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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Krankensaals drang Husten und verhaltenes Stöhnen. Dort hatten die Sträflinge ihren Platz. Manche waren schwer ausgepeitscht worden, andere hatten sich bei der Arbeit verletzt oder litten an der Ruhr. Weiter vorne, nah bei der geöffneten Tür, die wenigstens von Zeit zu Zeit eine frische Brise hineinwehen ließ, waren die freien Siedler untergebracht, außerdem ein paar Seeleute und vereinzelt auch Soldaten des New South Wales Corps. Weibliche Patienten wurden in einem anderen Gebäude versorgt. Nicht weit von Duncan entfernt lag ein Mann, der weniger Glück als er selbst gehabt hatte; vor wenigen Tagen hatte man ihm ein Bein unterhalb des Knies amputiert. Sein Stöhnen war herzzerreißend.
    Dennoch war es trotz der vielen Kranken verhältnismäßig ruhig.
    Â»Daran bist du schuld. Sie nehmen sich nur deinetwegen zusammen«, hatte Duncan ihr einmal erklärt. »So viele Frauen bekommen wir hier nicht zu Gesicht. Du solltest mal hören, wie hier gestöhnt und gejammert wird, sobald du fort bist.«
    Bei ihren ersten Besuchen hatte Moira die unmittelbare Nähe der vielen Menschen noch nicht gestört; da war sie einfach nur froh gewesen, dass Duncan lebte und langsam der Genesung entgegenschlief. Inzwischen aber konnte sie die anderen Patienten und das vielfache Leid kaum mehr ertragen. Sie sehnte sich danach, endlich wieder allein mit Duncan sein zu können, allein mit ihm sprechen zu können , ohne dass Fremde ihnen zuhörten.
    Einstweilen gab ihnen nur das Würfelspiel den Anschein von Zweisamkeit. Ein paar Runden spielten sie schweigend , dann legte Duncan plötzlich die Würfel fort.
    Â»Beweg dich nicht!«
    Moira erstarrte. »Was ist denn?«, flüsterte sie beunruhig t. Sie spürte, dass ihre Nackenhärchen sich aufstellten – saß da womöglich ein giftiges Tier auf ihr?
    Duncans Hand näherte sich ihr langsam, mit äußerster Vorsicht. Dann versetzte er Moiras Schulter einen leichten Schlag.
    Â»Hab sie!«, verkündete er triumphierend.
    Die rechte Hand zur Faust geschlossen, fasste er mit der Linken nach etwas auf dem Boden neben seiner Pritsche. Moira sah, dass er das Gesicht verzog. Auch wenn er versuchte, es sie nicht merken zu lassen – sie wusste, dass sein Bein ihm noch immer ziemliche Schmerzen bereitete. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er ein zu einem kleinen Bündel zusammengeknotetes Halstuch in der Hand, das er nun vorsichtig öffnete. Auf dem zerknitterten Stoff lag eine große Anzahl toter Buschfliegen – wenn auch nur ein Bruchteil dessen, was zwischen den Kranken im Lazarett herumschwirrte.
    Duncan legte die tote Fliege dazu. »Nummer dreiundzwanzig.«
    Moira sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    Â»Das ist mein Mittagessen«, erklärte er mit todernstem Gesicht. »Ich bin nämlich dabei, mich in einen Frosch zu verwandeln.«
    Sie lächelte. Wenn er schon wieder zu Scherzen aufgelegt war, konnte es ihm nicht allzu schlechtgehen. »Welch betörende Vorstellung.«
    Ein Lächeln ging über sein Gesicht. »Whelan da drübe n«, er deutete nach schräg gegenüber, »Andrews und ich haben einen Wettstreit. Wer am Abend die meisten von diesen Mistviechern erlegt hat, bekommt die nächste Ration Rum der anderen beiden. Irgendwie muss ich mich ja beschäftigen. Ich kann schließlich nicht ständig an dich denken. Oder an … du weißt schon.«
    Moira schluckte und biss sich auf die Lippen.
    Â»Er fehlt mir so sehr«, sagte sie so leise, dass – so hoffte sie wenigstens – nur Duncan es hören konnte.
    Er nickte, nahm ihre Hand, fuhr über ihre Finger und strich über ihre bis aufs Fleisch abgekauten Nägel. Sie blinzelte die Tränen fort und verflocht ihre Finger mit seinen.
    Die Eröffnung, dass McIntyre seinen Jungen an sich genommen hatte, hatte Duncan schwer getroffen. Auch er hatte versucht, mit Moiras Ehemann zu reden – und genauso wenig Erfolg wie sie selbst gehabt. Seitdem ließ McIntyre sich nur noch während der täglichen Runden bei ihm blicken und vermied jedes persönliche Gespräch.
    Duncan ließ ihre Finger los. »Rühr dich nicht«, sagte er und hob die Hand. »Da sitzt Nummer vierundzwanzig.«
    *
    Artemis schnaubte, schüttelte den großen Kopf und tänzelt e, bevor sie vor der Hütte stehen blieb. Moira glitt zuerst von dem breiten

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