Im Tal der flammenden Sonne - Roman
ich mir was von Macca borgen, Rita«, sagte er. »Ich bin gleich wieder da.«
»Das hoffe ich für dich. Wenn ich kommen und dich holen muss, kannst du was erleben!«, drohte Rita ihm.
Wally zweifelte keine Sekunde, dass sie es ernst meinte. »Ich bin gleich zurück, Rita. Versprochen!«
Lily wirkte erleichtert.
Als Wally fort war, erkundigte Rita sich nach Lilys Kindern.
»Ich brauch das Geld, damit ich ihnen was zu essen kaufen kann«, sagte Lily kleinlaut. »Sonst hätte ich einen stinkenden Widerling wie Wally Jackson nicht an mich herangelassen, das kannst du mir glauben.«
Noch bevor Rita etwas erwidern konnte, kam Wally zurück. Lily streckte die Hand aus, und widerstrebend legte Wally einen Shilling hinein. Kaum hatten sich Lilys Finger um das Geldstück geschlossen, holte Rita aus und verpasste Wally eine schallende Ohrfeige.
Der Knall ließ Arabella erschrocken zusammenzucken. Wally hielt sich verblüfft die gerötete Wange.
»Au! Was soll das, Rita? Lily hat doch ihr Geld bekommen!«
»Wenn du noch einmal versuchst, eins der Mädchen anzuschmieren, lernst du mich richtig kennen«, drohte sie ihm.
Wally musterte Rita finster, erwiderte aber nichts. Sich die Wange reibend, kehrte er ins Hotel zurück.
Rita wandte sich Lily zu. »Und du machst, dass du nach Hause zu deinen Kindern kommst«, sagte sie streng.
Lily nickte und stapfte in der Dunkelheit davon. Arabella schloss leise die Tür der Außentoilette und hoffte inständig, Rita würde sich ebenfalls auf den Weg machen.
Sekunden später flog die Tür auf. Arabella, die es fast von den Füßen gerissen hätte, schrie auf.
Rita fuhr erschrocken zurück. »Wer sind Sie denn?«, fragte sie verblüfft.
Arabella schlotterte vor Angst. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie die Sprache wiederfand. »Ich … ich bin Arabella … Fitzherbert«, stammelte sie. »Ich wohne im Hotel, und …«
Rita starrte sie verdutzt an und brach dann in dröhnendes Gelächter aus. »Dann sind Sie die Gespensterfrau! In der Bar reden die Leute von nichts anderem.«
»Gespensterfrau?«
Rita nickte. »Die Kleine aus der Wüste. Was machen Sie denn hier?«
»Ich … ich wollte gerade auf mein Zimmer zurück.«
»Nehmen Sie sich lieber in Acht. Ganz schön viel betrunkene Gestalten da drin.« Rita zeigte auf das Hotel.
Arabella wunderte sich über die Warnung. Rita schien selbst einen über den Durst getrunken zu haben. Man konnte es riechen. »Danke, mach ich …« Sie drückte sich an der Wand entlang zur Tür, wobei sie die riesige Rita nicht aus den Augen ließ. »Also dann … gute Nacht.« Arabella drehte sich um und lief in ihr Zimmer hinauf, so schnell ihr verstauchter Knöchel es zuließ. Sie war verzweifelt. Was sollte aus ihr werden? Wie sollte sie das alles überleben?
Da kein Schlüssel in der Zimmertür steckte, schob sie einen Stuhl davor und klemmte die Lehne unter die Klinke. Dann schlüpfte sie ins Bett, zog die Decke bis zum Kinn hoch und lauschte angestrengt auf jedes Geräusch. Die ersten Gäste verließen das Hotel; sie konnte sie unten reden und lachen hören. Noch immer zitterte Arabella am ganzen Leib.
Plötzlich dröhnten Schritte auf der Treppe. Starr vor Angst sah sie zur Tür. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Die Schritte kamen näher und verstummten draußen auf dem Flur. Arabella stockte der Atem. Sie hörte, wie die Tür auf der anderen Seite des Flurs geöffnet und wieder geschlossen wurde. Offenbar war sie nicht der einzige Hotelgast.
Arabella wusste, dass sie kein Auge zutun würde. Angespannt lag sie in der Dunkelheit. Ihr Sonnenbrand tat schrecklich weh, und draußen vor dem Hotel lärmten ein paar Gäste. Einmal meinte sie Ritas lallende Stimme zu hören. Arabella konnte es nicht fassen, dass die riesige Aborigine sich derart betrank. Schlimm genug, wenn die Männer nicht mehr gerade stehen konnten.
Als die Stimmen sich entfernten und draußen endlich Ruhe einkehrte, lauschte Arabella auf Geräusche im Innern des Hotels. Wieder hörte sie Schritte und Stimmen. Irgendetwas trippelte übers Dach, und aus der Bar drangen merkwürdige Geräusche herauf. Die Szene, die sie von der Außentoilette aus beobachtet hatte, ging Arabella nicht aus dem Kopf. Sie sah den Mann vor Augen, dessen Hose in den Kniekehlen hing, hörte sein grässliches Grunzen, sah die dürre Frau, die ihr Kleid bis über die Hüften hochgeschoben hatte.
Bilder und Gedanken wirbelten Arabella durch den Kopf. In den frühen Morgenstunden schlief sie endlich
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