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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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ganzer Götterhimmel sein flüssiges Rotgold in dieser einen Ebene verschüttet! Dass Natur so sein kann und dass man als kleiner Erdenwurm dabeistehen darf – ist das nicht mehr, als eine Menschenbrust fassen kann?«
    »Schließen Sie auf der Stelle den Vorhang«, knurrte Sanchez Torrijas Sohn, aber der kleine Münchner, der sich an der Flut der Rottöne berauschte, hörte ihn gar nicht.
    Anavera hatte kein Recht, ihren Widersacher weiter zu provozieren, aber sie hatte eine Grenze überschritten, und dahinter ritt sie der Teufel. »Señor Sanchez Torrija würde Ihnen sicher gern seinen erlesenen Rotwein kredenzen«, sagte sie und hangelte nach dem Koffer in der Gepäckablage, in dem sie die letzten beiden Flaschen wusste. »Er ist lediglich schüchtern. Lassen Sie mich für ihn die Einladung aussprechen.«
    »O wie zünftig, ein geteiltes Picknick!«, rief Otto Bierbrauer. »Einen Speisewagen gibt es ja wohl nicht, also behilft sich der Findige selbst. Darf ich meinen gewürzten Käse beisteuern? Heute früh in Veracruz frisch erworben, wenn auch ob der Wärme nicht mehr ganz taufrisch.« Der milchige Käse, den er aus mehreren Schichten Packpapier wickelte, stank schlimmer als die Füße von einem Dutzend Vaqueros. Das Gesicht von Sanchez Torrijas Sohn sah jetzt aus, als stünde er kurz davor, sich unter Schmerzen zu winden. Dass Anavera sich mit Otto Bierbrauer gegen ihn verbündete, war so gehässig wie das, was sie am Morgen getan hatte, aber die Zügel, um sich im Zaum zu halten, waren ihren Händen entglitten.
    Otto Bierbrauer hingegen lag jegliche Bosheit fern. Er lobte in vollen Zügen den Wein, pries die Großzügigkeit seines Gastgebers und schwärmte von der Landschaft, die bald darauf in Blau- und Grauschattierungen schimmerte und dann im Schwarz verschwand.
    Irgendwann sagte er zu Sanchez Torrijas Sohn: »Sie kennen sich gewiss aus, da Sie vom Schicksal Begnadeter doch Land in Yucatán besitzen. Erinnern Sie sich? Ich stellte vorhin die dümmliche Frage nach dem Reisewagen, und das nicht ganz ohne Hintergedanken. Dürfte ich wohl erfahren, in welche Richtung des mannigfaltigen Yucatán Sie und Ihre bezaubernde Aztekenprinzessin unterwegs sind? Und falls Ihre Route und meine halbwegs übereinstimmen – wäre es wohl denkbar, einen Reisewagen zu teilen?« Da Sanchez Torrijas Sohn keine Antwort gab, sprach er sogleich weiter: »Ich darf mich erklären? Mir wird das ungeheure Privileg zuteil, mich Herrn Teobald Maler, vielleicht dem bedeutendsten Maya-Forscher unserer Zeit, auf seiner jüngsten Expedition nach Chichén Itzá anzuschließen. Damit wird für mich ein Traum wahr, auf den ich mein Leben lang hingearbeitet habe. Dennoch bleibe ich letztendlich ein armer Tor auf seiner ersten Reise in die verwunschene Tiefe der neuen Welt. Und man hört ja so vieles, das dem unbedarften Reisenden droht. Um wie viel wohler wäre mir daher ums Herz, zwei so wohlerzogene, kultivierte Landeskundige wie Sie als Reisebegleiter an meiner Seite zu wissen.«
    Es dauerte eine Weile, bis Sanchez Torrijas Sohn begriff, dass er die Antwort nicht schuldig bleiben konnte, ohne eine Grobheit sondergleichen zu begehen. »Ich fahre nach Valladolid«, knurrte er schließlich.
    »Ah, Valladolid, das ist Musik in meinen Ohren!«, rief der kleine Münchner und hob den Becher mit dem Wein, den lediglich er und Anavera teilten. »Lassen Sie mich beweisen, dass ich meine Hausarbeit erledigt habe. Von Villa Hermosa nehmen wir einen der Linienwagen ins legendenumwobene Mérida, den wir uns in der Tat teilen könnten. Und von dort geht es dann getrennt im zweirädrigen Karren durch den Dschungel, bis an die Grenze des freien Maya-Staates Chan Santa Cruz. Für Sie nach Valladolid und weiter auf Ihr Schloss, über dessen Schwelle Sie Ihre Schöne tragen werden. Und für mich nach Chichén Itzá, ins Paradies jedes Völkerkundlers, dem das Herz für Mittelamerika schlägt.«
    Sanchez Torrijas Sohn hätte sich empört gegen den geteilten Reisewagen wehren können. Noch empörter hätte er die Behauptung von sich weisen können, die dunkelhäutige Barbarin sei seine Braut. Aber der Überschwang des Bayern verschlug ihm offenbar die Sprache. »Was zum Teufel ist Chichén Itzá?«, war alles, was er herausbekam.
    Jetzt war Otto Bierbrauer in seinem Element, vergaß den Weinbecher weiterzureichen und würde so schnell nicht aufhören zu reden. »Was das wundersame Chichén Itzá, die Stadt am Brunnen des Itzá-Volkes, alles gewesen sein

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