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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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ein elegantes pfirsichfarbenes Sommerkleid.
    » Miss Warington? Was verschafft mir die Ehre? « Die Fremde war ihr gleich auf den ersten Blick sympathisch. Sie gaben einander die Hand.
    » Ich glaube, wir haben einen gemeinsamen Bekannten, Miss Chester « , erklärte sie mit weicher Stimme. » Duncan Fitzgerald schickt mich, mit einem Brief von seinem Bruder Liam. «
    Ein heißes Glücksgefühl durchströmte Johanna und ließ sie nach Atem ringen, und das Gespräch mit ihrer Mutter rückte im Nu in weite Ferne. Die Fremde zog ein kleines Kuvert aus ihrer Handtasche und reichte es ihr. » Ich verabschiede mich dann auch gleich wieder. «
    » Vielen, vielen Dank. «
    Miss Warington lächelte vielsagend und ging.

September 1845
    An Bord der VJL Lionheart
    J ohanna lag wach. Ihr Magen war schon seit Stunden leer, doch langsam schien sich ihr Körper an das heftige Schaukeln zu gewöhnen, und die Übelkeit machte einem kalten Drücken in der Bauchgegend Platz.
    Der Sturm gewann an Kraft. Das Schiff ächzte unter den tobenden Wellen, und der Wind heulte schauerlich. Hin und wieder war es still, was beinahe beängstigend war.
    Johanna setzte sich auf, die Bettdecke hatte sie zu einem Bündel zusammengeknüllt. Und dann hörte sie es. Schreie. Menschliche Schreie!
    Der Lärm kam von den Unterdecks, wo die Reisenden der dritten Klasse und die Gefangenen untergebracht waren. Dort herrschte offenbar Panik. Jetzt erklang auch auf Johannas Deck Fußgetrappel.
    Sie sprang auf. Mit ihrer selbst auferlegten Ruhe war es vorbei. Sie musste wissen, was dort los war.
    Mit wenigen unsicheren Schritten kämpfte sie sich zur Tür. Alles schwankte. Die Seekrankheit kehrte mit Macht zurück, doch kurz darauf wurde sie von Johannas aufkeimender Angst zurückgedrängt.
    Entschlossen öffnete Johanna ihre Kabinentür.
    Der schmale Gang sah im Licht der schaukelnden Laternen gespenstisch aus. Er war menschenleer. Weder Seeleute noch der Boy, der eigentlich immer hier wartete, um die Wünsche der wohlhabenderen Gäste zu erfüllen, waren zu sehen.
    Die tosenden Wellen und auch die Schreie der Passagiere waren hier im Gang lauter, doch ein weiteres beängstigendes Geräusch kam hinzu. Pferde wieherten schrill und mit noch viel größerer Angst als die Menschen.
    Johanna war nie in den Frachträumen gewesen. Das war eines der vielen Verbote, die für sie auf dieser Reise galten. Wie erging es ihrer armen Stute dort unten? Das Schaukeln musste das Tier verrückt machen. Plötzlich waren Johannas lebhafter Fantasie keine Grenzen mehr gesetzt. Wurden die Tiere in ihren Verschlägen hin und her geschleudert?
    Sie musste sich selbst mit beiden Händen am Geländer festhalten, um nicht hinzufallen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihre Stute schon mit gebrochenen Beinen auf den Metzger warten und kannte plötzlich nur noch einen Gedanken. Sie musste dort hinunter, musste sehen, ob es ihr gut ging!
    Arthurs Kabine lag direkt neben ihrer. Mit wenigen Schritten war sie dort und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür.
    » Arthur, Arthur, machen Sie auf, sofort! «
    Eine ganze Weile geschah nichts. » Arthur Remington! « Johanna schrie seinen Namen mit aller Kraft, während sich ihre Angst langsam in Zorn verwandelte. Immer folgte er ihr wie ein Wachhund, und jetzt wagte er es, sie zu ignorieren?!
    Endlich erklangen Schritte. Arthur mühte sich mit dem Schloss, dann wurde die Tür geöffnet.
    Johanna schlug Alkoholgestank entgegen. Arthur hatte getrunken, kein Wunder, dass er sie nicht gehört hatte.
    » Was ist denn, Ma’am, ich habe geschlafen « , lallte er und rieb sich den Kinnbart. Ein plötzliches Schaukeln riss ihn beinahe zu Boden.
    » Das glaube ich nicht! « , ereiferte sich Johanna. » Wir drohen unterzugehen, und Sie trinken? «
    » Keine Sorge, Ma’am, so schnell geht ein Schiff nicht unter. «
    » Aber unsere Pferde… «
    » Sind unten im Frachtraum « , antwortete Arthur scheinbar unbeteiligt.
    Das Schiff ächzte und tauchte in ein weiteres Wellental. Der Motor stapfte. Die riesigen Segel des Dreimasters waren sicherlich zum Schutz vor dem Sturm eingeholt worden.
    Johanna klammerte sich am Türrahmen fest.
    » Sie müssen hinuntergehen und nachsehen, ob es ihnen gut geht! «
    » Das werde ich nicht tun. Die Tiere sind sicher untergebracht, entweder sie überstehen den Sturm oder nicht. Ihr und unser Schicksal liegt jetzt in Gottes Hand. «
    Johanna wollte ihren Ohren nicht trauen.
    » Die Tiere sind unser Kapital, Arthur. Mein Ehemann

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