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Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
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zu sinken. Ich lehnte mich im Stuhl zurück, hielt das Hochzeitsfoto in beiden Händen. In jenem Moment, von dem mein Vater sprach, hatte Ezra mit dem Pfarrer am anderen Ende des Saals gestanden, mit dem Rücken zu mir, im schwarzen Anzug und Krawatte, das dichte dunkle Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ezras Eltern zuliebe waren wir beide traditionell gekleidet, obwohl ich ein unkonventionelleres Kleid bevorzugt hätte, besonders in dem schlichten Saal. Ich stand mit meinem Vater an der Tür und wollte gerade in meinem weißen Hochzeitskleid eintreten, zu dessen Kauf ich mich genötigt gefühlt hatte. Da bemerkte ich, dass Jude mich anstarrte. Es war unser erstes Wiedersehen nach dem Ende unserer Affäre vor weniger als fünf Monaten. Er stand hinter dem Tisch, an dem Lillian saß und sich über den Bauch streichelte. Zu dem Zeitpunkt war sie mit Andy im achten Monat schwanger. Im Gegensatz zu Lillian hatte sich Jude für das Ereignis nicht herausgeputzt, sondern trug ein einfaches T-Shirt und Jeans. Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt, und seine Bizepse wölbten sich trotzig, während sich unsere Blicke eine Spur zu lange verwoben. Ich war diejenige, die schließlich wegsah.
    Ich weiß nicht, ob mein Vater diesen Blickkontakt wahrgenommen und sich deshalb veranlasst gesehen hatte, mir ins Ohr zu flüstern. Wie dem auch sei, kurz bevor ich den Gang zu Ezra hinabschritt, lehnte er sich zu mir, damit nur ich ihn hören konnte, und sagte: »Du musst das nicht tun.«

15.
    UM DEN DACHBODEN zu erreichen, kletterte ich über eine Trittleiter durch eine Falltür in der Decke des Flurs. Die Decke im winzigen Dachboden war so niedrig, dass ich auf allen vieren kriechen musste. Bei jeder Bewegung war ein leises Knistern zu hören, das von verdorrten Blättern zu stammen schien, doch es waren Tausende vertrockneter Marienkäfer, die den Holzboden und die aufgestapelten Pappkartons bedeckten. Als ich eine Handvoll Insekten hochschaufelte, stellte ich überrascht fest, dass unter den toten Tieren noch etliche am Leben waren und träge mit den Beinen strampelten, um sich an meinen Fingern aufzurichten. Ich schob das Fenster auf und warf das Marienkäfer-Konfetti auf die überdachte Veranda, wo einige der Insekten durch den Lichtkegel im Hof flogen, bevor sie in der Nacht verschwanden.
    Unter der Dachluke stand der Schiffskoffer meiner Großmutter, auf dem die Grübeleien der letzten Jahre meiner Mutter gestapelt waren. Ich stellte die Kisten und Taschen voller Erinnerungen auf den Boden und öffnete den Koffer. Er roch nach Mottenkugeln und war - mein Gedächtnis hatte mich also nicht im Stich gelassen - mit all den märchenhaften Dingen aus längst vergangenen Zeiten gefüllt, die ich als Kind derart geliebt hatte: ein hauchdünner bemalter Papierfächer;
ein mit rosa Blüten verzierter Porzellan-Kerzenständer; ein Handspiegel aus Perlmutt mit dazugehörigem Kamm und passender Bürste, in der immer noch Strähnen von Mauds schwarzsilbernem Haar zu finden waren; Kristallschälchen mit kunstvoll verzierten Messingdeckeln; unvergleichlich schöne Tintenfässchen und Füllfederhalter; eine Bibel und ein Gesangbuch.
    Ich öffnete eine Peek-Frean-Keksdose und fand eine in Wachs versiegelte Rose. Das Wachs war gesprungen und die Blume darin ausgetrocknet und zerbröselt. Sie zeigte dasselbe satte Dunkelrot wie die Bonica-Rosen, die um das unfertige Haus blühten. Hatte Valentine sie ihr gegeben? Hätte Maud eine Rose von John Weeks überhaupt aufbewahrt? Wäre er jemals auf den Gedanken gekommen, ihr eine zu schenken?
    In dem Schrankkoffer lagen unzählige Notizbücher, außerdem Briefe und Postkarten, die mein Großvater an meine Großmutter geschrieben hatte, nachdem er vom Ersten Weltkrieg nach Kanada zurückgekehrt war und bevor sie die Reise über den Ozean und durch einen ganzen Kontinent angetreten hatte, um zu dieser Farm in British Columbia zu gelangen. Liebes Mädchen , hatte er sie genannt und jeden Brief mit In tiefster Liebe verbunden, J. W. beendet. Ganz oben auf dem Stapel lagen mehrere Blaupausen, Pläne von einem Haus, das nie gebaut worden war.
    Ich zog ein Notizbuch heraus und blätterte darin herum, dann in einem zweiten und dritten, bevor ich das fand, wonach ich suchte. Auf dem Umschlag des Notizbuchs klebte eine Valentinstagskarte. Zwei Kinder kletterten eine Leiter zu einem Weidenkorb hinauf, aus dem Herzen herausquollen. Für meinen Valentinsschatz . Das Notizbuch war fast vollständig mit

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