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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Armbändern, Gürteln und Sitzbändern stapelte. Seine Lieblingsware trug er bei sich: Muschelketten, ein knallrotes Stirnband und aus gefärbtem Garn gefertigte Quasten, die an einem Seilgürtel hingen, den er sich um die Hüften geschlungen hatte.
    Der Marsch über die Gebirgskette und durch das Flachland namens Warrukayi, was in der Pitta-Pitta-Sprache Emu bedeutete, dauerte sechs Tage. Als sie am Abend von den Anhöhen hinunterkamen, konnten die Reisenden in der Ferne entlang der Ufer des großen Flusses Lagerfeuer ausmachen, und zwar weit mehr, als sie in ihrem Leben je an einem Ort gesehen hatten. Ausrufe des Erstaunens und der Ehrfurcht waren zu hören. Viele Jugendliche konnten ihre Begeisterung nicht zügeln und rannten los, um sich dazuzugesellen. Und der Händler musste streng mit seinen Söhnen sein, die beide noch in ihren Zehn-mal-zwei-Jahren steckten, und befahl ihnen, bei ihm zu bleiben.
    Während die Ältesten der drei Stämme sich berieten, maßen Männer und Jungen sich in Kraft- und Geschicklichkeitsspielen, planschten Kinder im Fluss und bereiteten Frauen das tägliche Festmahl. Abends stürmten verschiedene Tanzgruppen in voller Bemalung ins Licht des Feuers und unterhielten, begleitet von Sängern, Didgeridoos und Schlaghölzern, die hingerissenen Zuschauer mit ihren Geschichten.
    Am dritten Tag wurde Ladjipiri eingeladen, einer Zusammenkunft von Ältesten an einem ruhigen Ort ein Stück flussabwärts beizuwohnen. Zeit, sich erkenntlich zu zeigen. Die Hitze war brütend und der Boden unter seinen Füßen sengend heiß, aber diese alten Männer schien das nicht zu kümmern. Es waren fünfzehn an der Zahl, wie er bemerkte, die da mit gekreuzten Beinen im grellen Sonnenschein im Staub saßen.
    Die meisten von ihnen, so wurde ihm erzählt, hatten Weiße durch ihre Lande ziehen sehen, oftmals über zehn zugleich. Zunächst hatte man sie passieren lassen, obschon sie sich über sämtliche Regeln bezüglich der Achtung der Stammesgrenzen hinweggesetzt hatten, ganz zu schweigen vom Rest der Gesetze.
    »Sie trinken aus verbotenen Wasserlöchern«, rief einer der Männer zornig. »Wasser ist Leben. Es hat seinen Grund, warum diese Wasserlöcher geschützt werden. Es ist ein Verbrechen, dieses Wasser zu trinken oder zu stehlen. Warum bestraft man sie nicht?«
    »Genau deswegen sind wir hier«, erklärte ein Mitakoodi-Mann. »Die Weißen dringen nicht nur in unser Territorium ein, sie begehen auch Tag für Tag Verbrechen. Allein aus unserem Lager werden zwei Frauen vermisst, und wir befürchten, dass Weiße sie geraubt haben.«
    »Und ihr sitzt hier und redet darüber? Ein Kalkadoon-Mann würde solch eine Schandtat niemals zulassen!« Der Sprecher, ein kräftig gebauter Mann, dessen Haar zu einem Knoten gedreht und mit weißen Kakadufedern geschmückt war, war jünger als die anderen.
    »Vielleicht wissen Kalkadoon-Männer nicht, dass die weißen Männer über furchteinflößende Waffen verfügen. Ich selbst habe ihre Flintenstöcke schon gesehen und gehört. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie einer von ihnen ein Känguru niedergestreckt hat.«
    »Kalkadoon-Männer würden sich nicht davonschleichen und das Verbrechen ungesühnt lassen.«
    Die Diskussion wurde von Kapakupa unterbrochen. »Es ist an der Zeit, dass der Händler das Wort ergreift. Was die geraubten Frauen angeht, so ist es an uns, über das Vorgehen zu entscheiden. Aber ich frage: Was würde der weiße Mann unter denselben Umständen machen? Wenn wir zwei ihrer Frauen nähmen?«
    »Ich glaube, die weißen Männer würden alles darangeben, die Entführer zu töten.«
    »Und wenn wir ihre Tiere stehlen würden?«
    »Dann auch.« Der Händler hatte Angst, ihnen zu enthüllen, dass er gesehen hatte, wie Weiße Männer vom Darambal-Stamm außerhalb des Dorfes namens Rockhampton gehängt hatten, und er vor Angst geflohen war. Die meisten seiner Leute waren vor den Eindringlingen auf der Flucht.
    Fast spöttisch rief jemand ihm zu: »Ich selbst bin schon neun Weißen begegnet. Sie waren freundlich zu mir. Sie haben mir Wasser und Fleisch gegeben. Wie viele hast du getroffen?«
    Ladjipiri blickte um sich. Wie sollte er das sagen, ohne sie in Panik zu versetzen? Sie lebten so weit von den Dörfern der Weißen entfernt, dass ihnen vermutlich zeitlebens nur der ein oder andere versprengte Reisende über den Weg laufen würde.
    »Ich habe«, begann er leise, »Dörfer mit mehr Bewohnern gesehen, als hier bei diesem Korrobori anwesend sind. Aber das

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