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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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»solltest du Elizabeth holen.«
    *
    Ningali sang. Ihre leise Stimme, so selten gehört, drang nach draußen zu Duncan und verlor sich im unwirklich blauen Himmel. Woher hatte sie gewusst, dass die Geburt bevorstand? Und wie hatte sie so schnell hier sein können? Solche Dinge, fürchtete Duncan, würde er wohl nie begreifen. Aber wie auch immer sie davon erfahren hatte – ihre Anwesenheit beruhigte ihn. Zumindest ein wenig.
    Ningali und Elizabeth Macarthur waren nun schon seit Stunden dort drinnen bei Moira. Duncan konnte ihr schmerzerfülltes Stöhnen hören. Er saß mit dem Rücken an der Wand unter dem geöffneten Fenster ihrer Hütte, um ihr auf diese Weise so nah wie möglich zu sein. Dauerte es im mer so lange? Auf seine besorgte Frage hatte Mrs Macarthur ihn nur mitleidig angelächelt. Noch nie hatte er sich so freudig erregt und gleichzeitig so hilflos gefühlt.
    Anfangs hatte auch er noch dabei sein dürfen, hatte Moira herumgeführt und ihre Hand gehalten, wenn sie mit schmerzverzerrtem Gesicht eine weitere Wehe durchstand. Aber irgendwann hatte Mrs Macarthur ihn mit dem freun d lichen, aber bestimmten Hinweis, Männer würden hier nich t mehr gebraucht, hinausgeschickt.
    Eine rotglühende Sonne senkte sich über die Bäume und ließ das Weizenfeld feurig auflodern. Noch immer war es heiß wie in einem Backofen. Im Straflager von Toongabbie, knapp vier Meilen entfernt, würden die Sträflinge jetzt die Ernte einbringen. Vor einem Jahr war er selbst einer von ihnen gewesen, verurteilt als Rebell gegen die englische Herrschaft in Irland. In der brütenden Hitze hatte er Garben geschnitten und Weizen gedroschen – und verzweifelt versucht, sich damit abzufinden, Moira nie wiederzusehen.
    Ein langgezogener Schrei aus der Hütte ließ ihn auffahren. Er stürzte zur Tür und stieß sie auf.
    Kaum war er hineingestürmt, als ihm auch schon Ningali wild gestikulierend entgegenkam. »Nein!« Entschlossen schob sie ihn in Richtung Tür zurück.
    Moira lag zusammengekrümmt auf der Bettstatt, ihr Gesicht war schweißnass und schmerzverzerrt, ihr Keuchen erfüllte die kleine Hütte. Elizabeth Macarthur saß neben ihr.
    Â»Bitte, Ningali, ich muss zu ihr!«
    Â»Mr O’Sullivan«, sagte Mrs Macarthur, ohne aufzusehen, »wenn Ihr nicht augenblicklich verschwindet, werfe ich Euch eigenhändig hinaus!«
    Er hatte sich kaum wieder unter das Fenster gesetzt, als ein erneuter Schrei ertönte. Sein Magen zog sich zusammen . Er war schuld daran. Er war schuld, dass Moira jetzt so leiden musste, denn er hatte das Kind gezeugt, das nun auf die Welt drängte. Noch nie hatte er eine Geburt so hautnah miterlebt. Er hatte nicht gewusst, wie qualvoll es für die Gebärende war. Er selbst hatte in seiner Zeit als Sträfling auch einiges an Schmerzen erleiden müssen. Aber was waren die Schläge der Neunschwänzigen gegen diese stundenlangen Wehen?
    Oder strafte Gott Moira, weil sie nicht mehr mit ihrem Mann zusammenlebte? Weil sie McIntyre für ihn, Duncan, verlassen hatte?
    Er konnte nicht länger sitzen bleiben. Unruhig marschierte er vor der Hütte auf und ab und ertappte sich dabei, ganz ähnlich wie Moira an einem Fingernagel zu kauen. Sie war stark. Sie würde es überstehen.
    Â»Heilige Maria, voll der Gnaden«, murmelte er. »Hilf ihr!«
    Die Sonne war verschwunden, die Dämmerung senkte sich mit staubigen Fingern über das Land. Moiras Schreie kamen jetzt dicht hintereinander, manchmal hörten sie sich an wie die eines Tieres. Duncan unterbrach sein rastloses Umherlaufen und horchte angespannt. Stöhnen, ein halb­erstickter Schrei, dann ein atemloses Hecheln. Mrs Macarthurs ruhige Stimme. Ningalis leiser Gesang.
    Dann war es still. Angstvoll lauschte er. Was war pas siert? Ein leichtes Klatschen erklang, und im nächsten Moment vernahm er den Schrei eines kleinen Kindes.
    Moira! Warum hörte er nichts von ihr? Ein eisernes Band zog sein Herz zusammen.
    Dann öffnete sich die Tür. Elizabeth Macarthur stand dort, sie lächelte. »Herzlichen Glückwunsch! Ihr könnt jetzt zu ihr.«
    Â»Dann … geht es ihr gut?«
    Â»Aber ja doch.« Sie machte einen Schritt zur Seite, damit er eintreten konnte.
    Moira lag, von einer Decke gestützt, halb aufgerichtet auf der Bettstatt, die schwarzen Haare noch feucht von Schweiß, und hielt einen in

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