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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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gehört dir.«
    Sie hüllten den Leichnam in eine Decke, sicherten ihn mit Lederriemen und warteten auf den Einbruch der Nacht. Dann befahl Marcus mehreren Polizisten auszukundschaften, ob sich die Angreifer noch in der Nähe aufhielten.
    »In Fällen wie diesem sind meine Schwarzen wirklich praktisch«, meinte Marcus verdrießlich. »Nachts und im Adamskostüm, da können sie für mich spionieren.«
    »Was hast du mit dem Sergeant vor?« Edward war flau im Magen.
    »Wir müssen ihn in die nächste Stadt bringen. Fürs Begräbnis. Hier würden ihn die Dingos holen. Oder diese zweibeinigen Tiere da oben. Übrigens, gut dass du ihn reingebracht hast, den armen Kerl. Ich habe diese Idioten einfach nicht hier rausgekriegt. Eine schöne Hilfe, wirklich! Denen gerbe ich das Fell, sobald es nur geht!«
    »Ich habe gar nicht nachgedacht, ich bin einfach gerannt«, erwiderte Edward nervös. »Wie kommen wir hier denn raus?«
    »Meine Männer glauben, dass die Schwarzen sich verdrückt haben. Sie sagen, es sei einfach nur Pech gewesen, dass sie auf uns gestoßen sind.«
    Pech? Edward stand unter Schock, und ihm war speiübel. Marcus und die Polizeirekruten sahen die Angelegenheit so nüchtern, dabei lag ein Toter vor ihnen. Ermordet. Als wäre das etwas ganz Alltägliches. Bei der Vorstellung, dass Dingos sich an Wileys Leichnam zu schaffen machten, drehte sich ihm der Magen um, und er schluckte, während sich auf der anderen Seite der Höhle einige Polizisten zusammendrängten und miteinander stritten. Schließlich rief einer zu Marcus: »He, Boss!«
    »Nennt mich nicht Boss! Wie oft muss ich euch das noch sagen? Ihr habt mich ›Sir‹ zu nennen!«
    Edward wandte sich Sergeant Wiley zu und schüttelte den Kopf, als wolle er sich dafür entschuldigen, dass die anderen ihn vergessen hatten.
    »Was willst du?« Marcus knöpfte sich die Uniformjacke zu.
    »Diese Stiefel da, Boss. Die braucht der Sergeant doch nicht mehr, oder?«
    Marcus blickte auf das Bündel. Auf Wiley. Und nickte dann. »Ja. Die kannst genauso gut du haben.« Er warf sie hinüber, und der Polizist fing einen nach dem anderen auf und grinste, als hätte man ihm gerade ein Goldstück gegeben.
    Der Inspektor stand am Höhleneingang und spähte in die Dunkelheit hinaus. »Verdammtes Pech, Wiley zu verlieren«, murmelte er. »Verdammtes Pech.«
    In der Schlucht war es nun so still, dass das Plätschern des Baches unangemessen laut wirkte. Ein Vogel kreischte und Edward, dessen Nerven blank lagen, zuckte zusammen. Er dachte bei sich, dass es ja vielleicht nicht so sehr Pech gewesen war als vielmehr fehlerhaftes Vorgehen.
    »Ich wusste gar nicht, dass sich hier in der Gegend Wilde aufhalten«, krächzte er. Seine Kehle war staubtrocken.
    »Ach, na ja«, gähnte Marcus. »Ein paar. Nur Abtrünnige. Dumm wie Bohnenstroh.«
    Die Polizisten schlüpften in die Höhle zurück und versicherten dem Inspektor, dass die feindseligen Schwarzen verschwunden und die Pferde wohlbehalten da waren.
    Als am Horizont die ersten Lichtstreifen erschienen, verließen sie die Schlucht, die Schusswaffen griffbereit, falls die Schwarzen ihnen auflauerten. Aber es gab keine weiteren Probleme. Es war eine langsame Reise, bei der einer von ihnen, ein schwarzer Spurenleser namens Abraham, ihnen den Weg wies, bis sie wieder offenes Land erreichten.
    Schließlich brachte Abraham sie in ein verschlafenes Nest namens Plenty. Erst da löste Edward den Griff von seiner Flinte, die er seit Verlassen der Schlucht nicht aus der Hand gegeben hatte.
    Vor der Polizeiwache, die kaum größer war als ein Wachhäuschen, saß Marcus ab und entdeckte eine Glocke neben der Tür. Er läutete kräftig, und plötzlich flogen die Türen auf, und aufgeregte Leute stolperten auf die Straße. Der ansässige Polizist rannte aus dem Holzhäuschen hinter seiner Wache vor, wobei er sich seine Uniformjacke über sein Nachthemd anzog und ausrief: »Wo?«
    »Wo was?«, wollte Marcus wissen.
    »Sie haben die Feuerglocke geläutet!«
    »Oh! Verzeihung! Ich habe hier einen toten Kameraden und brauche Ihre Hilfe.«
    Als man ihm die Sachlage erklärt hatte, übernahm der Polizist stillschweigend die Leitung. Edward dämmerte, dass diese Männer geschult waren, den Tod als etwas Alltägliches zu sehen, und kam sich nun reichlich töricht vor, so hysterisch reagiert zu haben. Hoffentlich hatte Marcus nichts davon mitbekommen.
    Die Frau des Polizisten lud ihn ein, sich mit einer Tasse Tee in ihr Wohnzimmer zu setzen, bis der

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