Im Tal des wilden Eukalyptus
McIntyre!« Penriths Degen senkte sich noch ein wenig tiefer, bis seine Spitze den blutbefleckten Leinenverband eindrückte. Duncan krampfte seine Hand um die Decke, sein Atem wurde hastiger.
Moira hielt es nicht länger aus. »Er ist nicht hier«, sagte sie. Hoffentlich, hoffentlich hatte Joseph sich beeilt und war längst in den Busch zurückgekehrt â¦
»Ach nein?« Penrith sah nicht einmal auf. »Wieso will ich das nur nicht glauben?«
»Ihr meint den Mann, der diesen Patienten hierhergebracht hat?«, meldete sich jetzt zu Moiras Entsetzen erneut McIntyre zu Wort. Dieser alte ⦠Bock würde doch wohl nicht â¦! Sie wollte etwas einwenden, aber da sprach er schon weiter. »Der ist noch am selben Tag wieder verschwunden.«
Sie schluckte krampfhaft und dankte ihm im Geiste.
»Tatsächlich?« Penrith bedachte McIntyre mit einem kurzen, misstrauischen Blick. »Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr die Wahrheit sagt, McIntyre. Und das gefällt mir überhaupt nicht. Es sieht mir eher danach aus, als wolltet Ihr den Vater dieses Bastards hier schützen.« Er hob den Dege n und deutete mit der Spitze auf Duncan, während er weiter mit McIntyre sprach. »Ich bezweifle nämlich, dass ein Vater seinen Sohn so schnell wieder im Stich lassen würde. Würdet Ihr das tun? Würdet Ihr Euren Sohn in der Obhut fremder Menschen lassen? Den kleinen â wie habt Ihr ihn genannt? Harry?«
»Henry«, murmelte McIntyre tonlos, während Moiras Herz für einen Schlag auszusetzen schien.
Duncan runzelte die Stirn, versuchte offenbar, das Gehörte einzuordnen.
Penrith steckte den Degen zurück in die Scheide, zog sich den Stuhl heran und setzte sich neben Duncans Pritsche. »Aber zurück zu dir. Du kannst mir sicher genauso gut Auskunft geben.« Erneut wischte er sich mit dem Tuch über den Mund und steckte es dann ein. »WeiÃt du«, begann er im Plauderton, »das waren schwere Tage für deine Buhle. Erst verschwindest du, dann nimmt man euch das Kind weg â¦Â«
»Was?«, unterbrach Duncan ihn entsetzt.
»Oh, dann weiÃt du es noch gar nicht?« Eine diebische Freude erschien auf Penriths Gesicht. Er beugte sich so vertraulich vor, als wären sie beste Freunde. »Ich bin sicher, der Doktor und sein Frauchen werden es dir gleich erklären. Aber erst müssen wir beide uns unterhalten.« Wie zufällig legte er seine behandschuhte Hand auf den Verband um Duncans Oberschenkel. »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja. Wir wollen der armen Mrs McIntyre doch nicht noch mehr Schmerz bereiten, oder? Sag mir einfach, wo sich dieser Pemulwuy versteckt.«
Duncan hob den Kopf. »Das weià ich nâ¦Â« Seine Worte erstarben in einem erstickten Aufschrei, als Penrith seinen Daumen tief in die blutigen Leinenstreifen bohrte.
»Wie könnt Ihr es wagen, Ihr ⦠Ihr Teufel?« Moira konnte sich vor Schreck kaum rühren.
Duncan hatte sich stöhnend zusammengekrümmt, er sah aus, als würde er sich gleich übergeben. Mit einer Hand umklammerte er Penriths behandschuhte Rechte.
»Sir«, protestierte auch McIntyre, »Captain, ich kann nicht dulden, dass meine Patienten gequält werden.«
»Ich quäle keine Patienten, ich befrage einen Verdächtigen! Einen ehemaligen Sträfling!«, gab Penrith aufgebracht zurück, aber er lockerte seinen Griff. »Wollt Ihr Euch etwa der Staatsgewalt widersetzen, McIntyre? An Eurer Stelle wäre ich verdammt vorsichtig mit solchen ÃuÃerungen! Und nun zurück zu dir«, wandte er sich wieder an Duncan. »Wo ist Pemulwuy?«
»Ich sagte doch, ich ⦠weià es nicht«, gab Duncan ächzend zurück. Er keuchte auf, als Penriths Daumen sich erneut in sein Bein bohrte, und stieà eine kaum verständliche Verwünschung aus.
»Wir können das noch sehr lange so fortsetzen«, sagte Penrith ungerührt.
Schreck und Entsetzen hatten auch aus Moiras Kehle Âeinen dumpfen Laut gepresst. Sie musste Duncan helfen, musste ihn vor Penriths weiteren Angriffen bewahren! Denn der Captain würde nicht eher gehen, als bis er erfahren hatt e, was er wissen wollte, und wenn er Duncan dafür stundenlang foltern musste. Aber wie, wie konnte sie ⦠Hektisch sah sie sich um, erblickte aber nur die Waschschüssel und einen dazugehörigen Krug. Kaum geeignet, Penrith auÃer Gefecht zu setzen.
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