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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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die Arbeit gewöhnt hätte. Bisher war das jedoch noch nicht geschehen.
    Trotz der körperlichen Nachteile spürte Carla eine ungeheure Befriedigung, während sie Weintrauben abschnitt, in ihren Korb legte und ein Stück weiter die Reihe entlangging. Sie hatte zum Wachstum der Früchte beigetragen, hatte sie gehegt und gepflegt, das Unkraut um die Rebstöcke herum entfernt, die Trauben beschnitten und insgesamt umsorgt. Grundsätzlich machte ihr das Unterrichten Spaß. Sie war stolz darauf, ihr Wissen an Schüler weiterzugeben. Aber dies hier war eine ganz andere, persönlichere Aufgabe, und es vermittelte ihr ein größeres Verständnis darüber, was ihr Vater und Angie Jahr für Jahr erfahren hatten. Die Aufregung, wenn sie im Frühling die ersten Knospen an den Weinreben sahen, dann die Sorge über das Wachstum der Trauben - war es zu nass, zu trocken, zu heiß oder zu kalt? -, und danach die Ernte, damit der Weinherstellungsprozess beginnen konnte.
    Ohne Angie hätte sie das alles nicht geschafft. Sundown Crossing hätte ohne sie niemals realisiert werden können. Angies Sachverstand, ihr Wissen von vielen Jahren hatten das Weingut so weit gebracht und würden ihren Höhepunkt erreichen, wenn der Traubensaft zu Wein verschiedenster Sorten veredelt wurde.
    Am ersten Tag jedoch war Carla froh, als die Sonne unterging. Hundemüde und schleppenden Schrittes schlurfte sie hinter Angie her zum Cottage, wo eine angenehme Überraschung in Gestalt von Paul und Sam auf sie wartete, die das Abendessen kochten.
    »Habe gedacht, dass Sie am Ende des ersten Tages wahrscheinlich keine große Lust auf Kochen haben«, begrüßte
Paul sie mit einem vielsagenden Grinsen. »Ich baue zwar keine Weintrauben an, aber ich bin schon lange genug im Valley, um zu wissen, dass die Ernte einem ziemlich viel abverlangt.«
    »Essen?« Carla ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Was ich brauche, ist ein Bad, in dem ich eine Stunde liegen kann.«
    »Natürlich brauchen Sie das«, sagte Paul mitfühlend. »Sam, lass deiner Mutter schnell ein Bad ein.«
    »Mum, Angie, wir haben euch überrascht, nicht wahr? Paul kocht dein Lieblingsessen, Mum, Lamm mit Rosmarin. Ich habe ihm geholfen und das Gemüse geputzt«, sagte Sam und freute sich wie ein Schneekönig. Dann rannte er ins Badezimmer.
    »Du bist ein guter Junge, Sam«, rief Angie, die am Küchentisch saß. Sie sah zu Carla hinüber, die an der Küchentür lehnte. »Paul ist ein Schatz, nicht wahr?«
    Carla gähnte gerade, und ihr Gesichtsausdruck war undurchdringlich. »Definitiv.«
    »Das ist keine große Sache. Da ich alleine lebe, habe ich kaum das Bedürfnis oder den Wunsch, für mich alleine ein großes Essen zu kochen. Ich weiß, dass das nicht gerade männlich ist, aber Kochen macht mir Spaß«, gab er zu. Er sah zur Küchenuhr auf. »Das Abendessen ist in anderthalb Stunden fertig.« Er zwinkerte Carla zu und fragte: »Brauchen Sie beim Hineinsteigen in die Wanne Hilfe?«
    »Ich bin doch keine alte Frau«, schoss Carla grimmig zurück und erinnerte sich jäh daran, dass er sie völlig durchnässt gesehen hatte, und wenn sein Erinnerungsvermögen nicht defekt war - und sie wusste, dass das ganz bestimmt nicht der Fall war -, hatte er eine genaue Vorstellung davon, wie ihr Körper aussah. »Obwohl ich mich momentan so fühle, weil meine Muskeln so weh tun.«
    »Auf dem Toilettentisch steht eine Flasche Radox. Streu etwas davon ins Badewasser. Es wird dir helfen«, schlug Angie vor. Da sie schon über zwanzig Jahre Ernteerfahrung hatte, war sie an die körperliche Arbeit mehr gewöhnt als Carla. Doch weil sie älter war als diese, spürte auch sie, dass ihr einige Muskeln weh taten. Sie rieb sich ihren Nacken.
    Paul, dem dies auffiel, erbot sich: »Ich bin ein geschickter Masseur. Möchten Sie, dass ich Sie massiere, während wir auf das Lamm im Ofen warten?«
    »Ich bin okay.« Sie schenkte ihm ein Lächeln für seine Aufmerksamkeit. »Rolfe hat immer...« Sie erinnerte sich daran, dass er während der Erntezeit ihren Rücken und ihre Schultern massiert hatte, und sie schaute zu Carla hinüber. Sie lächelten einander an, und es bedurfte keinerlei Worte. Beide wussten, dass sie im Laufe des Tages an Rolfe gedacht hatten. »Es ist zwar schwere Arbeit, aber dein Vater wäre von deiner Leistung heute sicherlich beeindruckt gewesen«, lobte Angie.
    »Ja, es war hart, aber es hat mir Spaß gemacht, und morgen und übermorgen werde ich bereits daran gewöhnt sein.« Sie sah Angie fragend an.

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