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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Arbeit vor uns.«
    Duke schenkte kalten Tee aus der Kanne und starrte darauf. »Ich glaube, ich möchte lieber einen Whisky.«
    »Ich hole dir einen. Auch zwei, wenn du nur aufwachst und in Gang kommst!«
    »Ist gut, aber warte … mir ist gerade etwas eingefallen. Bin gleich wieder da.«
    Das Etwas war Neds Brief. Duke war klar, dass der richtige Zeitpunkt nie kommen würde, da konnte er ihn ihm ebenso gut jetzt geben.
    Als er zurückkam, trank er das Whiskyglas halb leer, um sich zu wappnen, und hielt eine kleine Ansprache. »Ned, es tut mir leid. Ich habe etwas, das dir gehört. Ich hatte es vergessen. Ich kann nur sagen, dass ich es aufrichtig bedaure. Und es tut mir leid, dass er ein bisschen ramponiert ist«, fügte er hinzu, als er den Brief übergab.
    »Was ist das?«
    »Er ist an dich. Man hat ihn mir in Longreach gegeben und ich habe ihn in die Tasche gesteckt und …«
    »Woher wusste irgendwer, dass ich in Longreach war?«, fragte Ned und schlitzte den Umschlag mit einem Tischmesser auf. »Er ist von deinem Bruder Paul. Was er wohl …«
    »Von Paul? Wieso schreibt er dir?«
    Unversehens sprang Ned auf und starrte entgeistert auf den Brief. Dann stieß er seinen Stuhl beiseite und rannte nach draußen.
    Duke trank seinen Whisky aus und folgte Ned. Er fand ihn im Hinterhof der Herberge. Er stand vor dem Mastixbaum, wo ihr Tag begonnen hatte.
    »Was ist?«, fragte er. Und als Ned nicht antwortete: »Ist es etwas Schlimmes? Ich wollte dir deinen Brief nicht vorenthalten, Ned. Er war die ganze Zeit in meiner Tasche.«
    Da merkte er, dass Ned weinte. Weil er nicht wusste, was er seinem Freund sagen sollte, entfernte er sich, zündete sich einen Stumpen an und setzte sich abwartend auf die Hintertreppe. Kurz darauf sah er, wie Ned den Brief noch einmal las und unbeholfen auf die Bank unter dem Baum sank, als hätten seine Beine nachgegeben. So saß er lange Zeit, den Kopf in die Hand gestützt.
    Duke rauchte zu Ende. Er fragte sich, ob er Ned etwas anbieten sollte. Oder ihm einen Whisky holen. Er hoffte, dass ihn keine Schuld an Neds Jammer traf. Am Ende tat er nichts. Er wollte sich nicht aufdrängen.
    »Mein Vater ist tot.« Neds Stimme war schmerzerfüllt. »Er wurde getötet. Bei einem Sturz vom Pferd.«
    »O nein!«, rief Duke. »O nein. Es tut mir so leid.« Schuldgefühle wallten in ihm auf. Er hatte die schreckliche Nachricht über eine Woche lang mit sich herumgetragen. Es schien ihm wie ein Jahr. Er schalt sich, weil er so ein Esel gewesen war. Überlegte sich, was er tun könnte, um Ned beizustehen.
    »Soll ich dir einen Schnaps holen, mein Freund?«
    »Ja, vielleicht … ja bitte, Duke.«
     
    Eine Weile später fragte Duke ihn, was er nun tun wolle.
    »Möchtest du umkehren? Jetzt gleich? Mir wäre es recht. Wir reiten zusammen nach Rockhampton. Von dort kannst du ein Schiff nach Sydney nehmen. Zu deiner Mutter.«
    Ned war immer noch so erschüttert, dass er kaum sprechen konnte. »Ja, das wird das Beste sein«, murmelte er. »Aber ich fühle mich nicht wohl. Hast du etwas dagegen, wenn ich mich für eine Weile hinlege?«
    Duke konnte sich nur vage vorstellen, was der arme Ned durchmachte, da er ausgerechnet jetzt so weit von seiner Mutter entfernt war. Ohne jeden Kontakt. Wäre er in England gewesen, hätte man ihm telegrafieren können. Aber hier draußen gab es das nicht. Und dann der Brief. Hätte er ihn Ned gleich gegeben, wäre er wohl auf der Stelle umgekehrt. Er würde nicht hier draußen festsitzen, außerstande, mit irgendwem Verbindung aufzunehmen. Duke fühlte sich für Neds jetzige Lage verantwortlich und war entschlossen, es wiedergutzumachen. Sie könnten noch heute den Heimweg antreten.
    Im Waschraum brauste er sich ab und wusch seine ramponierte Hose, indem er auf ihr herumstampfte. Anschließend kümmerte er sich um die Pferde, spritzte sie ab, striegelte sie mit einem geborgten Striegel, bürstete Mähnen und Schweife, bis sie glänzten. Dies war eine beruhigende Beschäftigung, um die bangen Stunden auszufüllen, bis Ned wieder in Erscheinung treten würde.
     
    Als er schließlich leise auf die Veranda schlich, lag Ned hellwach auf seinem Bett. »Ich habe nachgedacht«, sagte er. »Wir müssen das Werk zu Ende führen.«
    »Welches Werk?«
    »Das, wegen dem wir hierhergekommen sind. Uns Land sichern, das unentgeltlich zu haben ist.« Er setzte sich auf. »Wenn ich jetzt von hier fortginge, würde mein Vater, wäre er noch am Leben, mich einen verdammten Dummkopf schimpfen.

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