Im Tal der flammenden Sonne - Roman
ihn schon noch kennen lernen!«
Wenig später brachte Maggie das Frühstück und das Kleid herauf, das sie Arabella borgen wollte. »Es wird Ihnen ein bisschen zu groß sein«, meinte sie. Maggie war eine zierliche Frau, doch Arabella war noch kleiner und zarter. »Sobald Sie sich besser fühlen, werden wir Ihnen in der Stadt ein Kleid besorgen. Bis dahin muss das hier genügen. So, ich hab zu tun, ich muss wieder hinunter.«
Gegen Mittag wurde es Arabella langweilig. Sie trat auf den Flur hinaus und rief nach Maggie. Ein Geschirrtuch in der Hand, kam sie aus der Bar. Sie sah erhitzt und abgekämpft aus.
»Ja?«
»Können Sie mir einen Krug Wasser und etwas zu essen heraufbringen, Maggie?«
Maggie seufzte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich kann Ihnen ein Käsesandwich machen. Aber erst, wenn ich hier fertig bin.« Sie wandte sich zum Gehen.
»Könnten Sie mir den Käse geschmolzen auf einem Stück Toast servieren, damit er nicht so furchtbar hart ist?«
Maggie traute ihren Ohren nicht. »Wie stellen Sie sich das denn vor?« Sie konnte die Gereiztheit in ihrer Stimme nur mühsam unterdrücken.
»Meine Mutter hat mir meinen Käsetoast immer kurz im Ofen überbacken.«
»Der Ofen ist noch nicht an«, versetzte Maggie. »Und ich hab jetzt keine Zeit, ihn anzumachen. Es gibt Brot und Käse dazu – basta. Tony und ich essen auch nichts anderes.«
Sie ging zurück in den Salon, um wie jeden Tag dort sauber zu machen.
»Was war denn los?«, wollte Tony wissen. Er füllte die Vorräte in der Bar auf und staubte die Regale ab.
Maggie trat in den Durchgang zur Bar und sagte: »Die junge Frau oben möchte etwas zu essen und zu trinken.«
»Dann sag ihr, sie soll herunterkommen.«
»Das wollte ich ja, aber sie war heute Morgen völlig verstört. Sie hat mir erzählt, dass sie in der Nacht zur Toilette musste, und da hat sie Wally Jackson und Lily beobachtet. Du kannst dir ja denken, wobei.«
Tony schüttelte den Kopf. »Das arme Ding! Würde mich nicht wundern, wenn ihr die Lust zum Heiraten glatt vergehen würde«, bemerkte er trocken.
»Das kannst du laut sagen!«, pflichtete Maggie ihm bei. »Und als wären Wally und Lily nicht schon genug gewesen, tauchte auch noch Rita auf. Die drei müssen dem jungen Ding einen ziemlichen Schrecken eingejagt haben.«
»Das glaub ich gern. Uns geht’s ja nicht anders, obwohl wir Rita seit Jahren kennen!«, erwiderte Tony lachend. Er war kein besonders großer, aber ein äußerst zäher, vom Leben im Outback gestählter Mann. Dennoch hatte er nichts dagegen, dass Rita es übernahm, die Männer unter Kontrolle zu halten, insbesondere, was deren »Beziehungen« zu den Aborigine-Frauen betraf. »Aber bei allem Verständnis«, fügte Tony ernst hinzu, »du hast keine Zeit, das Mädchen zu bedienen.«
»Das weiß ich doch«, entgegnete Maggie. Samstagabends halfen ihr Lily und eine weitere junge Aborigine namens Missy zwar beim Abwasch, doch es gab auch so immer noch eine Menge zu tun, und sie und Tony waren nach getaner Arbeit rechtschaffen müde. Die Frauen ließen sich von den Männern zu einem Drink einladen, sobald es für sie nichts mehr zu tun gab. Eins führte zum anderen, und schließlich gingen sie mit den Männern nach draußen. Auch Rita war nicht selten betrunken, wenn der Abend sich seinem Ende näherte. Maggie hatte ihr schon oft gesagt, sie solle Missy und Lily nach Hause schicken, doch Rita wusste, dass die beiden das Geld brauchten, das die Männer ihnen zusteckten, da sie weder einen Ehemann hatten, der sie versorgte, noch bei einem Clan lebten. Genau wie Rita hausten sie in Hütten im Eingeborenenviertel der Stadt. Lily hatte vier Kinder – drei von einem eingeborenen Viehhirten, den sie aber nur selten zu Gesicht bekam, und eins von einem afghanischen Kameltreiber. Missy hatte zwei Kinder. Das eine, ein Junge, hatte eine sehr helle Hautfarbe, und es wurde spekuliert, wer der Vater war: Wally Jackson, behaupteten die einen, Les Mitchell, vermuteten die anderen. Les arbeitete auf der Lizard Creek Station, der Farm, die Marree am nächsten lag. Wally verdiente sein Geld als Schafscherer auf den umliegenden Farmen. Da es zurzeit nicht viel für ihn zu tun gab, wohnte er seit fast zwei Monaten in der Stadt beim Aborigine-Halbblut Frankie Miller, der von Beruf Wollsortierer war. Der Vater von Missys zweitem Kind, so wurde gemutmaßt, war ein Stammes-Aborigine.
Arabella, die oben auf ihrem Zimmer geblieben war, die Tür aber nur angelehnt
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