Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
half Carla auf die Füße.
»Ich weiß nicht, ich bin nicht sicher.« Carla machte ihren BH zu und knotete die Zipfel ihres Hemds zusammen. »Wenn ich ihn anzeige, wird es jeder im Valley erfahren.« Sie war selbst überrascht, dass sie in der Lage war, logisch zu denken. Ihr Herz raste noch immer, und ihre Hände zitterten. »Die Gerüchteküche hätte einen großen Tag. Das würde auch Auswirkungen auf Sam haben. Du weißt doch, wie Schulkinder einander aufziehen.«
Kim nickte. Sie verstand Carlas Zögern. »Aber Josh ist ein sehr schlechter Mann, Tran hat mir böse Geschichten über ihn erzählt. Aldrich kann man nicht trauen. Was, wenn er es noch mal versucht?«
»Ich weiß, es ist ein Risiko. Ich besorge uns einen Hund, Sam wollte schon immer einen Hund haben. Ich erziehe ihn zu einem Wachhund.«
»Gänse sind auch gute Wachhunde. In vielen Teilen Asiens werden Gänse oft dazu genutzt, um Farmen vor Dieben zu schützen.«
»Ich denke, Sam würde lieber einen Hund haben, und Su Lee ebenso.«
»Sie erzählen aber Angie, was passiert ist?«
»Natürlich.« Carlas Stimme zitterte immer noch von dem gerade Erlebten.
Kim begleitete Carla zum Cottage und wünschte ihr eine gute Nacht.
Carla ging umgehend ins Badezimmer und zog ihre Kleidung aus. Sie fühlte sich schmutzig. Auf ihrem Körper und ihrem Gesicht waren rote Striemen. Wenn Kim ihr nicht zu Hilfe geeilt wäre … Sie erschauderte bei dem Gedanken, weil sie wusste, wie das ausgegangen wäre. Erneut überkam sie heiße Wut, und ihre Gedanken konzentrierten sich auf den nächsten logischen Schritt. Sie sollte Anzeige gegen ihn erstatten. Der gesunde Menschenverstand riet ihr, zur Polizei zu gehen, aber ein anderer Teil von ihr schreckte vor der Vorstellung zurück, dass alle es erfahren würden, wenn sie ihn anzeigen würde. Und in letzter Zeit waren ziemlich viele Leute im Valley ihr und dem Weingut gegenüber nachsichtiger geworden. Obwohl es nur langsame Fortschritte gab, gab es immerhin welche. Sie und Angie waren entschlossen, das Weingut zu einem Erfolg zu machen. Wenn sie Josh jetzt anzeigen würde, müssten sie wieder ganz von vorne anfangen. Aber was noch wichtiger war, es würde sich negativ auf Sam auswirken.
Nein. Sie schüttelte den Kopf, während das Wasser über ihren Körper lief und sie sich entspannte. Das konnte sie Sam auf keinen Fall zumuten. Obwohl, sie kaute an ihrer Lippe, während sie überlegte, sie musste etwas tun, damit Josh nicht mehr in ihre Nähe kam.
Dann kam ihr ein Gedanke. Nachdem sie Angie alles erzählt hatte, würden sie Fotos machen, die die blauen Flecken, das zerrissene Hemd, die Striemen auf ihrem Gesicht zeigten. Dann würde sie den Rat eines Anwalts einholen, und Kim würde die Tatsachen bestätigen. Vielleicht würde ein Schreiben des Anwalts, dass Josh nicht näher als zehn Meter an sie herankommen durfte, helfen. Denn anderenfalls würden sie das Beweismaterial der Polizei übergeben. Sie nickte bekräftigend und war mit ihrem Plan äußerst zufrieden. Die Maßnahme war
nicht perfekt, aber sie würde Josh Aldrich veranlassen, sich von ihr fernzuhalten.
Hoffnungsvoll betrat Carla den Frisiersalon. Sie hatte endlich Zeit für einen dringend benötigten Haarschnitt und freute sich auf den angenehmen Luxus, die Haare gewaschen und geföhnt zu bekommen. Die sechs Stühle vor den Spiegeln waren von Kundinnen besetzt, und die drei Angestellten und ein junges Mädchen, das wahrscheinlich dort seine Lehre machte, begrüßten sie mit einem Lächeln, als Carla vor dem Empfangstresen stehen blieb.
»Ich habe letzte Woche einen Termin für heute gemacht. Mein Name ist Carla Hunter.«
»Okay, Carla. Hallo, ich bin Sarah, die Neue.« Sarah machte im Auftragsbuch einen Haken hinter Carlas Namen. Dann wedelte sie mit der Hand und deutete auf den Salon. »Wie Sie sehen, spielen wir heute Reise nach Jerusalem. Sie müssen ungefähr zehn Minuten warten. Ist das in Ordnung für Sie?«
»Natürlich.« Carla setzte sich in einen Korbstuhl in der Nähe eines Tisches, auf dem ein Stapel Zeitschriften lag. Sie blätterte die Seiten durch und überflog die Überschriften der Artikel, die einem alles über Prominente jeglicher Art erzählten, fand jedoch kein Interesse daran. Gelassen ließ sie ihren Blick über den Salon und die Kunden schweifen. In einer Stadt, die so klein war wie Nuriootpa und weniger als dreitausend Einwohner hatte, sollte man meinen, dass man ab und zu mal ein bekanntes Gesicht sah. Und dann ließ
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