Im Tal der bittersüßen Träume
irren, Sergeant.« Niemand hätte an Paddys Worten zweifeln können. Haverston nickte beifällig. »Ich warte auf ihn seit Stunden! Seit gestern Abend! Zum Teufel, ich brauche die bestellten Medikamente!«
In Nonoava war einen Augenblick völlige Stille.
Herrero schien sich nicht nur zu wundern, er schien völlig außer Fassung zu sein. Jetzt hielt er die Muschel zu, Paddy hörte aber doch deutlich, wie er seine Antwort an Señora Femola weitergab.
»Der Chef ist gestern abend zusammen mit Sergeant Lopez zu Ihnen geflogen, Señor Paddy«, sagte er endlich. »Mit unserem Hubschrauber.«
»Vielleicht wollte er das! Angekommen ist er nicht!« bellte Paddy zurück. »Fragen Sie mal im Wüstenpuff El Angel nach!«
Herrero hütete sich, diesen Rat an Señora Femola weiterzugeben. »Die Sache ist uns unverständlich«, sagte er nur. »Lopez stand bis zuletzt mit uns in Funkkontakt. Er meldete gestern abend: Ich lande jetzt gleich vor der Kirche von Santa Magdalena! Also muß Lopez doch bei Ihnen sein.«
»Kommen Sie her und überzeugen Sie sich!« schrie Paddy. »Hier ist kein Femola! Was Lopez gemeldet hat, ist mir unbekannt. Ich sitze hier, mein Vormann stirbt an der Cholera, wir brauchen dringend Medikamente, um eine Seuche abzuwenden – und ihr Hurenböcke fliegt kreuzfidel ins Puff! Eine Sauerei!«
Paddy warf den Hörer auf die Gabel. Dann sah er Haverston an, der sich stumm an die Stirn tippte.
»Machen Sie's besser, Sie Klugscheißer!« brüllte Paddy. »Herummeckern kann jeder.«
»Wie können Sie sagen: Kommen Sie her!«
»Weil sie es so oder so tun! Lopez hat bis zuletzt gefunkt und die Landung vor der Kirche gemeldet. Es ist einfacher, in Chicago hundert Menschen verschwinden zu lassen, als in dieser Wüste, wo jeder Mensch, jeder Gegenstand bekannt ist, auch nur eine Hose zu verstecken! Ich habe Ihnen gleich gesagt: Ihre Schießerei bringt uns in eine verteufelte Lage. Aber das haben nicht wir, sondern Sie allein zu verantworten. Erklären Sie das mal Ihrer ›Organisation‹! Sergeant Herrero wird mit einigen Polizisten einen Suchtrupp bilden, um seinen Chef aufzuspüren. Und was findet er hier? Den Hubschrauber. Hinter meinem Haus! Und in meinem Haus den Sergeanten Lopez mit zwei durchschossenen Arschbacken! Wie wollen Sie das erklären?«
»Gar nicht.« Haverston goß sich einen Schluck Whisky ins Glas und füllte es mit eiskaltem Sodawasser auf. »Es gibt keinen Lopez und keinen Hubschrauber. Einfacher geht es doch nicht.«
»Und Sie glauben, meine Capatazos werden schweigen? Rick, Sie haben alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Ihr Auftrag lautete: Liquidierung von Pater Felix und Dr. Högli.«
»Und Evita Lagarto, Juan-Christo Ximbarro und Matri Habete. Ich habe ein gutes Namensgedächtnis.«
»Matri – das sage ich Ihnen noch einmal – streichen Sie von Ihrer Liste. Ich betrachte sie als meine Pflegetochter.«
»Wo ist sie denn, Ihr Töchterchen? Bei ihrem treusorgenden Vater? Jack, reden Sie keinen Blödsinn!«
»Ich warne Sie, Rick.« Paddy drückte das Kinn an. Sein Stiernacken wurde rot. Solange Matri um ihn gewesen war, still, immer fröhlich, sich vom schmächtigen Kind zu einer jungen Schönheit entwickelnd, ihn bedienend, immer unter seinen Augen, als ein Teil seines Alltags, hatte er sich nie einsam gefühlt. Jetzt, ohne Matri, war das Haus leer geworden. Er hatte nur noch seine Capatazos um sich, und bis vor kurzem noch den hirnlosen Riesen Antonio Tenabo, der immer ›Ja Patron! So machen wir es, Patron! Ich drehe ihm den Hals rum, Patron!‹ sagte und zu allem nur dümmlich grinste. Schwitzende, nach Tabak und Schnaps stinkende Männer, die ihm nur deshalb treu waren, weil er sie gut bezahlte für die leichte Arbeit, die Indios anzutreiben und sich vor ihnen als die kleinen Herren aufzuspielen. Matri aber … Das war greifbare Sanftheit gewesen, menschliche Schönheit, ehrliche Dankbarkeit, kindliche Treue, und ab und zu hatte es sogar ein vernünftiges Gespräch gegeben, bis dieser Juan-Christo auftauchte, und sie sich heimlich in den Felsen trafen, um bald wie Kater und Katze aneinanderzuhängen. Da wurde alles anders, da veränderte sich Matri von Tag zu Tag – aber er hatte es viel zu spät gemerkt.
»Sie warnen mich?« sagte Haverston sanft. »Paddy! Sie erheitern mich.« Er legte eine Pistole mit rundem Schalldämpfer auf den Tisch neben das Whiskyglas und lächelte sein abscheuliches Lächeln, das das schwindsüchtige Gesicht zur Fratze
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