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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Charakter. Ich bedaure, dass er so enden musste.«
    Mrs Zuckerman nickte sichtlich befremdet und wandte sich wieder dem Büfett zu.
    Irgendwann an diesem Abend trafen sie auf einen Herrn namens Matthew Flinders, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, als Erster die Küste Neuhollands vollständig zu vermessen. Mr Flinders, ein schlanker, nicht sonderlich großer Mann mit Adlernase, war ein glänzender Redner und unterhielt seine Zuhörerschaft mit anregenden Berichten über seine Erlebnisse. Den Süden hatte er bereits kartographiert und wollte in den nächsten Tagen wieder in See stechen. Moira schloss ihn vollends ins Herz, als er lachend von seinem Kater Trim erzählte, der ihn auf all seinen Schiffsreisen begleitete.
    Â»Er schläft sogar in meiner Koje«, bekannte er augen zwinkernd. »Und er ist ein überaus angenehmer Tischgenos se, der sich sehr geschickt dabei anstellt, Fleisch von meiner Gabel anzunehmen.«
    Als sich ein weiterer Herr zu ihnen gesellte, den Flinders als den Forscher Nicolas Baudin aus Paris vorstellte, wechselte man höflich ins Französische. Monsieur Baudin war erst vor wenigen Tagen in Sydney gelandet und ebenfalls zu Vermessungszwecken unterwegs. Obwohl sie dadurch Ko nkurrenten waren und England und Frankreich sich bis vor kurzem im Krieg miteinander befunden hatten, gingen die beiden Männer respektvoll und fast schon freundschaftlich miteinander um.
    Moira hatte keine Schwierigkeiten, dem französischen Gespräch zu folgen – im Gegensatz zu Duncan, der bei seinem Ziehvater zwar eine einfache Schulbildung genossen, aber keine Fremdsprache gelernt hatte. Sie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, und er nickte und bedeutete ihr, sich nicht um ihn zu kümmern.
    Â»Im Übrigen«, sagte Flinders gerade, »bin ich der Meinung, man sollte die Bezeichnung Neuholland für dieses Land aufgeben. Was haben schließlich die Holländer noch damit zu tun?« Zustimmendes Gemurmel erklang. »Die alten Seefahrer haben dieses Gebiet terra australis genannt, das südliche Land. In Anlehnung daran schlage ich die Bezeichnung ›Australien‹ vor.«
    Â»Australien? Ein interessanter Vorschlag«, erwiderte ein älterer Herr mit Halbglatze. »Und wir wären dann also ›Australier‹?«
    Verhaltenes Gelächter ertönte, noch einige weitere Scherze machten die Runde, bis auch diese kleine Versammlung sich auflöste.
    Der Abend hatte etwas von einem Spießrutenlauf. Es gab etliche Gäste, mit denen Moira und Duncan nichts zu tun haben wollten, und andere, die sie offensichtlich schnitten oder ihnen missbilligende Blicke zuwarfen.
    Â»Ich komme mir vor«, sagte Moira zu Duncan, »wie eine Kuh mit zwei Köpfen. Alle starren mich an.«
    Â»Dann sind wir schon zwei Kühe«, gab er zurück. »Mit insgesamt vier Köpfen.«
    Moira kicherte, als sie sich das passende Bild dazu vorstellte. Der köstliche Punsch war ihr schnell zu Kopf gestiegen.
    Â»Bereust du es?«, fragte er.
    Â»Was?«
    Â»Dass du das alles für mich aufgegeben hast.« Er deutete vage auf die versammelte Gesellschaft.
    Â»Nein. Niemals.«
    Das Büfett war bereits abgeräumt, jetzt sammelten sich in einer Ecke des Raums einige Musiker mit ihren Instrumenten.
    Â»Müssen wir etwa tanzen?« Duncan war offenbar wenig begeistert.
    Â»Wenn du so fragst, sicher nicht.« Dennoch warf Moira einen sehnsüchtigen Blick auf die freigeräumte Tanzfläche.
    Ein Sträfling mit einem Tablett voller Punschgläser kam vorbei. Duncan nahm Moira das leere Glas aus der Hand und ersetzte es durch ein gefülltes. »Wir könnten«, flüstert e er ihr ins Ohr, »stattdessen nach draußen gehen, unter die Bäume.«
    Â»Wie vor zwei Jahren?«, gab sie ebenso leise zurück. Damals hatten sie sich zum ersten Mal geküsst.
    Er nickte und sah sie so vielsagend an, dass ihr ganz warm wurde. »Ich glaube, das würde mir jetzt gefallen.« Er stand dicht neben ihr und tat, als würde er die Anwesenden betrachten, während er ihr leise schilderte, was genau er im Schutz der Bäume und der Dunkelheit alles mit ihr an­fangen würde. Moira hielt sich an ihrem Punschglas fest und bemühte sich, ein freundlich interessiertes Gesicht zu machen und nicht zu lachen. Was ihr ausgesprochen schwerfiel.
    Er erzählte ihr gerade, was er mit ihren Zehen anzustellen gedachte, als er

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