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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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unterworfen hatte. Erstaunlicherweise gab ihm das neue Energie.
    Sam sah den Mann in dem Geschäftsanzug an, als könne er es kaum glauben. »Wirklich?«
    »Ja. Was würdest du dazu sagen, wenn ich dir erzähle, dass du dem älteren Bruder deines Großvaters sehr ähnlich siehst. Den kannte ich nämlich auch, weißt du.«
    »Hey, Sam«, rief einer der Jungen, die Hände trichterförmig um den Mund gelegt, »weißt du nicht mehr, was wir in der Schule über Fremde gelernt haben?«
    Erschrocken trat Sam einige Schritte rückwärts. »Ich … ich muss jetzt spielen.«
    Carl schüttelte den Kopf. Natürlich. Wie dumm von ihm. Er war ein Fremder für den Jungen. Leider war es heutzutage normal, dass Kinder Fremden gegenüber misstrauisch waren. Zweifellos hatte seine Mutter ihm dieses Misstrauen eingebläut. Er sah, wie der Trainer der Jungen auf sie zugeeilt kam.
    »Bist du in Ordnung, Sam?«, fragte ein großer, älterer Mann mit grauem Haar. Als er näher kam, erkannte er Carl. »Oh, Sie sind es, Mr. Stenmark. Ich bin Verne Wakely, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« Er sah von Carl zu Sam und wieder zu Carl. »Sam wartet darauf, dass seine Mutter oder Angie ihn abholt - sein Training endete heute schon etwas früher.«
    Carl tat die Sorge des Trainers mit einer Handbewegung
ab. »Ist schon in Ordnung. Ich plaudere nur ein wenig mit dem Jungen und habe ihm gesagt, dass mein Sohn früher ebenfalls Rugby hier gespielt hat.«
    »Ich erinnere mich an Kurt, ich bin nur einige Jahre jünger als er. Er war ein ausgezeichneter Spieler.« Verne lächelte wohlwollend. »Der kleine Sam scheint viel von ihm geerbt zu haben. Er hat eine gute Konzentration und ist geschickt mit dem Ball.«
    »Welche Position spielst du, Sam?«, fragte Carl. Er tat alles dafür, sich noch einige Minuten mit Sam zu unterhalten und ein wenig mehr über den Jungen in Erfahrung zu bringen.
    »Außenverteidiger.« Sam betrachtete den alten Mann eingehend. »Stenmark, Stenmark heißen Sie? Mein Großvater … oh«, seine ernste Miene verriet, dass er endlich begriffen hatte. »Mein Großvater hieß Stenmark. Sie müssen also …«
    »Mr. Stenmark ist dein Urgroßvater, Sam«, half Verne.
    »Cool.« Voller Unschuld grinste Sam zu dem Mann mit dem schneeweißen Haar hinauf. »Deshalb sehen Sie so aus wie mein Großvater.«
    »Hier kommt Angie, um dich abzuholen. Pünktlich, wie immer«, bemerkte Verne anerkennend.
    Carl streckte seinem Urenkel die Hand entgegen. »Schön, dich kennen zu lernen, Sam.« Ohne zu zögern, ließ der Junge seine kleine Hand in die seines Urgroßvaters gleiten.
    »Schön, Sie auch kennen zu lernen, Sir.« Ein Runzeln grub sich in seine Stirn. »Wie soll ich Sie denn nennen? Sicher nicht Großvater, weil Sie ja nicht mein Großvater sind...« Er sah Carl fragend an.
    Inspiriert durch den Augenblick, schlug Carl spontan vor: »Als mein Großvater noch lebte, habe ich ihn Papa Fritz genannt. Wie wär’s mit Papa Carl? Das ist leicht zu
merken.« Aus dem Augenwinkel merkte er, dass Angie Dupayne aus dem Kleintransporter stieg und auf sie zukam. Das Gesicht der blonden Frau spiegelte Besorgnis wider.
    Die Hände auf die Hüften gestützt, fragte sie: »Was ist hier los?«
    »Alles in Ordnung, Angie. Mr. Stenmark ist zufällig vorbeigekommen und hat den Jungen beim Footballspielen zugeschaut. Das ist cool«, erklärte Verne lachend, während er Sams Haar zerzauste.
    »Ich hatte nichts Böses im Sinn, Mrs. Dupayne«, versicherte Carl. »Es war nur eine plötzliche Eingebung.«
    Angies Gesichtsausdruck verriet, dass sie nicht ganz davon überzeugt war. »Okay. Hol deine Sachen, Sam. Wir müssen gehen.«
    Gekränkt durch das geringschätzige Verhalten der Frau - Carl war es nicht gewohnt, dass Leute, einschließlich Frauen, so ablehnend zu ihm waren -, stand er stumm da und beobachtete, wie Angie mit Sam zum Kleintransporter ging, wartete, bis er im Auto Platz genommen hatte und dann davonfuhr. Mein Gott, was machte er da bloß? Diese Frage stellte er sich wiederholt, während er in den Mercedes stieg und Felix anwies, ihn nun nach Hause zu fahren. Es war eine spontane Idee gewesen, Kontakt mit dem Jungen aufzunehmen und mit ihm zu sprechen. Aber warum hatte er das getan? Aus Neugier. Einsamkeit. Ein Muskel in seinem prägnanten Kinn begann zu zucken. Aus einem Bedürfnis heraus. Er schüttelte heftig den Kopf und schlug mit der rechten Faust in seine linke Handfläche. Nein . Nein . Es war dumm von ihm gewesen. Er würde nicht

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