Im Tal der flammenden Sonne - Roman
werde ich das Beste daraus machen.«
Ihr Mut erstaunte Arabella und beschämte sie zugleich. Sie dachte an die Wochen und Monate ihres Lebens, die sie in ihrem Zimmer verbracht und über ihre Wehwehchen geklagt hatte. Tränen liefen ihr über die Wangen.
Maggie schaute sie verdutzt an. »Was haben Sie denn?«
»Sie sind so tapfer«, sagte Arabella, »während ich selbst … ach, ich schäme mich so.«
Maggie ergriff ihre Hand. »Unsinn, Kindchen. Sie können stolz auf sich sein. Sie haben sich sehr zu Ihrem Vorteil verändert. Wenn ich daran denke, wie Sie hier ankamen und bedient werden wollten.« Maggie lächelte. »Sie sind mir eine große Hilfe gewesen, Arabella.«
»O ja, ich hätte fast das Haus abgefackelt. Ich war eine wunderbare Hilfe«, bemerkte Arabella sarkastisch.
»Ach, das mit dem Kamin ist mir auch schon passiert.« Maggie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Und ich finde es rührend, wie Sie sich um das verwaiste Kameljunge kümmern. Sie sind ein tapferes Mädchen, Arabella.«
»Ich komme mir aber nicht so vor«, gestand sie leise.
»Ach, Arabella, wenn Sie wüssten, wie oft ich die Nase voll hatte und mich überfordert fühlte. So manches Mal hat der Mut mich verlassen. Hätte ich Tony nicht so sehr geliebt, hätte ich meine Siebensachen gepackt und wäre in den nächsten Zug gestiegen.«
Arabella war erstaunt. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Maggie jemals an Aufgabe gedacht hatte.
»Was ist denn draußen in der Wüste passiert?«, forschte Maggie.
Arabella wollte ihr gerade alles erzählen, doch in diesem Moment steckte Tony den Kopf ins Zimmer. »Es gibt ein Problem, Maggie.«
»Und welches?«
»Jemand muss die Wunde an Wallys Bein nähen. Ich hab Terry gesagt, dass du dich nicht wohl fühlst und dass Rita die Wunde nähen könne, aber Wally will Rita nicht an sich heranlassen.«
Maggie sah Arabella an. »Wie kommt Wally an eine Verletzung, die genäht werden muss?«
»Er wurde vom Speer eines Aborigine getroffen, als er mit dem Revolver auf Goolim angelegt hat.«
Maggie erschrak. »Du meine Güte! Das sieht Wally aber gar nicht ähnlich.« Sie sah ihren Mann an. »Bringt Wally nach oben, in Zimmer fünf. Ich werde die Wunde nähen.«
Tony nickte. »Ist gut.«
»Ich werde Ihnen helfen«, erbot sich Arabella. »Was kann ich tun?«
»Kochen Sie Wasser ab und bringen Sie es hinauf. Und ein paar saubere Handtücher. Außerdem ein Glas Whisky, damit ich die Nadel sterilisieren kann.« An Tony gewandt fuhr sie fort: »Rita wird uns helfen müssen, Wally festzuhalten. Ich kenne ihn. Er ist ein Bär von einem Mann, aber wehleidig wie ein kleines Kind!«
Arabella lief aus dem Zimmer und eilte die Treppe hinunter aus dem Haus. Sie hielt es nicht mehr aus, so schrecklich schrie und fluchte Wally. Rita, Tony und Stuart, der zum ersten Mal seit dem Vortag wieder auf den Beinen war, drückten Wallys Oberkörper aufs Bett, während Les Mitchell sein unverletztes Bein festhielt. Maggie hatte Wally gewarnt: »Wenn du nur ein einziges Mal nach mir trittst, während ich deine Wunde nähe«, hatte sie erklärt, »bekommst du mit einer gusseisernen Pfanne eins übergebraten!« Wally zweifelte nicht daran und hielt notgedrungen still. Rita erbot sich, ihn bewusstlos zu schlagen, damit sie ihn nicht festzuhalten brauchten, doch die anderen lehnten dankend ab.
Die Wunde musste mit zwanzig Stichen genäht werden. Nachdem Jonathan ein Laken zerschnitten und Maggie die Stoffstreifen griffbereit hingelegt hatte, damit sie die Wunde verbinden konnte, folgte er Arabella hinaus. Er fand sie auf der Straße vor dem Haus, wo sie aufgeregt hin und her lief.
»Alles in Ordnung?«, fragte Jonathan.
»Ja, es geht schon. Ich konnte Wallys Geschrei und seine Flüche nicht mehr aushalten.«
»Ritas Kraftausdrücke sind auch nicht zu verachten. Kommen Sie, wir machen einen kleinen Spaziergang.« Jonathan schüttelte schmunzelnd den Kopf, als er an die Schimpfwörter dachte, mit denen sie Wally überschüttet hatte.
Beide schwiegen eine Zeit lang. Schließlich sagte Arabella: »Maggie hat mich gefragt, ob ich mich um alles kümmere, wenn Tony sie zu ihrer Schwester begleitet.«
»Mit mir hat Tony auch schon geredet.«
»Der Gedanke, das Hotel zu führen, macht mich ganz schön nervös«, gestand Arabella. »Ich hab noch nie so viel Verantwortung übernehmen müssen.« Im Gunde hatte sie überhaupt noch nie Verantwortung für irgendetwas getragen. Sie hatte nie im Haushalt helfen, nie für ein
Weitere Kostenlose Bücher