Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
befahl ihm, sich ruhig zu verhalten. Sie hielt ihn fest umklammert und schwamm auf Paul zu. Rebel, Pauls roter Setter, verfolgte das Geschehen vom Ufer aus und bellte aufgeregt.
»Das wäre beinahe schiefgegangen«, keuchte Carla. Völlig erschöpft reichte sie Paul ihren Sohn. Er trug Sam ans Ufer und legte ihn vorsichtig ins Gras. Carla schwamm ihnen hinterher und ließ sich dann nur zu gerne von Paul aus dem Wasser helfen. Beide Arme um ihren Sohn gelegt, brach sie neben ihm zusammen.
»Ich bin gerade mit Rebel Gassi gegangen, oder besser,
sie mit mir«, erklärte Paul. »Wir sind am Fluss entlangspaziert, weil Rebel gerne im Wasser herumtobt.«
Sam rappelte sich hoch und sah seine Mutter an. »E-es tut mir leid, Mum. Ich wusste nicht, dass die Felsen so glitschig sind. Ich habe geglaubt, ich wäre vorsichtig, aber ich bin ausgerutscht...«
»Ich weiß. Ist schon okay, Sam. Es ist nichts passiert, und nur das ist wichtig.« Sie blickte über den Kopf ihres Sohnes hinweg zu Paul, der ganz in ihrer Nähe in der Hocke saß. »Unfälle passieren nun einmal.« Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. »Danke, dass Sie da sind.«
»Das war reiner Zufall.« Er lächelte sie verständnisvoll an. »Etwas derart Dramatisches haben wir nicht erwartet, nicht wahr, mein Mädchen? Auf unseren Spaziergängen passiert normalerweise nicht viel, es sei denn, Rebel sieht einen Vogel oder ein Kaninchen.« Er tätschelte den Kopf des Hundes, um ihn zu beruhigen.
Carla wagte nicht, darüber nachzudenken, was passiert wäre, wenn sie nicht bei Sam gewesen wäre. »Ab heute ist der Fluss für dich verbotenes Gebiet, verstanden?« Auf den früheren Ausflügen waren er und Su Lee immer von einem Erwachsenen begleitet worden, aber selbst ihre Anwesenheit heute hatte den Unfall nicht verhindern können. Daher war es besser, wenn der Fluss für ihn tabu war.
»Ja, Mum«, sagte Sam einsichtig, und sein Gesichtsausdruck spiegelte unmissverständlich den erlittenen Schock wider.
Paul blickte Carla eindringlich von oben bis unten an, und ihr wurde bewusst, dass ihre nasse Hose und ihr Pullover an ihrem Körper klebten und seiner Fantasie nicht viel Spielraum ließen. Seine Musterung ließ sie rot anlaufen. Wenn Josh sie so angesehen hätte, hätte sie keine Skrupel gehabt, ihm zu sagen, wo er sich seine Blicke
hinstecken könnte. Aber Paul! Sie war es nicht gewohnt, dass er sie mit derart großem Interesse anstarrte, als ob … Sie atmete tief ein, dann hielt sie den Atem an. Ein Anflug von Erregung durchlief ihren Körper und berauschte ihre Sinne. Ihr Herz raste und erhöhte die Spannung zwischen ihnen. Spürte nur sie dieses erhöhte Bewusstsein, oder war es bei ihm genauso? Seine grauen Augen, seine ernsten Gesichtszüge, seine Haltung verrieten absolut nichts. Verlegen über ihre Gefühle stand sie auf, um ihren Pullover auszuwringen, damit er nicht mehr so an ihr klebte.
Ihre Bewegungen ließen Paul blinzeln, und die Stimmung sank auf den Nullpunkt. Carla und Sam zitterten vor Kälte und Nässe. Paul stand auf, zog seinen Pullover aus und wickelte Sam darin ein. Dann hob er den Jungen hoch und setzte ihn rittlings auf seine Schultern. Dabei hielt er Sams Beine an seine Brust gepresst, damit er nicht das Gleichgewicht verlor.
Pauls Gesichtsausdruck blieb undurchsichtig, als er sich Carla zuwandte. »Wir gehen jetzt besser. Ihr beide braucht eine heiße Dusche und eine Tasse Kakao, um euch aufzuwärmen und die Nerven zu beruhigen.« Mit großen Schritten bahnte er sich einen Weg durch das Gebüsch und eine Reihe von Weinstöcken und kletterte das Ufer hinauf, Carla dicht auf seinen Fersen. Sie versuchte, nicht weiter über diesen unbehaglichen Moment nachzudenken.
Egal, in welche Richtung Angie die Zahlen für Sundown Crossing auch drehte, die Ein- und Ausgaben wichen erheblich voneinander ab. Seit dem Abendessen hielt sie sich im Büro auf und beschäftigte sich mit dem Geschäftsplan und den Rechnungen. Wie konnten sie das Weingut bewirtschaften, ohne sich dabei zu verausgaben? Da sie schon in ihrer Jugend die Buchhaltung für Valley View und andere
Weingüter erledigt hatte, war sie sicher, dass sie alles mit einkalkuliert hatte.
Schon seit Wochen spielte sie mit der Buchhaltung Fangen , wie Carla es nannte. Es war äußerst wichtig für sie, sicherzustellen, dass die Loongs für ihre Arbeit bezahlt wurden. Sie waren auf dem Weingut unentbehrlich geworden und würden wahrscheinlich auch nicht weggehen, weil die drei - sogar
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