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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Inspektor die Reise fortsetzen konnte.
    »Woher kommen Sie denn?«, erkundigte sie sich freundlich.
    »Aus Gympie.«
    »Oh, das ist ein langer Weg. Reisen Sie mit diesen Schwarzen?«
    »Ja. Unerfahrene Rekruten. Anfangs waren sie mit den Uniformen und der Pferdepflege völlig überfordert, aber so allmählich wachsen sie in ihre Arbeit hinein.«
    Sie nickte. »Dennoch, Sir, ich würde ihnen nicht über den Weg trauen.«
     
    Die zwei Engländer, durch Zufall beide von adeliger Abstammung, waren auf dieser Unternehmung gute Freund geworden, und Edward fühlte sich ein wenig verloren, als er Marcus und seine berittenen Polizisten in Rockhampton bei der Kaserne verließ.
    Er fand einen Stall für sein Pferd Saul, dachte daran, wie gut das Vollblutpferd die Reise überstanden hatte, und erkundigte sich nach einer nahe gelegenen Herberge.
    Der Stallknecht erteilte ihm wohlbedachte Auskunft.
    »Das
Colonial Boarding House
gleich gegenüber ist sauber, und die Wirtin kocht gut. Sie könnten es da versuchen.«
    Edward war überrascht, dass man ihm zu einer Pension riet, doch dann begriff er, dass er mit seinem Stoppelbart und Kleidungsstücken, die dringend in die Hände einer chinesischen Wäscherin gehörten, reichlich heruntergekommen aussehen musste.
    »Auf welchen Namen, Sir?«, erkundigte sich der Pferdeknecht, während er Saul den Sattel abnahm.
    Edward zögerte. Marcus hatte ihm geraten, sich bezüglich seiner Herkunft bedeckt zu halten. Marcus selbst hatte den Fehler gemacht, einige Jahre lang immer mit seinem vollen Namen »Marcus de la Poer Beresford« zu unterschreiben, bis er erkannte, dass er damit Freunde wie Feinde gleichermaßen befremdete.
    »Wieso?«, wollte Edward wissen.
    »Weil die Hälfte der Bevölkerung aus britischen Sträflingen und ihren Abkömmlingen besteht und die ›Tyrannen‹, wie sie Autoritäten gerne nennen, aus der britischen Oberschicht stammen, wie wir eben auch.«
    »Ich verstehe nicht, inwiefern mich das berühren sollte.«
    »Oh, das ist einfach ein Fall von ›Gleich und gleich gesellt sich gern‹, mein Freund. Aber ich muss sagen, dass Tausende unserer Landsmänner in den Gefängnissen schlecht behandelt wurden, was zu der großen Kluft zwischen uns beigetragen haben dürfte.«
    »Sträflinge, die verdienten, was sie bekamen?«
    »Es gibt da schon einige, die sich in der Hinsicht nicht so sicher sind«, hatte Beresford gemurmelt.
    »Ihr Name, Mister?«, wiederholte der Stallknecht.
    »Äh … Ned. Ned Heselwood.«
    »Und das ist Ihr Pferd, ja?« In seiner Stimme war ein argwöhnischer Unterton.
    Wie man’s macht, macht man’s falsch, dachte Edward griesgrämig. Komme ich aus der Oberschicht, sind sie gegen mich. Bin ich ein armer Reisender mit einem guten Pferd, bin ich ein Dieb.
    »Jawohl«, sagte er fest. »Saul ist sein Name. Kümmern Sie sich bitte gut um ihn.«
    Bei der geschäftigen Pensionswirtin machte er schon einen besseren Eindruck, wenngleich er, einen Sattel über die Schulter geworfen, bei ihr ebenso verlottert erschien.
    »Kommen Sie doch herein«, sagte sie und beobachtete ihn beim Eintreten. »Ich hätte ein wirklich hübsches Zimmer für Sie. Nach vorn raus. Zwei Shilling und ein Sixpence pro Woche für Kost und Logis. Herren, die sich die Füße abputzen, bevor sie eintreten, habe ich gern als Gäste.«
    Sie geleitete ihn in einen zweifelsohne sauberen Raum mit Dielenboden, einem Doppelbett, einer weißen Baumwolltagesdecke, die zurückgeschlagen war und blitzsaubere Laken enthüllte, einem Stuhl mit Rohrgeflecht und einem Toilettentisch.
    Hätte er auch nur ein einziges Staubkorn gesehen, hätte er sofort kehrtgemacht, dachte Edward bei sich.
    Sie ging zum Toilettentisch hinüber und streichelte eine Lampe. »Das hier ist eine Petroleumlampe«, erklärte sie stolz. »Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?«
    Ned, der Schwierigkeiten hatte, sich daran zu erinnern, wann Petroleum zum ersten Mal für Lampen eingesetzt worden war, blinzelte.
    »Ich glaube schon«, erwiderte er. Hier, am Rande der Zivilisation, befand man sich wohl noch in einem anderen Zeitalter.
    »Frühstück gibt es um sieben«, erklärte seine Wirtin. Sie zog die Gardinen auf, und das harte Sonnenlicht traf ihn wie ein Schlag. »Die Haustür wird um zehn Uhr abgesperrt. Hier in der Stadt lungern Halunken herum, das sage ich Ihnen. Aber die Hintertür ist immer offen, wenn Sie mal zu spät dran sein sollten. Sie kommen zurecht?«
    Ned kam mehr als zurecht. Er konnte es gar nicht erwarten,

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