüber wollte ich mit Ihnen reden. Leihen Sie mir Ihren Wagen,

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