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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unangreifbar, hatte sie gedacht. Man muß die Zeit besiegen – das ist alles! Einmal wird mein Vater kommen und uns alle hier herausholen. Das kann kein Porelle verhindern und kein Paddy. Nur ein paar Tage noch, und der große Durst ist vorbei!
    Es war eine Selbsttäuschung gewesen. Die volle, grausame Wahrheit hörte sie aus Paddys nüchternen Worten.
    »Warum sollte ich sagen, daß Sie hier sind, Evita?«
    »Sie wollen mich verleugnen?«
    »Schönes Fräulein, ich habe Sie nie gesehen!«
    »Mein Vater wird Nachforschungen anstellen.«
    »Aber bitte! Die werden bei Mendoza Femola in Nonoava hängenbleiben. Er kann als Polizeichef beweisen, daß nie ein amerikanischer Wagen auf dieser Straße nach Santa Magdalena gefahren ist.«
    Paddy begleitete sie auf die Terrasse und versuchte eine korrekte Verbeugung vor Evita. »Es kommt manchmal vor, daß Menschen spurlos verschwinden. Diese Welt hat immer noch ihre Geheimnisse.«
    »Was wollen Sie noch, Paddy?«
    Dr. Högli hatte seinen Arztkoffer auf den Rücksitz geworfen und saß schon hinter dem Steuer. Evita kam um den Wagen herum, sie ging wie eine aufgezogene Puppe – man muß sich erst daran gewöhnen, für die Welt außerhalb von Santa Magdalena bereits tot zu sein. Der Wagen mit dem vollen Wasserfaß rappelte durch das Tor ins Freie. Die Indios umgaben ihn mit ihren Leibern wie ein Kranz.
    Fünfhundert Liter klares, kühles Wasser.
    Amigo, kannst du dich erinnern, wann wir sauberes Wasser getrunken haben?
    Vor tausend Jahren war's, hermano mio. Bestimmt, vor tausend Jahren.
    Und heute wieder. Heute abend! Die tausendjährige Seligkeit, Amigos!
    »Ich will Ihnen noch etwas verraten, Doktor.« Paddy lehnte sich über das schön geschnitzte, weißlackierte Terrassengeländer. »Pierre Porelle ist kein übler Mensch.«
    »Nein. Bloß ein Mörder.«
    »Eben nicht! Man treibt ihn zu dieser Handlung, die ihm zutiefst zuwider ist. Er liebt Ruhe, schöne Frauen, seinen Wein aus der Provence, ein vorzügliches Essen – er ist rundherum ein Lebenskünstler, wie es ein Franzose sein soll. Nur – hinter ihm steht eine Macht, die gar kein Verständnis für ein abgeschirmtes Privatleben hat.«
    »Ach!« Dr. Högli sah Paddy forschend an. Das war keine Ironie mehr. Da klang etwas heraus, was ein ganz neues Licht auf Paddy warf. »Er muß morden?«
    »Ja. So ist es.«
    »Und diese große Macht hat auch Sie im Griff, Paddy?«
    »Sagen wir: Wir sind Partner.«
    »Oder anders ausgedrückt: Sie befinden sich ebenfalls in einem Handlungsnotstand?«
    »Ja.« Paddy wischte sich über das breite Gesicht. »Ist Ihnen Ihre Lage jetzt klar, Doc?«
    »Ja.« Dr. Högli spürte trotz der Sonnenglut einen kalten Schauer über seine Haut fliegen. »Danke, Paddy.«
    »Ich gebe Ihnen eine Chance.« Paddy beugte sich so weit vor, daß Högli befürchtete, er könne das Gleichgewicht verlieren und über das Geländer stürzen. »Nehmen Sie Ihre Evita und den verrückten Pater und hauen Sie ab! Still und heimlich – ich mache die Straße frei!«
    »Paddy, Sie wissen genau, daß das unmöglich ist! Ich habe mein Krankenhaus, Pater Felix hat seine Kirche und seine Gemeinde.«
    »Ihr Idioten!« Paddys Stimme klang heiser. Mein Gott, durchfuhr es Högli, er hat ja Angst. Der große, starke Paddy hat ganz gemeine Angst. Nicht vor uns. Vor diesem unbekannten Etwas drüben in den USA, das – wie sagte Paddy es so fein – kein Privatleben duldet.
    »Nach Porelle kommt Rick Haverston!« schrie Paddy.
    »Auch den werden wir überleben.«
    »Den nicht!« Paddy schlug die Hände zusammen, als wollte er beten. »Doc, sprechen Sie mit dem Pater! Sie sind Schweizer, Sie haben keine Ahnung, wer hinter den Dingen steht! Pater Felix wird es Ihnen erklären, und Sie werden einsehen, daß das strahlendste Heldentum mit Rote-Kreuz-Fahne komplette Idiotie ist! Ich schwöre es Ihnen: Einen Rick Haverston überleben Sie nicht!«
    Dr. Högli ließ den Motor an, fuhr einen Bogen und verließ in einer gelblichen Staubwolke die Hacienda. Er holte den Karren mit dem Faß und den glücklichen Indios schnell ein und blieb dann hinter ihnen. Im Rückspiegel sah er, wie das große, schwere Tor zugedrückt wurde. Die Festung war wieder geschlossen. Vor ihnen tanzten die Indios um das Wasserfaß und sangen alte indianische Lieder.
    »Du weißt, was er gemeint hat«, sagte Evita nach langem Schweigen.
    »Ja. Ich habe so etwas geahnt.« Er blickte kurz zur Seite. Evitas schwarze Augen starrten ihn an, und er wußte, daß sie auf

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