Im Tal der Mangobäume
der die Frauen die Häuser in Ordnung hielten und die Kinder in die Schule gingen.
Als beim Hochzeitsfrühstück die Zeit für die Rede des Bräutigams gekommen war, blickte er all diese Leute an, sah, wie sicher sie waren, was sie selbst anging wie auch ihre Zukunft, und fragte sich, wie er mit dem Gedanken hatte spielen können, all das aufzugeben. In den hohen Norden – diesen Backofen! – zu ziehen, hin zu Entbehrungen und Gefahren, wie sie sich diese Leute nicht einmal vorzustellen vermochten, wenn er es gar nicht musste! Er konnte hierbleiben und …
»Ich habe darüber nachgedacht«, erklärte er ihnen, »wie schön es hier doch ist. Und wie glücklich ich mich schätzen kann, hier aufgewachsen zu sein, aber nachdem ich fortgegangen war, habe ich Antonia vermisst.« Er sah sie zärtlich an, und sie drückte seine Hand. »Durch ihre Briefe wurde sie zum Anker für mich. Egal wie weit ich reiste, sie war immer da. Gab mir Halt. Und als ich bei meiner Rückkehr sah, zu welch schöner Frau sie herangewachsen war, wurde mir klar, dass ich gerade noch beizeiten gekommen war. Ehe sie mir jemand wegschnappte.«
Seine Zuhörerschaft lachte.
»Deshalb habe ich gedacht …« Er fing an zu faseln. Zeit zu schinden. Versuchte, ihnen zu sagen, er habe beschlossen, sich hier häuslich niederzulassen. Doch die Worte wollten einfach nicht hinaus. Eine Stimme sagte ihm immer wieder, dass Hochzeitstage nicht real waren. Diese Zusammenkunft spiegelte nicht die Realität wider. DeLisle’s Crossing war nur eine Enklave, ein Ghetto, in dem die Bewohner wussten, dass unter ihnen ein Kind von sadistischen Eltern geschlagen wurde, misshandelt, aber nichts unternahmen. Nichts! Weil sie sich ihr Bild von der heilen Welt in ihrem Dorf erhalten wollten. Weil sie Feiglinge waren.
»Was hast du gedacht?«, rief jemand.
»Dass ihr ein Haufen Mistkerle seid«, flößte ihm eine innere Stimme ein, doch er sagte: »Es ist Zeit zu gehen«, und er nahm Platz, ehe dieser fast vergessene Zorn wieder aufflammte und er seine Frau in Verlegenheit brachte.
George Otway sah Harrys entschlossen vorgestrecktes Kinn, sah, wie flüchtig ein harter, kalter Ausdruck über Harrys Gesicht huschte, worauf er unausgesprochen ließ, was auch immer er eigentlich hatte sagen wollen, und wieder seinen Platz am Brauttisch einnahm.
George beunruhigte das. Er fragte sich, ob auch nur einer von ihnen wirklich wusste, wer Harry Merriman war. Doch ein Gedanke tröstete ihn. Der Mann liebte seine Tochter. Daran hatte er keinen Zweifel.
* * *
Der Papierkram, wie Harry es nannte, dauerte seine Zeit. Eine Schwester der verstorbenen Hester Merriman erhob Anspruch auf einen Anteil ihres Besitzes.
»Um die Angelegenheit zügig beilegen zu können, wäre es womöglich von Nutzen, ihr einen kleinen Betrag auszuzahlen«, schlug Jules Fountain vor.
»Keinen Penny!«, knurrte Harry. »Sie könnte auf den Knien angekrochen kommen, und sie bekäme nichts!«
Fountain erschrak. »Also wirklich, Mr.Merriman!«
»Ich sage es ja bloß, damit Sie klar sehen. Keinen Penny!«
»Unter Umständen müssten wir vor Gericht gehen.«
»Dann tun wir das.«
Die Jungvermählten zogen auf die Merriman-Farm, verärgert darüber, dass sie den Besitz noch nicht verkaufen konnten. Stattdessen mussten sie den Anwälten eine ausführliche Liste des Anwesens zukommen lassen.
Nach sechs quälenden Wochen wurde jedoch beschieden, dass Gillie Merriman ohne ein Testament gestorben sei und man berechtigterweise davon ausgehen könne, dass er die Farm samt Inhalt seiner Frau und seinem einzigen Sohn hinterlassen hätte und nicht seiner Schwägerin, zumal er aus seiner tiefen Abneigung gegen diese Frau nie einen Hehl gemacht habe. Infolgedessen kreiste die Diskussion nun nur noch um die Hälfte der Farm, den Anteil Hester Merrimans also. Und da ging man davon aus, dass die ebenfalls ohne Hinterlassung eines Testaments Verstorbene ihren Anteil dem Sohn vermacht hätte.
Ihre Schwester wandte ein, hätte Hester nach Gilberts Tod ein Testament geschrieben, so hätte sie die Farm niemals ihrem Sohn vererbt, der sich seit Jahren nicht mehr hatte blicken lassen. Jules Fountain hielt dagegen, dass man Hester, hätte sie denn zu diesem von Selbstmordgedanken geprägten Zeitpunkt ein Testament verfasst, wohl kaum als »geistig gesund« betrachtet haben würde.
Demzufolge wurde die Merriman-Farm ordnungsgemäß Harold Merriman als Besitz zuerkannt. Einen Tag darauf ging der Verkauf vonstatten.
Zu
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