Im Tal der wilden Blumen (Bianca) (German Edition)
eine Frau, die nichts von halben Sachen hielt.
Geena musste wieder an Colt denken und daran, dass es keine Frau in seinem Leben zu geben schien. Vermutlich hatte er irgendwann mal schlechte Erfahrungen gemacht, mit denen er noch immer zu kämpfen hatte. Sie hatte seine distanzierende Ausstrahlung bereits gespürt, als sie ihm unter der Ponderosa-Tanne begegnet war. „Betreten auf eigene Gefahr.“
Nicht, dass Colts Privatleben sie etwas anging. Sie war schließlich nur da, um in seinem Haus Ordnung zu halten. Aber jetzt wollte sie erst mal einen guten Eindruck auf die Frau machen, die ihn zur Welt gebracht hatte.
Sie war zu nervös, um in ihrem Zimmer zu bleiben, und ging schon mal in die Diele, um dort auf ihn zu warten. Ihr Blick blieb an den Familienfotos an der Wand hängen. Mehrere Generationen Brannigans waren dort vertreten – Babys, Kinder, Teenager und Erwachsene. Manche zu Pferd oder beim Rodeo, andere beim Wandern, Skifahren oder Angeln.
Ihr Blick fiel auf das Foto eines jüngeren, schon fast unverschämt attraktiven Colt bei einer Stierwrestling-Preisverleihung. Sie suchte gerade nach weiteren Fotos von ihm, als sie plötzlich Schritte im Flur hörte und sich umdrehte. Es war Colts Bruder Hank.
„Ach, hallo!“, rief er bei ihrem Anblick erfreut.
„Hi, Hank.“
Er humpelte auf sie zu. Sein etwas zu langes Haar war heller als Colts, doch seine Gesichtszüge waren weicher als bei seinem Bruder, und er war etwas kleiner.
„Ich wusste ja gar nicht, dass Sie noch hier sind.“ Hank sah sie genauso neugierig und bewundernd an wie gestern Abend. „Das sind die besten Neuigkeiten, seit mein Arzt mir gesagt hat, dass mein Bein nur einmal gebrochen ist.“
„Ihr Beinbruch überrascht mich nicht, wenn ich das Foto da von Ihnen beim Stierreiten betrachte.“
Er lachte. „Jetzt sagen Sie nicht, Sie sind die zusätzliche Pflegerin. Normalerweise sehen die nämlich nicht wie Rodeoqueens aus.“
Ach, daran erinnerte sie ihn also? Lustig, dabei hatte sie doch erst gestern Abend eher wie eine Obdachlose ausgesehen. Geena fragte sich, welche Reaktion Colt jetzt von ihr erwarten würde, doch da er nicht da war, beschloss sie einfach, ehrlich zu sein. „Nein, ich bin gestern auf gut Glück hier hergefahren, um mich für die Stelle als Haushälterin zu bewerben.“
Hank starrte sie fassungslos an. „Wie bitte? Und wer hat Sie ins Haus gelassen?“
„Ihr Bruder.“
Skeptisch hob er die Augenbrauen. „Und wie kommt es, dass Sie immer noch hier sind?“
Mit dieser einen Frage hatte Hank ihr viel über seinen Bruder verraten. Dass Colt sie unter normalen Umständen nie angestellt hätte nämlich. Doch an ihrer Begegnung mit ihm war auch nichts normal gewesen.
Hank konnte natürlich nicht wissen, dass sein Bruder ihretwegen Schuldgefühle hatte und sie nur deshalb befristet angestellt hatte. Aber was spielte das schon für eine Rolle, wo sie doch sowieso weggehen würde? „Weil er mich auf Probe eingestellt hat.“
Hank schien sich noch immer nicht von seinem Schock erholt zu haben. Er murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
„Ich bin sehr glücklich über den Job und hoffe, dass Ihre Familie zufrieden mit mir sein wird.“
„Wo kommen Sie eigentlich her?“
„Aus Rapid City.“
Hank zögerte einen Moment. „Wenn Sie noch neu in Wyoming sind, halten Sie sich den Samstagabend frei. Ich werde Ihnen Sundance zeigen. Wir könnten tanzen gehen. Was halten Sie davon?“
Diesmal brauchte Geena nicht lange darüber nachzudenken, welche Antwort sie geben sollte. „Ich fühle mich sehr geschmeichelt, aber bei der Arbeit halte ich mich an gewisse Grundsätze. Keine privaten Kontakte innerhalb der Firma. In Ihrem Fall heißt das, keine Freundschaft mit Familienmitgliedern oder Angestellten. Außerdem können Sie sowieso nicht tanzen gehen, solange der Gips noch dran ist.“
Hank sah sie ernüchtert an. „Hat Colt das von Ihnen verlangt?“
„Ich habe meine eigenen Regeln, Hank.“
Er musterte sie nachdenklich. „Was machen Sie eigentlich allein hier im Flur?“
„Ich warte auf Ihren Bruder. Er müsste jeden Augenblick kommen, um mich Ihrer Mutter vorzustellen.“
„Das kann noch eine Weile dauern. Als ich an ihm vorbeikam, telefonierte er gerade mit Sheila, um Pläne fürs Wochenende zu schmieden. Kommen Sie mit, Ina hat Mom vielleicht nach draußen auf die Veranda gebracht.“
Hatte sie sich komplett getäuscht, was Colts Liebesleben anging? Albern, wie rasch ihr Herz bei der
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