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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sich dies irgendwann wieder ändern würde. Nicht nur meinetwegen. Auch und vor allem wegen Alexia.
    Es war fast fünf Uhr, und es begann wieder leicht zu nieseln, trotzdem überlegte ich, ob ich mich anziehen und einen Spaziergang am Strand machen sollte. Den ganzen Tag in der Wohnung zu verbringen bekam mir nicht. Vielleicht würde ein bisschen frischer Wind um die Nase auch meinem Schnupfen guttun. Ich spürte, dass ich mich nicht würde aufraffen können. Teilnahmslos starrte ich in den Fernseher, der seit dem Vormittag lief, von mir aber nur als ein Hintergrundgeräusch wahrgenommen wurde. Jetzt brachten sie gerade eine Sendung, die über aktuelle Nachrichten aus den verschiedenen Landesteilen Englands berichtete. Irgendwo in Kent hatte es gestern eine Massenkarambolage auf der Straße wegen des starken Regens und der schlechten Sicht gegeben. In London war eine Theateraufführung am Vorabend in einen Skandal gemündet, aber ich hatte nicht richtig zugehört und wusste nichts über die Gründe. In Yorkshire war eine Frau spurlos verschwunden, und die Polizei tappte völlig im Dunkeln, was mit ihr geschehen sein könnte.
    Diese Nachricht ließ mich aufmerken. Spurlos verschwunden war zu einem Reizbegriff geworden, auf den ich wahrscheinlich noch aus dem Tiefschlaf heraus reagiert hätte. Ich drehte den Ton lauter und lauschte dem Bericht.
    Aller Wahrscheinlichkeit nach war die Frau aus ihrem Auto heraus gekidnappt worden, aber weder waren Lösegeldforderungen bei ihrem Ehemann eingegangen, noch hatte sich überhaupt jemand in dieser Sache gemeldet. Ihre Entführung, falls es sich um eine solche handelte, schien keinerlei Sinn zu haben. Das Bild der Frau wurde eingeblendet: Corinne B. Ich sah ein sympathisches Gesicht mit einem offenen Lächeln. Corinne B. sah nicht aus wie jemand, der sich Feinde machte. Sie wirkte normal, nett, unauffällig.
    Die ganze Geschichte erinnerte so stark an Vanessas ungeklärtes Schicksal, dass ich wohl ziemlich perplex auf den Bildschirm starrte.
    »Wird das Mode in England?«, fragte ich laut, und im selben Moment klingelte es an meiner Wohnungstür.
    Ich betätigte den elektrischen Türöffner und trat ins Treppenhaus, um auf meinen Besucher zu warten. Ich fragte mich, wer wohl an einem verregneten Samstagnachmittag zu mir kam. Dann blickte ich an meinem fleckigen Jogginganzug hinunter, entsann mich meiner ungekämmten Haare und meiner roten Nase und dachte: Verdammter Mist! Hoffentlich ist es niemand, der irgendwie wichtig ist!
    Matthew Willard tauchte auf den letzten Stufen auf. Er hielt einen Moment inne, als wollte er sich vergewissern, dass er nicht sofort zum Umkehren aufgefordert wurde, dann kam er mit ein paar schnellen Schritten herauf.
    »Hallo, Jenna«, sagte er, als er vor mir stand.
    Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    »Hallo, Matthew«, entgegnete ich und fügte, um wenigstens eine Erklärung für meinen unmöglichen Aufzug zu liefern, hinzu: »Ich bin leider etwas erkältet.«
    »Oh, das tut mir leid«, sagte Matthew. »Darf ich trotzdem reinkommen?«
    Was blieb mir übrig? Ich trat zur Seite. »Bitte.«
    Auf dem Wohnzimmertisch stand die Tasse, aus der ich die Suppe gelöffelt hatte, daneben lag die leere Tüte, deren Inhalt ich in das heiße Wasser gekippt hatte. Ich entdeckte ein paar benutzte Papiertaschentücher auf dem Sessel. Der Fernseher plärrte, und auf dem Teppich lag die neueste Ausgabe von Hello! – niemals h ä tte ich gegenüber irgendjemandem zugegeben, dass ich gelegentlich gierig nach den Klatschnachrichten der Yellow Press war. Nun musste ein Mann, den ich wirklich toll fand und von dem ich unbedingt wollte, dass er eine gute Meinung von mir hatte, über meine Schattenseiten buchstäblich stolpern; ganz abgesehen davon, dass er mich in einem Aufzug antraf, der ihn eigentlich nur in die Flucht schlagen konnte. Ich schaltete den Fernseher aus, raffte hektisch die Taschentücher zusammen, stopfte die Zeitschrift in den Papierkorb und stellte die Tasse auf die Küchentheke.
    »Entschuldige. Ich hatte nicht mit Besuch gerechnet. Wie gesagt, ich bin nicht ganz fit, und deshalb …«
    »Aber du musst dich doch nicht entschuldigen«, sagte Matthew. »Im Gegenteil. Es ist etwas unhöflich von mir, hier einfach unangemeldet aufzukreuzen, aber ich fürchtete … na ja, ich dachte, wenn ich vorher anrufe, sagst du vielleicht nein, und das wollte ich nicht riskieren.« Er lächelte. »Bitte, du kannst wirklich aufhören, das Zimmer aufzuräumen,

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