Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
Vom Netzwerk:
Zeitungsartikeln gefüllt, Dingen, die mich als Kind nie interessiert hatten. Der erste lautete:

    TURTLE VALLEY VON LEICHTEM BEBEN ERSCHÜTTERT
    Einige Anwohner behaupten, es sei ein Erdbeben gewesen, während viele es für einen ungewöhnlich heftigen Donnerschlag hielten. Andere denken an eine Sprengung und wiederum andere, die Panikmacher unter uns, werfen die Frage auf, ob es womöglich eine japanische Ballonbombe gewesen sein könnte.
    Was auch immer der Grund oder die Ursache gewesen ist, so wurde das Tal am vergangenen Donnerstag von einem unerklärlichen Erdstoß erschüttert.
    Die japanische Ballonbombe, die mein Vater gefunden hatte. Die Explosion, als sie gesprengt wurde. Die Explosion, die meinen Großvater in den Krieg zurückversetzt und nach Essondale gebracht hatte. Es stand hier geschrieben, schwarz auf weiß. Ich betrachtete das Datum, das meine Großmutter an den Rand des Zeitungsausschnitts gekritzelt hatte. 15. März 1945 . Die Nacht, in der Valentine bei ihr gewesen war. Hastig blätterte ich das Notizbuch durch, überflog die Geschichten und sah mir dann den Einband genauer an. Für meinen Valentinsschatz .
    Jenseits des Feldes drang Licht aus Judes Haus. Ich konnte deutlich erkennen, wie er im Wohnzimmer von einem Fenster zum nächsten huschte. Der Schuppen mit dem Brennofen lag im Dunkeln. Warum war er so spät noch wach?
    »Bist du dort oben, Kat?«, rief Val.
    »Ja.«
    Die Trittleiter knarzte, als meine Schwester in den Dachboden kletterte. »Keine Veränderung bei Dad?«, fragte sie.

    »Er schläft tief und fest, also dachte ich, ich könnte mich für ein paar Minuten hochstehlen und sehen, was noch alles hier oben ist.«
    Val griff in den Schrankkoffer und zog ein Foto von unserer Großmutter als junger Frau heraus, das aufgenommen worden sein musste, kurz bevor sie meinen Großvater kennengelernt hatte. Sie trug ihre Uniform, einen langen dunklen Rock und einen schweren Mantel, der viel zu groß für sie war. Ihr Hut, die Krempe auf einer Seite frech hochgestülpt, ließ sie unbekümmert und verwegen aussehen, doch der Schatten, den sie warf, glich dem eines Mannes mit einem großen schwarzen Hut, der sich Unheil verkündend aus dem Dunkel der Ecke näherte, wie der Bösewicht in einem Comic. Mit einer Hand umklammerte sie eine Stuhllehne, die andere hatte sie zu einer losen Faust geballt. Sie sah mir unglaublich ähnlich, obwohl sie zu dem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre jünger als ich gewesen sein musste. Ihre lange Nase und der volle Mund, das dunkle Haar und die dunklen Augenbrauen, die abfallenden Schultern, die ihren Hals länger erscheinen ließen - alles Züge, die ich geerbt hatte. Ein Ausdruck gespannter Erwartung lag auf ihrem Gesicht, den ich manchmal in meinem Spiegelbild bemerkte und sehr oft in meinem Sohn wiedererkannte, eine Mischung aus Verwunderung und Verlegenheit, als wüsste sie, dass im nächsten Moment eine Geburtstagsüberraschung auf sie wartete.
    »Mein Gott, das könnte ein Foto von dir sein!«, sagte Val überrascht.
    »Unheimlich, nicht wahr?«
    Sie zeigte auf das Notizbuch. »Was hast du da?«
    »Dad hat mir gesagt, dass es hier oben liegt, im Schrankkoffer. Ich denke, ich habe früher schon mal die Tagebücher unserer Großmutter gesehen, aber dieses hier noch nie. Mom
hat es mir nie gezeigt, und weil ich zu neugierig wurde, hat sie den Schrankkoffer auf den Dachboden verbannt. Jetzt verstehe ich allmählich, warum.« Ich klopfte auf den Einband. »Hier sind Zeitungsausschnitte von 1965 drin, Geschichten über Grandpas Verschwinden und die Suche nach ihm. Aber es beginnt 1945, mit dem Artikel über die Explosion, als die japanische Ballonbombe in die Luft gejagt wurde. All diese Geschichten, außer der ersten über die Explosion, handeln auf irgendeine Art von Valentine, und ich denke, dass selbst die mit ihm verwoben ist. Sieh dir den Umschlag an!« Die Kinder, der Korb voller Herzen. Für meinen Valentinsschatz .
    Val nahm mir das Notizbuch aus der Hand. »Warum sollte Grandma ein Büchlein über Dads Onkel führen?«
    »Das ist die Frage, nicht wahr? Sie kannten sich schon, lange bevor der japanische Ballon gesprengt wurde, vor dem Abend, an dem Grandpa durchgedreht ist und Valentine einschreiten musste.« Ich beugte mich vor, öffnete das Notizbuch auf der Seite mit dem ersten Zeitungsartikel und klopfte leicht darauf. »Aber sie hat das Notizbuch über ihn erst hier begonnen, mit diesem Bericht.«
    »Meinst du, sie waren ein Liebespaar?«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher