Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
hat. Er wusste nämlich, wie Papa darauf reagieren würde.« Bevor Luke noch eine weitere Frage stellen konnte, fügte sie hinzu: »Kurts Stolz war verletzt, weil seine Verlobte mit Rolfe geschlafen hat. Deshalb hat er sich so verhalten. Als ihm bewusst wurde, dass Papa niemals erlauben würde, dass Rolfe zurück nach Hause kam - ich habe sie einmal zufällig zusammen reden hören - versuchte er, Papa zu überreden, seine Meinung zu ändern, aber es gelang ihm nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Er hatte einen Erben, der ihm sehr viel bedeutete, und ließ sich nicht von seiner Entscheidung im Hinblick auf Rolfe abbringen. Tief in seinem Innern war er sicher, dass er ehrenwert gehandelt und das Ansehen seiner Familie gewahrt hatte.«
»Aber warum hat er seine Meinung nicht geändert, nachdem Kurt und Marta tot waren?«
Sie schenkte ihm ein Lächeln. »Das war nicht nötig, denn er hatte einen Erben. Und das bist du.« Sie überlegte kurz, bevor sie sagte: »Rolfe wäre vermutlich auch gar nicht zurückgekehrt. Auch er hatte seinen Stolz und hat wahrscheinlich immer geglaubt, zu Unrecht beschuldigt worden zu sein.«
Die Enthüllungen seiner Mutter hatten Luke die Augen geöffnet. Noch nie hatte sie so offen mit ihm gesprochen oder war seinem Großvater gegenüber so kritisch gewesen. Jetzt war er in einer äußerst verzwickten Lage. Wem sollte er Glauben schenken, und hinter wen sollte er sich stellen? Carla hatte, obwohl sie es nicht wusste, in seiner
Mutter eine Verbündete, die für ihre Sache eintrat. Und er verstand sie jetzt. Greta hatte ihren Bruder in all den Jahren sehr vermisst, und nun hatte sie die Möglichkeit, seine Tochter und deren Sohn kennen zu lernen. Luke merkte, wie sehr sie sich darüber freute, denn für sie war die Familie außerordentlich wichtig.
Sein Großvater allerdings hatte eine völlig andere Meinung als Greta, egal ob aus berechtigten oder unberechtigten Gründen. Luke empfand große Zuneigung und Respekt für den Großvater, bei dem er aufgewachsen war. Carl war das Familienoberhaupt. Er hatte Luke alles über die Weinherstellung gelehrt, und sein Enkel sollte das Geschäft übernehmen, wenn er sich zur Ruhe setzte. Und obwohl er Verständnis hatte für die Gefühle seiner Mutter, war es dennoch sinnvoll, zur Machtbasis - Carl Stenmark - zu halten. Und genau da lag der Hase im Pfeffer. Er hegte eine gewisse Zuneigung zu Carla und bewunderte sie dafür, was sie erreicht hatte. Und ob Großvater diese Eigenschaft schätzte oder nicht - sie hatte bewiesen, dass kostbares Stenmark-Blut in ihren Adern floss. Sie hatte bisher all den Schwierigkeiten getrotzt, die sie mit dem Weingut gehabt hatte.
Doch er wollte Klarheit darüber, was seine Mutter in Bezug auf Carla unternehmen würde. »Was sind also deine Absichten bezüglich Carla?«
»Ich werde sie jedenfalls nicht schneiden oder so tun, als würden sie und Sam nicht existieren«, sagte Greta. Ihre feste Stimme gab ihm zu verstehen, dass sie ihre Absichten niemals ändern würde. »Wenn wir uns irgendwo treffen, reden wir miteinander. Wenn sie mich einlädt, sie auf Sundown Crossing zu besuchen, werde ich hingehen.«
»Und wirst du Papa davon erzählen?«, fragte eine Stimme von der Tür her.
Mutter und Sohn drehten sich um und entdeckten Lisel im Türrahmen. Sie hatten keine Ahnung, wie viel von ihrer Unterhaltung sie mit angehört hatte.
»Nur wenn es unbedingt notwendig ist oder wenn ich gefragt werde. Ich erzähle Papa nicht alles, genau wie du«, antwortete Greta in scharfem Ton.
Lisel ging auf sie zu. Sie wirkte angespannt, und ihre Verärgerung war offensichtlich.
»Du dumme, leichtgläubige Greta. Carla wird dich genauso ausnutzen, wie sie Josh Aldrich ausgenutzt hat. Nach seinen Angaben hat sie ihn gnadenlos ausgenommen, um Informationen über Rhein-Schloss aus ihm herauszupressen.«
»Ich würde Josh nicht allzu viel Vertrauen schenken. Er macht nie irgendetwas ohne Hintergedanken«, sagte Luke geradeheraus.
»Er hat sich sehr aufgeregt, als sie ihm den Laufpass gegeben hat. Das habe ich sofort gesehen, obwohl er versucht hat, es zu verbergen«, fuhr Lisel fort. »Die Frau ist eine gefährliche Hexe.« Sie sah ihre Schwester an. »Ich weiß nicht, warum du das nicht erkennst.«
»Ich sehe nicht alles so schwarz wie du«, antwortete Greta, »und ich habe es satt, dass die Leute mir sagen, was ich tun und lassen soll. Wenn Carla mit mir befreundet sein will, wüsste ich keinen logischen Grund, warum wir nicht
Weitere Kostenlose Bücher