Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
Vom Netzwerk:
miteinander befreundet sein sollten.«
    »Siehst du denn nicht, was sie tut?«, beharrte Lisel. »Sie treibt einen Keil zwischen uns, der vorher nicht da war.«
    Luke versuchte, die Feindseligkeit, die sich zwischen seiner Tante und seiner Mutter aufbaute, abzuschwächen. »Mum, Lisel, wenn ihr euch nur hören könntet. Ich kann und werde euch nicht sagen, was ihr tun sollt, aber denkt bitte an Großvater. Carlas Anwesenheit im Valley ist für ihn
ein Ärgernis, das er in seinem Alter nicht braucht. Ich hoffe, Carla hat nicht die Stärke durchzuhalten, bis die Ernte verkauft wird. Die nächsten zwölf Monate sind entscheidend.«
    »Zwölf Monate! Wir wollen nicht, dass sie ein weiteres Jahr hierbleibt.« Lisel richtete ihren Zorn auf Luke. »Wir sollten jetzt etwas tun, um sie loszuwerden, anstatt untätig zu hoffen, dass sie irgendwann mal die Nase voll davon hat, jeden Dollar zusammenzukratzen, und dass sie beschließt, von hier zu verschwinden. Wir müssen uns um Carla... kümmern.« Ihre dunklen Augenbrauen hoben sich vielsagend. »Wenn du weißt, was ich meine.«
    »In der Vergangenheit hast du klar deine Meinung über Carla gesagt, Lisel«, stellte Luke fest. »Du weißt, dass Großvater meinem Plan nicht abgeneigt ist, aber«, sagte er herausfordernd, weil er wusste, dass ihr die Kenntnisse fehlten, um das zu tun, »du kannst die Angelegenheit gerne mit ihm besprechen.«
    »Jesus, wirst du ihr gegenüber jetzt auch schwach, Luke?«, warf Lisel ihm vor, und die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Sie ist eine Bedrohung für dich und dein Erbe.«
    »Carla ist nicht scharf auf das Erbe«, antwortete Greta sofort. »Die Frau sucht eine Familie für sich und ihren Sohn.«
    Luke erkannte rasch, dass seine Mutter sich an Lisels herrischem Ton störte. Lisel hatte sich immer um Luke gekümmert und unterstützte ihn nach Kräften in seinem Wunsch, eines Tages Rhein-Schloss zu übernehmen. So lange er denken konnte, hatte seine Mutter die besitzergreifende Art Lisels akzeptiert. Er war sich bewusst, dass sie in ihm das Kind sah, das sie nie haben würde, obwohl der Altersunterschied zwischen ihnen weniger als zehn Jahre betrug.

    »Das sagt sie«, knurrte Lisel. »Aber nur ein Narr würde das glauben.« Ihre dunklen Augen betrachteten den Tisch, auf dem fünf Gedecke fürs Abendessen standen. »Ich habe den Appetit verloren. Bitte Papa und Margit um Entschuldigung für mich«, sagte sie und stöckelte aus dem Zimmer.
    Luke und seine Mutter starrten einander an. Greta blinzelte ein paarmal und atmete tief ein und aus - und Luke tat es ihr gleich. Er machte sich Sorgen, dass seine Tante Carla so sehr hasste. Es war völlig sinnlos, denn Carla stellte keine Bedrohung für Lisel dar. Ihr Platz in der Familie, in der Firma war gesichert, warum also reagierte sie so heftig? Wie sehr er sich auch bemühte, er konnte einfach keinen Grund dafür finden. Und um die Sache noch komplizierter zu machen, schien seine Mutter Carla in dem gleichen Maß zu unterstützen, wie Lisel sie verurteilte. Das war wirklich außergewöhnlich. Er hatte nicht gewusst, dass die beiden so leidenschaftlich waren. Eines war jedoch klar - das tägliche Leben in Stenhaus würde deswegen zunehmend schwieriger werden.
     
    In ihrer Suite im ersten Stock, die aus einem großen Schlafzimmer, Wohnzimmer und einem eigenen Bad bestand, schritt Lisel ruhelos über den dicken Teppich. Dann ging sie in ihr Schlafzimmer und setzte sich auf den Schemel vor den Schminktisch. Automatisch griff ihre Hand nach der Bürste, und sie begann, ihr Haar zurückzubürsten. Diese Tätigkeit beruhigte sie etwas.
    War Luke verrückt oder einfach nur leicht zu täuschen? Wusste ihr Neffe denn nicht, dass er, wenn er Carla und ihrem Sohn gegenüber zu nachgiebig war, sein Erbe aufs Spiel setzte? Egal, was ihre Schwester sagte, Carla war gerissen. Und es war ihr gelungen, den Widerstand der
Leute im Valley zu brechen. Daher bewunderte Luke vermutlich ihre Entschlossenheit, anstatt ihren Beweggründen zu misstrauen.
    Lisel würde sich jedenfalls nicht so leicht hereinlegen lassen. Und Papa auch nicht. Zusammen würden sie eine Lösung finden, sie ein für alle Mal aus dem Valley zu vertreiben.

15
    E s war ein frischer Wintertag im Barossa Valley, kalt, aber nicht zu kalt für einen Grillabend bei Paul van Leeson. Er feierte den Abschluss eines lukrativen Architekturauftrags im nahe gelegenen Clare Valley. Über zwei Dutzend Leute saßen oder standen auf der

Weitere Kostenlose Bücher