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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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standen jetzt vor ihren Häusern, zerlumpte, ausgetrocknete, elende Gestalten, aber so stumm und unbeweglich sie auch waren, ihre Augen lebten und strahlten einen Haß aus, den Tenabo gut verstand. Er kurbelte das Fenster wieder zu, rückte die Maschinenpistole näher zu sich und umklammerte das Steuerrad.
    »Pack!« sagte er, aber die eigene Stimme, die ihn beruhigen sollte, war unsicher. »Man sollte sie behandeln wie Rinderzecken.«
    Pater Felix erschien ein paar Minuten, nachdem man Porelle in das Bett getragen hatte. Dr. Högli hörte den klapprigen Jeep schon von weitem. Es war, als schreie der Motor bei jeder Kolbenbewegung voller Qual auf.
    Porelle war gerade aus der Narkose erwacht und blickte Högli aus weiten Augen an. Evita gab ihm aus einer Schnabeltasse kalten Tee zu trinken, nur drei Schlucke. Als Porelle nach ihrem Arm griff, um noch mehr zu trinken, zog sie die Tasse zurück.
    »Das war die Tagesration, Monsieur Porelle«, sagte Högli. »Mit der Infusion, die Sie vorhin bekommen haben, ist sogar Ihr Wochenquantum erfüllt.«
    Porelle verfolgte Evita mit den Augen, wie sie die Schnabeltasse wegtrug. »Das können Sie nicht tun!« Er sprach französisch, schaltete aber auf englisch um. »Die Schmerzen sind unerträglich. Noch ein paar Schluck, bitte!«
    »Nein!« Im Hospital lagen zweiundzwanzig Kranke, davon sieben Operierte, und sie bekamen auch nicht mehr zu trinken als jeder in Santa Magdalena. »Sie liegen in meinem Krankenhaus, Sie sind Patient wie die anderen. Mit welchem Recht verlangen Sie eine Ausnahme? Weil Sie ein Weißer sind?«
    »Ich komme um vor Durst«, sagte Porelle schwach. »Ich verbrenne innerlich.«
    »Wir alle verbrennen, seit Wochen, seit Monaten! Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als sich uns anzuschließen.« Er griff nach Porelles Hand, kontrollierte den Puls, hörte danach das Herz ab. Die Injektionen taten ihre Wirkung, Porelle war eine zähe Natur. »Sie bleiben einen Tag hier auf der Intensivstation – dann verlegen wir Sie in den großen Krankensaal.«
    Porelles Augen wurden noch weiter. Seine Lippen zuckten. »Das ist nicht Ihr Ernst!«
    »Mein vollster. Vor allem ist es mein Schutz. Aus diesem Saal kommen Sie weder am Tag noch in der Nacht ungesehen hinaus, Porelle! Meine kranken Indios werden Sie umsorgen und Sie nicht eine Minute aus den Augen lassen.« Er rollte die Stethoskopschläuche zusammen und steckte sie in die Kitteltasche. »Falls Sie der Meinung sein sollten, meine ständige Gegenwart biete jetzt die beste Gelegenheit, mich umzubringen … das wäre eine totale Fehleinschätzung Ihrer Lage, Monsieur.«
    »Sie halten mich wohl für ein Ungeheuer, Doc, was?« Porelle versuchte verzweifelt ein Lächeln. Sein zerstochenes, mit Salbe überschmiertes Gesicht verzerrte sich. Dr. Högli schüttelte den Kopf.
    »Nein! Paddy hat mir Ihre Situation beschrieben. Ihnen sitzt die große Organisation im Nacken. Sie handeln unter Zeitdruck, und es geht um Ihren eigenen Kopf. Dadurch ist aber auch meine Lage geklärt. Ich mache mir keine Illusionen.«
    »Wasser!« sagte Porelle ächzend. »Doc … nur noch einen Schluck!«
    »Nein!«
    »Das ist Mord!«
    »So etwas müssen Sie sagen, Porelle! Der halbe Liter Wasser, den alle Indios bekommen, ist das äußerste, was wir aus dem Hospitalbrunnen filtern können. Filtern, denn Paddys Leute haben bei einem Überfall auf das Krankenhaus den Brunnen vollgeschissen! Der Kirchenbrunnen gibt kaum noch Wasser.«
    »Ich komme um vor Durst«, stöhnte Porelle. »Doc, Sie müssen mir helfen!«
    »Sie werden von mir jede medizinische Fürsorge bekommen, das ist klar. Aber Wasser liefern Gott und Jack Paddy, und beide streiken! Heute ist für Santa Magdalena ein Feiertag: Ich habe Sie gegen fünfhundert Liter eingetauscht.«
    »Dann haben Sie ja etwas! Doc, ich flehe Sie an.«
    »Es ist allein für die Indios!«
    »Lassen Sie mich mit Paddy reden.«
    »Gern! Und der wird auch Wasser schicken! Nur: Nach dem Prinzip der Humanität, für das alle Menschen gleich sind, wird dieses Wasser unter alle verteilt!«
    Porelle schwieg. Sein Kehlkopf zuckte. Evita stand am Fenster, sie hatte den fernen Motorenlärm gehört und wartete, wer aus der Staubwolke auftauchen würde. Sie kannte noch nicht das typische Geräusch von Pater Felix' Jeep.
    »Ich habe, als Paddy mir am Telefon seine Schwierigkeiten schilderte, nie begriffen, wieso ein Arzt und ein Priester so gefährlich werden können.« Porelle schluckte. Seine Kehle war

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