Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
einige Leute im Valley umzustimmen. Sie waren nun nicht mehr der Meinung, dass sie und Angie eine Bedrohung darstellten.
»Schön, dich zu sehen.« Walter umarmte Carla, und Frances küsste sie auf die Wange.
»Bist du verreist gewesen, Walt?«, fragte Carla.
»Ja, in Westaustralien. Die Gegend um den Margaret River boomt geradezu, was Wein angeht.« Walt lächelte sie an. »Ich habe erfahren, dass ihr eine gute Ernte hattet.«
»Eine sehr gute«, bestätigte Carla. »Wir haben fast dreißig Tonnen Chardonnay geerntet, die nach dem Keltern mehrere tausend Flaschen ergeben. Und von den Shiraz-Trauben kriegen wir nach dem Gärungsprozess einige tausend Flaschen Rotwein. Das ist kein schlechtes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass nicht alle Weinstöcke Früchte trugen.«
»Das ist eine großartige Leistung«, freute sich Frances. »Kein Wunder, dass du so begeistert bist. Die Leute im Valley werden sehen, dass du es ernst meinst.« Obwohl sie Leute sagte, wussten alle, wen sie damit meinte - die Stenmarks.
»Im Hinblick auf den Jahrgangswein habe ich einen Vorschlag, der dich vielleicht interessieren könnte und von dem du in finanzieller Hinsicht profitieren könntest.« Walt senkte vertraulich die Stimme.
»Den würde ich mir gerne anhören«, sagte Carla, die neugierig geworden war. Sie respektierte Walts umfangreiches Wissen und seinen Sachverstand auf diesem Gebiet genauso wie Angies. Er hatte zahlreiche Kontakte, und obwohl er kein Winzer mehr war, wusste er immer, was im Weingeschäft los war. Nicht nur im Barossa Valley, sondern weit darüber hinaus. Was konnte sie schon verlieren,
wenn sie sich seinen Vorschlag anhörte? Dann fiel ihr plötzlich eine Bemerkung ein, die Luke einst gemacht hatte. Er hatte gesagt, dass man den Conrads nicht vertrauen sollte. Carla schüttelte trotzig den Kopf. Warum sollte sie ihnen nicht vertrauen? Sie hatten ihr nur Freundschaft und Kameradschaft entgegengebracht, etwas, was ihre eigenen Verwandten in keinster Weise getan hatten!
»Es geht um den Vertrieb«, sagte Walt, »den Vertrieb des Jahrgangsweins, wenn er herangereift ist und verkauft werden kann. Ich würde gerne dein Vertreter sein und die ausschließlichen Vertriebsrechte bekommen. Das heißt, ich verkaufe den Wein in deinem Namen zu dem Preis, den der Einzelhandel dafür zahlt. Ich habe einen guten Draht zum Spirituosenhandel, nicht nur in Südaustralien, sondern im ganzen Land.«
»Nach Barossa-Maßstäben ist das keine große Ernte und bestimmt auch nicht exklusiv genug«, gab Carla zu bedenken. Sie hatte sich noch keine großen Gedanken gemacht, aber es konnte sicher nicht schaden, wenn sie ihm zuhörte.
»Carla, Angies Ruf eilt ihr voraus, und die Leute sagen, dass sie eine ausgezeichnete Winzerin ist. Sie hat einige Zeit im Loire-Tal und in Deutschland verbracht, wo sie viel gelernt hat, bevor sie sich deinem Vater in Neuseeland angeschlossen hat. Wenn du auf Weinfesten und Wettbewerben einige Flaschen ausstellst, wirst du Erfolg haben. Das würde Sundown Crossing ein Profil verleihen, das ich dem Spirituosenhandel als hochwertige Boutique-Weinkellerei verkaufen könnte.«
Carla wusste, dass Angie genau das vorhatte. Sie wollte dem Flaschenwein den Titel »Chardonnay Gold« verleihen, in der Hoffnung, dass der Jahrgangswein auf dem Markt ein oder zwei Prämierungen erzielen würde.
Damit würde das Ansehen des Weinguts enorm gefördert.
»Ach Schatz, lass uns jetzt nicht über das Geschäftliche reden. Dies ist ein gesellschaftlicher Anlass. Sieh mal«, Frances deutete auf den Rasen vor dem Haus, »sie fangen gerade an, Football zu spielen - Kinder und Frauen gegen die Männer. Komm, wir schauen uns das an«, bettelte sie und zog Walt am Ärmel.
»Okay, okay, Liebes.« Walt gab sich widerwillig geschlagen und zwinkerte Carla zu. »Wir reden später darüber, in Ordnung?« Er wartete, bis sie zustimmend nickte, bevor er seiner Frau folgte. »Ich rufe dich an.«
Carla gesellte sich zu den Zuschauern, die am Rand des Rasens standen und entdeckte Sam unter den Jungen, die sich gerade aufstellten. In den Wintermonaten war er zu einem Football-Fan geworden. Er spielte eifrig, sah sich im Fernsehen Spiele an und übte zu Hause, obwohl er sich oft darüber beklagte, dass Su Lee nicht die gleiche Begeisterung aufbrachte wie er. Sam und Paul spielten jedes Mal miteinander, wenn er vorbeikam, und sie schätzte es sehr, dass er ihrem Sohn so viel Aufmerksamkeit schenkte. Manchmal war Paul selber wie ein Kind, und
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