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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pater Felix hatte sich umgedreht und war langsam zum Altar gegangen. Dort kniete er nieder und faltete die Hände. »Herr«, sagte er leise. »Die Zeit der Worte ist vorbei. Segne unsere Taten, wie auch immer sie sein mögen. Es geht um den Menschen, Herr, den Du geschaffen hast.«
    Draußen entfernte sich klappernd die Kavalkade. Paddys Leute schrien, als ritten sie eine Attacke. Sie hatten es nötig, denn jedem saß ein dicker Kloß in der Kehle.
    Juan-Christos Transport zum Hospital wurde nicht gestört. Nur ein Beobachter Paddys registrierte das und funkte mit einem Walkie-Talkie zur Hacienda: »Vier Männer und eine Frau in zwei Jeeps. Der Pater, der Doktor, Juan-Christo, Señorita Lagarto und ein Unbekannter.«
    »Ein Unbekannter?« Paddy sah Antonio Tenabo an. »Wer ist denn das? Verflucht, ist trotz der Sperren einer von draußen nach Santa Magdalena durchgebrochen?«
    Der Unbekannte trug einen viel zu weiten, um seine Glieder schlotternden Anzug, einen breiten Poncho und einen noch breiteren Sombrero, der sein Gesicht völlig verdeckte.
    Es war unmöglich, Matri Habete zu erkennen.
    Nur so gelang es, sie zum Hospital zu bringen. »Ich lasse Juan-Christo nicht mehr allein!« hatte sie geschrien, als sie endlich aus dem Keller auftauchen konnte und ihren so schrecklich mißhandelten Geliebten sehen durfte. Sie warf sich über ihn, küßte ihn und preßte ihren Kopf auf seine Brust. »Juanito, mein Held, mein Tapferster aller Tapferen! Ich bleibe bei dir, Juanito!«
    Evita Lagarto sah an Dr. Högli vorbei, als er und Pater Felix den mannhaft seine Schmerzen verbeißenden Juan in den Jeep trugen.
    »Das gleiche wollte ich auch sagen.« Sie fuhr sich mit beiden Händen durch die langen schwarzen Haare. Sie roch nach Wein, weil sie immer wieder Juans Kopf und seinen blaugeschlagenen Körper mit dem Lappen gekühlt hatte. »Ich bleibe bei dir, Riccardo.«
    »Darüber werden wir noch sprechen, Evita.«
    »Sprechen, sprechen! Was ist darüber zu sprechen? Wenn du mich liebst …«
    Er blieb stehen, und da er vorausging, mußte auch Pater Felix stehenbleiben. Juan-Christo sackte in der Mitte durch und stöhnte auf.
    »Ich liebe dich auch, verdammt noch mal!« sagte Dr. Högli. »Wie du siehst, halten mich äußere Ereignisse ab, dich jetzt zu küssen! War das deutlich?«
    »Ja!« sagte Evita glücklich.
    Pater Felix gab Dr. Högli einen Stoß.
    »Los weiter!« kommandierte er. »Ihr kompliziertes Liebesleben können Sie in einer Stunde fortsetzen. Immerhin, Señorita Evita« – er blickte kurz zur Seite – »Sie haben schon eines erreicht: Unser Doktor verliert allmählich seine St. Gallener Gelassenheit. Er fängt an, mit den Fäusten zu arbeiten.«
    Das Hospital sah schrecklich aus. Paddys Kreaturen hatten nicht nur in der Ambulanz gewütet, sondern auch die anderen Räume verwüstet. Sogar in den beiden Krankensälen waren sie nicht untätig gewesen. Sie hatten die Bettlägerigen auf den Fußboden geworfen, die Betten zerstört oder hineingepinkelt. Die Kranken berichteten, daß Paddys Männer gejohlt hatten, als sei Karneval.
    Der Brunnen war unbrauchbar.
    In einer stinkenden Brühe schwammen die Exkremente. Dr. Högli lehnte sich tief erschüttert gegen den ummauerten Rand.
    »Er fällt mindestens vierzehn Tage aus, Pater«, sagte er schwer atmend. »Auch wenn wir ihn sofort säubern. Bei dem schwach nachlaufenden Wasser wird es eine Zeit dauern, bis es völlig keimfrei und wieder trinkbar ist.« Er wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß aus dem Gesicht. »Ich glaube, jetzt müssen Sie dreimal so innig zu Gott flehen, daß er es endlich regnen läßt.«
    Pater Felix hob beide Arme. »Mehr kann ich nicht tun, Dr. Högli. So demütig wie ich hat noch kein Büßer im Staub gelegen. Wir können nur warten.«
    »Das überleben wir alle nicht, Pater.«
    »Wissen Sie etwas anderes, Doktor?«
    Und da sagte Dr. Högli etwas, was von diesem Augenblick an niemandem mehr aus dem Kopf ging, so entsetzlich es auch war:
    »Wir müssen uns das Wasser holen. Selbst wenn wir Paddy dabei vernichten müßten! Ein einzelner wiegt nicht so viel wie ein ganzes Dorf!«
    »Das bedeutet offenen Aufruhr und Mord, Dr. Högli –«, sagte Pater Felix leise.
    Dr. Högli stieß sich von dem verseuchten Brunnen ab. In der Ambulanz hämmerte man die zerbrochenen Tische wieder zusammen. Die Hammerschläge dröhnten in einem klangvollen Rhythmus, und die Indios sangen dazu.
    »Beten Sie dafür zu Gott!« sagte Dr. Högli hart. »Wir wollen

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