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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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ein Tuch gewickelten Säugling im Arm. Obwohl man ihrem blassen Gesicht die überstandenen Qualen noch ansah, strahlte sie Duncan an. Ihm wurde schwindelig, er fühlte sich so schwach, als würde er im nächsten Moment umfallen.
    Â»Und ich hatte recht: Es ist ein Sohn!« Moira zog das Tuch vom Kopf des Kindes. Er sah ein rotes, verknautschtes Gesicht, zusammengekniffene Augen und ein Büschel dunkler Haare. Winzige Fäuste ruderten haltlos durch die Luft, dann öffnete sich der zahnlose Mund und stieß ein empörtes Brüllen aus. »Joey, darf ich dir deinen Vater vorstellen?«
    Vorsichtig reichte sie ihm das Kind, und er nahm das kleine, warme Bündel und presste seinen Sohn an sich. Erst als ein paar Tropfen auf den Kopf seines Sohnes fielen, merkte er, dass er vor Rührung und Erleichterung weinte.
    *
    Â»Dieser verdammte Gouverneur!« Duncans Vater Joseph O’Sullivan lief unruhig in der kleinen Hütte auf und ab. »All die Jahre war er ein Freund der Eora . Aber jetzt? Setzt ein Kopfgeld auf Pemulwuy aus. Ich habe ihn für einen gerechten Mann gehalten. Aber das geht zu weit. Wieso tut er das?«
    Â»Weil dein großer Krieger unschuldige Siedler überfällt! Und ihr Korn niederbrennt.« Duncan lehnte am Tisch. »Hilfst du ihm?«
    Joseph sah ihn kurz an, dann schnaubte er unwillig. »Sie sind nicht unschuldig. Manche von ihnen haben unbewaffnete Eora angegriffen. Haben Frauen und Kinder getötet!«
    Moira saß auf dem Bett, der kleine Joey war in ihren Armen eingeschlafen. Nachdem sie wochenlang nichts von ihm gehört hatten, war Duncans Vater vor kurzem überraschend bei ihnen aufgetaucht. Um seinen Enkel zu begrüßen, hatte er verkündet. Jetzt allerdings war ihm ein anderes Thema wichtiger. Und Moira konnte sich nicht länger zurückhalten.
    Â»Joseph«, sagte sie. »Bitte versteh es nicht falsch, aber … es wäre besser, wenn du jetzt gehst.«
    Â»Moira!« Duncan stieß sich vom Tisch ab.
    Â»Er bringt uns alle in Gefahr! Und vor allem dich!« Sie biss sich auf die Lippen, um nicht noch etwas Unüberlegtes zu sagen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie wegen seines Vaters mit Duncan aneinandergeriet.
    Â»Ich bringe doch meinen Sohn nicht in Gefahr!« Joseph hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Die mit Schmucknarben versehene gebräunte Haut seines nackten, fast ­hageren Oberkörpers ließen ihn wie einen Eingeborenen aussehen, aber der kurze graue Bart und die zum Zopf zusammengefassten, glatten grauen Haare offenbarten den Weißen.
    Moira atmete gepresst aus, als sie ein weiterer schmerzhafter Krampf durchlief. Fast, als hätte sie noch immer ­Wehen. »Willst du es denn nicht verstehen, Joseph?« Sie bemühte sich, ihre Stimme leise zu halten, um das Kind in ihren Armen nicht aufzuwecken. »Der Gouverneur hat je glichen Kontakt zu den Eingeborenen verboten. Er hat ein Kopfgeld auf Pemulwuy ausgesetzt. Und Duncan ist ein ehe maliger Sträfling. Was glaubst du, was Gouverneur King tun wird, wenn er erfährt, dass der Vater dieses Ex-Sträflings Pemulwuys Verbündeter ist, der munter bei uns ein und aus geht?«
    Â»Moira, es reicht!«
    Joseph schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe schon verstanden. Wenn ihr auf meine Gesellschaft keinen Wert legt, dann verschwinde ich besser.« Er drehte sich um und verließ ihre Hütte.
    Â»Was sollte das?«, fragte Duncan aufgebracht. »Er ist mein Vater! Du kannst ihn doch nicht einfach vor die Tür setzen!«
    Â»Wenn er so uneinsichtig ist, dann schon.« Sie sah ihn trotzig an, dann lenkte sie ein. »Ich wollte ihn nicht verärgern. Aber ich habe Angst! Es ist noch nicht lange her, da dachte ich, ich … ich würde dich für immer verlieren! Und jetzt muss ich mir anhören, dass dein Vater Pemulwuy unterstützt.«
    Duncan nickte langsam und setzte sich zu ihr. »Jemand sollte zu Pemulwuy gehen und mit ihm reden. Ihn davon überzeugen, mit diesen Überfällen auf die Siedler aufzuhören und die Waffen abzugeben. Vielleicht nimmt der Gouverneur dann das Aussetzen des Kopfgeldes zurück.«
    Â»Und wer sollte das tun?« Moira setzte sich aufrecht hin. »O nein! Das wirst du nicht!«
    Â»Wieso nicht? Ich kenne seinen Sohn, und mein Vater ist mit ihm befreundet. Möglicherweise hört er auf mich.«
    Moira schüttelte den Kopf. »Der Gouverneur wird

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