Im Tal der Sehnsucht
im privaten und im offiziellen Bereich. Sie spiegelt den Mann wider, der hier wohnt …
Boyd Blanchard, den Supermanager. Die Wohnung ist vier- oder fünfmal so groß wie meine.“
Boyd ließ sich auf ein Sofa fallen und streckte Arme und Beine von sich. „Sie muss so groß sein.“
„Ich weiß, aber zu mir passt meine Wohnung besser. War Chloe schon hier?“ Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. „Hat sie hier übernachtet?“
„Wer ist Chloe? Ich habe nie von ihr gehört“, scherzte er.
„Aber ich … so ungern ich es auch zugebe. Du stößt viele Menschen vor den Kopf, wenn du deinen Plan durchziehst.“
„Lass das nur meine Sorge sein. Im Übrigen, da du sie nun einmal erwähnt hast … ich habe nichts zu Chloe gesagt …“
„Ich denke, du kennst sie nicht.“
Boyd ließ sich nicht ablenken. „Ich habe nichts gesagt, was ihr irgendwelche Hoffnungen machen könnte. Wir sind nur alte Freunde aus der Kinderzeit.“
„Dann war sie nur eine von vielen?“
Er kniff die Augen zusammen. „Man könnte fast meinen, dass du eifersüchtig bist.“
„Von wegen!“ Leona schüttelte heftig den Kopf, obwohl ihr das Herz schwer wurde. „Ich glaube, ich sollte doch lieber nach Hause gehen.“
„Aber es regnet, und du hast keinen Schirm“, scherzte Boyd.
„Wieso kann ich dann die Sterne funkeln sehen?“
„Komm, setz dich neben mich.“ Er klopfte auf das Sofa. „Lass uns reden. Ich bin es … Boyd. Erkennst du mich nicht mehr? Du tust, als würde ich mich jeden Augenblick wie ein Wilder auf dich stürzen.“
„Das kannst du vergessen.“ Sie holte tief Luft. Merkte er denn nicht, wie ihre Nerven flatterten? Zu viel war passiert und zu schnell. Mit ihm zusammen zu sein, gar verheiratet, machte ihr Angst. Und Ruperts Fantasien über ihre Mutter – das konnte sie nicht ertragen. „Ich muss arbeiten“, erklärte sie brüsk. „Und ich muss mir zu Hause frische Kleidung für morgen zurechtlegen. Bea erwartet von mir perfektes Aussehen.“
„Keine Sorge, ich wecke dich rechtzeitig.“
Leona war verwirrt. „Wenn ich doch nur wüsste, was du wirklich von mir willst“, sagte sie. „Ich ahne manches, aber …“
„Was?“, forderte Boyd sie heraus.
Sie wich seinem Blick aus, hatte das beunruhigende Gefühl, dass er es ihr ansah, wie sehr sie sich nach seiner Berührung sehnte. Es würde ihre gesamte Selbstbeherrschung erfordern, ihn abzuweisen – sich selbst abzuweisen. „Bitte ruf mir ein Taxi“, sagte sie nur.
„Wie du willst.“ Er stand auf, ohne länger zu widersprechen. „Ich lasse dich aber nicht allein fahren. Ich begleite dich und komme wieder zurück.“
„Das ist nicht nötig.“ Leona fürchtete, ihre Nerven würden die Spannung nicht länger aushalten.
„Das sehe ich anders.“ Boyd setzte seinen Willen gegen ihren.
Sie hastete in den Flur, wollte zum Fahrstuhl, schaffte es jedoch nicht. Als sie sich noch einmal umdrehte, stand Boyd so dicht vor ihr, dass sie nicht mehr weglaufen konnte. Sein Blick genügte, um sie festzuhalten.
„Boyd!“
Er nahm sie in die Arme, als gäbe ihm sein Verlangen die volle Berechtigung dazu. „Meine Leona“, stöhnte er. „Ich kann nicht länger ohne dich sein.“
Ihre Lippen öffneten sich wie die Knospe eine Rosenblüte. Sie wollte nicht mehr denken, sie wollte nur noch fühlen. Seit einer Ewigkeit hatte sie sich gegen ihre Empfindungen gewehrt, ihrer Natur Gewalt angetan und doch nur auf diesen Augenblick gewartet. Jetzt wollte sie sich rückhaltlos hingeben. Nichts trennte sie mehr von dem Mann, den sie liebte. Sie wurden von einem Taumel erfasst, von Leidenschaft mitgerissen, in die sich ein Hauch von Melancholie mischte.
Liebe war Ekstase. Sie war eine Kraft, die gewaltige Forderungen stellte und keine Heuchelei duldete. Leona hielt Boyd fest umschlungen, während er den Kopf zu ihr herabsenkte. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut. Mochte alles, was sie gesagt oder nicht gesagt hatten, zwischen ihnen stehen – ihre sinnliche Übereinstimmung hatte ihre eigenen Gesetze, denen sie nun willig gehorchten.
Er küsste ihren Hals, langsam und lustvoll, strich über ihre Schulter und glitt mit den Händen zu ihren Brüsten. Leona schmiegte sich an ihn. Ein Schauer überlief sie, als er sie zärtlich zu streicheln begann.
Ihre Erregung wuchs mit jedem Herzschlag. Sie hätte ihr Leben für diesen Augenblick gegeben. Diese alles durchdringende Süße musste die sein, von der die Dichter so poetisch erzählten. Diese
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