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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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Rock über. Er hasste es, Menschen gegenüberzutreten, ehe er gewaschen und rasiert war, aber der Waschtisch stand im von der Wand abgetrennten Bereich, dort, wo das Mädchen schlief.
    Was hatte sie ihm gestern ins Gesicht geworfen? Ihre Schwester bekomme ein Kind von ihm. Jaime verbiss sich ein Lachen. Hätten alle Frauen, die dergleichen behauptet hatten, tatsächlich ein Balg zur Welt gebracht, dann müsste Mexiko-Stadt vor seinen Bastarden wimmeln. Stattdessen gab es keinen einzigen. Die, die sich wie die Ratten vermehrten, waren andere.
    Sein Vater hatte einmal zu ihm gesagt: »Ich hatte gehofft, aus meinem Samen sprießt nichts und die Linie geht mit mir zu Ende. Aber ein einziges Mal hat der verfluchte Funke doch Feuer gefangen, und das Ergebnis könnte schlimmer nicht sein.«
    Jaime hatte denselben Wunsch. Mit ihm sollte die verfluchte Linie enden, und er war sicher, dass er es anders als sein Vater erreichen würde. Aus seinem Samen spross nichts, was erfreulich war, denn ohne Menschen wäre die Erde ein nahezu erträglicher Ort. Und wenn das hündische Elfchen tatsächlich einen Bastard im Leib hatte, so war es gewiss nicht seiner.
    Er wollte eben die Tür entriegeln, um einen Steward zu rufen und sich über den Stillstand zu beschweren, als von neuem Gebrüll einsetzte. Es war kaum verklungen, da öffnete sich die Polstertür in den Schlafbereich, und in der Öffnung stand das Mädchen. Wirr und glänzend hing ihr das Haar, das sie gestern in einem kindischen Zopf getragen hatte, über Gesicht und Schultern. So dichtes Haar, das ihr zudem bis in die Taille reichte, war nicht recht menschlich. Sie hatte etwas von den tückischen Zaubergestalten an sich, die den Legenden der Barbaren nach in den Wäldern ihr Unwesen trieben. Ihre Kleider waren vollkommen zerknittert. So, wie er sie gestern Abend ins Bett getragen hatte, nachdem sie auf dem Sitz in Schlaf gefallen war, musste sie die Nacht hindurch geschlafen haben.
    »Bitte entschuldigen Sie«, stammelte sie verstört.
    Wofür entschuldigte sie sich? Dafür, dass sie ihm sein Bett gestohlen hatte, oder dafür, wie sie ihn gestern behandelt hatte? Brennende Scham trieb seine Schultern in einen schmerzhaften Krampf. »Sie sollten sich frisch machen. Wir müssen jeden Augenblick in Veracruz einfahren.«
    »Aber wir fahren doch gar nicht!«
    »Sie merken auch alles«, höhnte er. »Ich war gerade im Begriff, mich deswegen zu beschweren.« Ohne sie länger zu beachten, öffnete er die Tür und trat hinaus auf den Gang. Passagiere drängten sich an den Fenstern und tuschelten erregt miteinander. Bemüht, Berührungen zu vermeiden, bahnte Jaime sich seinen Weg, bis er einen der Stewards entdeckte, um den sich ein Ring aus aufgebracht schnatternden Reisenden gebildet hatte. Ohne hinzusehen, stieß er zwei von ihnen aus dem Weg. »Darf ich fragen, was dieser endlose Stillstand soll?«, herrschte er den Steward an. »Ich bin Jaime Sanchez Torrija. Ich habe um zehn einen Anschlusszug nach Villa Hermosa zu bekommen.«
    »Das wird leider nicht möglich sein, Señor«, stammelte der Steward, der den Kopf zwischen die Schultern geduckt hatte. »Sosehr ich es bedaure, der Zugführer hat einen Anfall von Schwäche erlitten und kann nicht weiterfahren. Es ist uns gelungen, die Postkutsche anzuhalten, die unser Büro in Veracruz verständigen wird. Bis Ersatz eintrifft, werden wir jedoch leider hier warten müssen.«
    »Zum Teufel, haben Sie keinen anderen, der diesen verdammten Zug fahren kann?«
    »Leider nein, Señor.«
    »Wo sind wir hier?«, schrie Jaime auf den Mann hinunter. »In einem zivilisierten Land oder mitten im Urwald, unter yucatekischen Bastarden, die sprechende Kreuze anbeten?«
    »Lassen Sie doch den Mann in Frieden.« Jaime fuhr herum und sah, dass das Mädchen – verwahrlost und ungekämmt – ihm gefolgt war. »Glauben Sie etwa, er hat den Zugführer absichtlich außer Gefecht gesetzt?«
    Dankbar reckte der Steward seinen Schildkrötenkopf wieder aus der Höhle der Schultern. »Wahrlich nicht, Señorita linda. Es hat einen unglückseligen Zwischenfall gegeben. Leider wird diese Strecke in letzter Zeit häufig von unglückseligen Zwischenfällen heimgesucht.«
    »Was für einen unglückseligen Zwischenfall gab es denn?«
    »Es ist uns ein Mann vor den Zug gefallen, Señorita lindissima.«
    »Unterlassen Sie diese Vertraulichkeiten!«, fauchte Jaime. Das Mädchen mochte aussehen wie eine Zigeunerin, aber es befand sich in seiner Gesellschaft, und es mit

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