Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
nicht darum gebeten. Ihre Ablehnung hatte das Schlechte in seinem Wesen hervorgebracht, eine Art niederer sexueller Gewalt.
Lieber Gott, was ist bloß los mit dir? , wies sie sich selbst zurecht und versuchte, sich zu beruhigen. Sie hatte ihrer Fantasie freien Lauf gelassen. Es war lediglich ein Kuss eines frustrierten Mannes gewesen, das war alles. Ruhelos stand Carla auf und räumte das Wohnzimmer und die Küche auf, bevor sie nach Sam sah. Gott sei Dank war er durch den Streit mit Josh nicht aufgewacht. Sie deckte ihn zu, ging in ihr Schlafzimmer und redete sich ein, dass sie von Josh Aldrich nichts zu befürchten hatte. Er war sicher nicht der Typ Mann, der nachtragend war. Zumindest hoffte sie das.
Von Sundown Crossing kommend, fuhr Josh ungefähr hundert Meter die Straße hinunter, dann lenkte er leise fluchend seinen Pick-up an den Straßenrand und machte den Motor und die Scheinwerfer aus. Einige Sekunden lang umklammerten seine Hände das Steuer so heftig, dass seine
Knöchel weiß wurden, während er versuchte, seine Wut in den Griff zu bekommen.
Dieses Miststück! Carla Hunter war keinen Deut besser als all die anderen Frauen, mit denen er zu tun gehabt hatte. Zum Beispiel Traci, seine viel zu junge, langweilige Ehefrau, seine desinteressierte Mutter und eine Reihe anderer Frauen. Sie alle hatten ihm auf die eine oder andere Weise etwas vorgemacht und versucht, ihn auszunutzen. Er grunzte. Was für ein Narr er doch war! Er hatte geglaubt, Carla sei anders, aber auch sie hatte ihn benutzt und ihn glauben lassen, er hätte eine Chance bei ihr. Er hatte seine Hoffnung darauf gesetzt, dass sie die Richtige war, die Frau, die ihm wirklich etwas bedeutete. Dafür hätte er sie umbringen können. Frustriert schlug er mit den Händen auf das Armaturenbrett.
Er hatte geglaubt, dass er gute Fortschritte machte, dass sie ihm langsam näherkam, aber sie hatte nur mit ihm gespielt und ihn zum Ersatzvater für ihren Sohn erkoren - und ihn reingelegt, um Informationen über die Stenmarks zu bekommen. Er biss sich auf die Lippe, bis sie anfing zu bluten. Mist, vielleicht hätte er ihr nicht so viel über sie erzählen sollen, über ihre Stärken und Verletzlichkeiten - besonders Lisels Leidenschaft für attraktive, ungebundene Männer. Das Unfaire an der ganzen Sache war, dass er Carla wirklich mochte und sie nicht nur ins Bett manövrieren wollte. Er hatte Gefühle für sie und hatte sogar daran gedacht, sie irgendwann einmal zu heiraten.
Er war wirklich zu blöd gewesen, seinen Gefühlen zu erlauben, die Oberhand zu gewinnen. Josh atmete tief ein und langsam wieder aus. Er ließ seinen Kopf gegen den Autositz fallen. Selbst jetzt noch war er von dem Kuss erregt, obwohl sie nicht willig gewesen war. Er räusperte sich und zwang seine Muskeln dazu, sich zu entspannen.
Wochenlang war er nett zu ihr gewesen, hatte den Gentleman gespielt, hatte sein bestes Benehmen an den Tag gelegt, und das alles für einen lausigen Kuss. Keine große Gegenleistung für all seine Bemühungen. In der Dunkelheit kniff er die Augen zusammen, während der Wunsch, sich an Carla zu rächen für all die Kränkungen, die sie ihm zugefügt hatte, in ihm aufstieg. Er war noch nicht fertig mit Carla Hunter. Noch lange nicht.
Sein Mund verzog sich zu einem bösartigen, breiten Grinsen. Das Miststück war ihm etwas schuldig, und sie würde dafür zahlen müssen, so oder so …
13
C arla hatte noch nie an einer Ernte teilgenommen. Paul gab ihr eine Woche frei, und an dem Morgen, an dem die Arbeit begann, traf sie sich mit Angie, Tran und Kim sowie vier Saisonarbeitern auf dem Weingut. Ihr Handwerkszeug waren vernünftige, bequeme Kleidung und Schuhe, ein breitkrempiger Hut und ein Weidenkorb, in den sie die Weintrauben legten, nachdem sie vom Rebstock abgeschnitten worden waren. Viele Weingüter bedienten sich mechanischer Erntehelfer, aber sowohl für ihre kleine Lese als auch aus wirtschaftlichen Gründen pflückten sie die Trauben mit der Hand.
Der Trick war, wie Angie ihnen riet, mit durchgehender Gleichmäßigkeit zu arbeiten und nicht mit Hektik. Außerdem sollten sie eine Menge Flüssigkeit trinken, um den Wasserverlust durch das Schwitzen auszugleichen. Carla hatte sich für ziemlich fit gehalten, aber am Nachmittag des ersten Tages tat ihr alles weh, was nur weh tun konnte - ihre
Oberschenkelmuskeln, der Rücken und Nacken. Ihre Hände versteiften sich. Angie hatte ihr versprochen, dass sich ihr Körper am Ende des zweiten Tages an
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