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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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malt Bilder des Totengottes Acolmiztli an Häuserwände. Dabei gibt er dem Acolmiztli, der mit gefletschten Zähnen sein Reich voller Leichen bewacht, wie üblich die Gestalt eines Pumas – aber das Gesicht ist unverkennbar das unseres geschätzten Präsidenten Porfirio Diaz.«
    Bei der Nennung des Namens fiel die Gruppe in Schweigen. Josefa musste an die Artikel in ihrer Reisetasche denken. Sie mochten in die richtige Richtung weisen, mochten mutig mit Missständen ins Gericht gehen, aber sie waren provinziell und enthielten nichts Sensationelles. Sie musste ganz von vorn anfangen. Hier würde sie die Informationen bekommen, die sie brauchte, um mit echtem Biss zu schreiben, hier hatte sie ihren Finger am Puls der Ereignisse und konnte lernen, ihn mit Worten einzufangen.
    »Du gehörst also auch zu den Unzähligen, die von dieser Gespenstermalerei zwar gehört, aber nichts davon gesehen haben«, brach endlich ihr Vater das Schweigen. »Hat überhaupt irgendwer sie gesehen? Und wenn nicht, liegt es nicht nahe, dass es sich um eine Legende handelt, die irgendwer, dem sie nützt, in Umlauf gebracht hat?«
    Felix fasste den Vater ins Auge. »Oh, gesehen haben sie eine ganze Menge Leute«, sagte er. »Sie sollen sogar gut sein – ansonsten hätte ich mich womöglich als Helfer angeboten. Nur sind sie eben jedes Mal wieder verschwunden, sobald ein Hüter des Gesetzes auf den Plan tritt.«
    »Und daran glaubst du?«, fragte der Vater.
    »Woran glaubst du denn?«, fragte Felix zurück.
    »Ich bringe mich in des Teufels Küche, wenn dergleichen laut wird«, erwiderte der Vater und begann in Kreisen seine Schläfen zu massieren. »Aber ich bin überzeugt, dass jemand aus Don Porfirios Umkreis diese Geschichte verbreitet, um ein harsches Vorgehen gegen inhaftierte Rebellen zu rechtfertigen.«
    Tomás setzte sein Glas so heftig auf, dass der Wein darin überschwappte. »Du meinst, die Malereien sind erfunden worden, um Miguel zu schaden?«
    »Ja«, sagte der Vater. »Ich fürchte, das meine ich.«
    »Da bin ich anderer Meinung«, begehrte Tomás auf. »Der Geist des Pinsels, wie die Leute ihn nennen, setzt ein leuchtendes Zeichen. Er macht deutlich, dass die Liberalen dieser Stadt sich keine Angriffe auf ihre Freiheitsrechte mehr gefallen lassen. Dass man zwar Menschen verhaften kann, aber nicht ihre Gedanken. Sooft sie auch ausgelöscht werden, sie tauchen immer wieder auf.«
    »Nicht so laut.« Martina klopfte ihrem Sohn auf den Rücken. »Du bist hier nicht in Stefans Käse-Cantina, sondern im Concordia. Schon vergessen?«
    »Dem Lieblingsjagdgrund vom schönen Andalusier«, brummte Felix und rümpfte die Nase. »Wäre mein Gaumen dem Gott von einem Koch hier nicht verfallen, käme ich schon lange nicht mehr her. Der schöne Andalusier ist übrigens auch des Öfteren auf Bildern von unserem Nachtgespenst zu sehen. Sein eigener Spitzel will ein Porträt von ihm gesehen haben, am Portal der medizinischen Akademie – dargestellt als Chalciuhtotolin, der verbissen Zeitungen zerreißt.«
    Martina prustete in ihr Glas. »Das passt wie die Faust aufs Auge.«
    »Warum? Wer ist der denn«, entfuhr es Josefa, die sich unendlich töricht vorkam.
    »Entschuldige, Liebes.« Martina bedeckte Josefas Hand mit der ihren. »Chalciuhtotolin ist der Gott, der Seuchen und Plagen über die Menschheit bringt. Lachen musste ich nur, weil sein Name ›prächtiger Truthahn der Nacht‹ bedeutet und weil das einfach grandios zum schönen Andalusier passt. Mangel an Humor kann man unserem Gespenst wahrhaftig nicht vorwerfen.«
    »Ich weiß, wer Chalciuhtotolin ist«, entgegnete Josefa ein wenig gekränkt. Von den Mythen der Mexica hatte ihr Vater ihr erzählt, noch ehe sie die Namen der Götter hatte aussprechen können. »Nur wer der schöne Andalusier ist, weiß ich nicht.«
    »Dann kannst du dich glücklich schätzen«, stieß Tomás angewidert heraus.
    »Unser geschätzter Nachbar«, erwiderte sein Vater und verzog den Mund zu einem sardonischen Grinsen. »Ein aufgeblasener Grünschnabel, der so tut, als würde er als Sohn eines Latifundienbesitzers harmlos in den Tag hineinleben, während er in Wahrheit einer Behörde von Spitzeln vorsteht und jeden Journalisten denunziert, der seinem Präsidenten keinen Zucker zwischen die Hinterbacken bläst.«
    Im Inneren zuckte Josefa zusammen, aber äußerlich ließ sie sich nichts anmerken. Das war eben der Ton, der in der Hauptstadt herrschte, gefährlich, unverblümt und wundervoll erregend. Ihre

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