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Im Taumel der Herzen - Roman

Im Taumel der Herzen - Roman

Titel: Im Taumel der Herzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Charles oder mir lag, hat er uns das zumindest nie gezeigt. Er behandelte uns eher
so, wie er auch einen Gast behandelt hätte: höflich, aber ohne Herzlichkeit. Ich frage mich, ob die Spielschulden, die ich ihm aufgebürdet habe, tatsächlich ein so großes Loch in seine Taschen gerissen haben, dass er deswegen so verbittert ist. Bevor ich wegging, sah das Haus nie derart heruntergekommen aus, auch wenn er schon damals nicht zu einem aufwendigen Lebensstil neigte. Bei uns gab es nie vom Feinsten, und seit jeher jammerte er hin und wieder über zu hohe Ausgaben, aber wir lebten auch nicht wie die Bettler. Es muss schon an allen Ecken und Enden fehlen, nachdem er offenbar gezwungen war, das Haus so verkommen zu lassen.«
    Richard machte mit Julia kehrt und steuerte wieder auf das Haus zu. Es tat ihr weh, ihn so verstört zu sehen. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen.
    Stattdessen aber sagte sie: »Vielleicht ist dein Vater nur deswegen so unfreundlich, weil er uns nicht glaubt.«
    »Oder er hat den wahren Grund für unser Hiersein erraten! «, stöhnte Richard.
    Dieser Gedanke machte ihr ebenfalls zu schaffen. »Musst du unbedingt länger hierbleiben, um Zeit mit Charles zu verbringen? Kannst du dich nicht auch noch mit ihm treffen, nachdem wir unser Ziel erreicht haben?«
    »Ehrlich gesagt habe ich gestern Abend, als Vater sich unten nicht blicken ließ, schon versucht, in sein Arbeitszimmer zu gelangen, bevor ich zu dir hinaufgekommen bin. Aber es war abgeschlossen. Außerdem tauchte plötzlich wie aus dem Nichts einer seiner Lakaien auf, als hätte er mir in einem dunklen Winkel aufgelauert, und erklärte mir, mein Vater sei nicht in dem Zimmer. Der verdammte Kerl hätte mir auch gleich sagen können, dass der Alte gar nicht im Haus war, aber das hat er nicht getan.«
    »Du meinst, er bewahrt den Vertrag dort auf?«
    »Das halte ich für am wahrscheinlichsten. Falls weiterhin
ein Bediensteter vor dem Raum Wache steht, werde ich versuchen müssen, mir von außen durch ein Fenster Zutritt zu verschaffen. Wenn ich mich richtig erinnere, befand sich unter seinem Schreibtisch eine abschließbare Bodendiele.«
    Sie musste lachen. »Er kann den Boden abschließen?«
    Auch Richard grinste jetzt. »Ja, in der Tat. Er besaß damals eine Kiste, die unter die Bodendiele passte, und ließ die betreffende Diele mit einem Schloss versehen, sodass man sie ohne Schlüssel nicht anheben kann. Doch nachdem er seit jeher fanatisch darauf bedacht war, ja kein Geld herumliegen zu lassen, das die Dienstboten stehlen könnten, ist das keineswegs das einzige abschließbare Fach im Haus. Eine der Schubladen seines Schreibtisches ist ebenfalls mit einem Schloss versehen. Dasselbe gilt für die drei oberen Schubladen des Sekretärs, der in seinem Schlafzimmer steht, und für die kleine Truhe, in der er seine Uhren aufbewahrt. Außerdem fällt mir gerade ein, dass es in seinem Ankleidezimmer auch noch eine abgesperrte Tür gibt.«
    »Führt die denn nicht ins Bad?«
    »Nein, sein Bad befindet sich in einem separaten Zimmer auf der anderen Seite des begehbaren Kleiderschranks. Charles und ich haben uns immer gefragt, was er hinter der verschlossenen Tür wohl aufbewahrt, konnten das Rätsel aber nie lösen. Nachdem wir einmal hart dafür bestraft wurden, dass wir uns in seinem Schlafzimmer aufhielten, haben wir uns nie wieder hineingewagt.«
    Julia stöhnte. »Wie um alles in der Welt willst du an so viele Schlüssel kommen?«
    »Das hatte ich gar nicht vor. Ich habe ein paar Werkzeuge mitgebracht, die als Schlüssel dienen können.«
    Sie hatte keine Ahnung, was er damit meinte. »Ach?«
    »Jeremy Malory, James’ Sohn, bot sie mir an, bevor wir London verlassen haben. Eigentlich gehören sie seiner Frau
Danny. Laut Jeremy hat sein Vater vorgeschlagen, er solle sie mir leihen.« Richard schnaubte kopfschüttelnd. »Irgendwie kommt es mir völlig absurd vor, dass James Malory mir hilft.«
    »Warum? Er ist ein netter Mann.«
    »Von wegen! Hast du gewusst, dass er einmal Pirat war?«
    »Mir sind scherzhafte Bemerkungen darüber zu Ohren gekommen, aber ich habe es nie geglaubt.«
    »Es stimmt.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Gabbys Vater hat ihm vor langer Zeit einmal das Leben gerettet und mir die ganze Geschichte erzählt.«
    »Jetzt hör aber auf!« Julia lachte. »Ich glaube es noch immer nicht.«
    »Dann glaubst du bestimmt auch nicht, dass ich ebenfalls einmal Pirat war?«
    Sie konnte nicht anders, als noch lauter zu lachen.

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