Im Taumel der Herzen - Roman
dagegen sträubte, wärst du ganz schnell in die andere Richtung geflüchtet. Oder willst du das leugnen? Immerhin bist du eine Woche später hier erschienen, um mich darüber zu informieren,
dass sich zwischen euch beiden nichts geändert hätte und ihr nicht heiraten würdet. Nein, erst musste er dazu bereit sein, ehe du vor den Altar treten würdest. Doch er war nicht bereit – noch nicht.«
Obwohl Julia keineswegs entging, dass es Richard nur noch wütender machte, die Motive für Miltons Handeln dargelegt zu bekommen, ließ sie es sich nicht nehmen, etwas richtigzustellen: »Das stimmt nicht. Ich habe nie gesagt, dass ich ihn nicht heiraten würde. Wäre er greifbar gewesen, hätte ich mich an den Vertrag gehalten, egal, ob Richard für oder gegen die Heirat gewesen wäre.«
Milton fegte ihren Einwand mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. »Ich glaube dir nicht. Aber da ihr beide einen so erstaunlichen Sinneswandel durchgemacht habt und nun behauptet, einander zu lieben, spielt das ja alles keine Rolle mehr, oder? Genug der Worte! Bitte erhebt euch, und macht euch bereit, das Sakrament der Ehe zu empfangen! «
Das Schweigen, das sich plötzlich über den Raum senkte, hatte etwas Erdrückendes. Richard versuchte gar nicht erst, seine Wut zu verbergen. Sie sprach aus seiner Haltung, jeder Linie seines Gesichts, vor allem jedoch aus seinen Augen. Die Spannung im Raum wuchs sekündlich. Richard würde nicht zulassen, dass sein Vater den Kampf gewann, den er schon so viele Jahre mit ihm führte. Er würde einfach nicht antworten, denn das war Antwort genug. Mit angehaltenem Atem wartete Julia auf Miltons Reaktion. Vergeblich zermarterte sie sich das Gehirn, was sie noch sagen könnte, um das nun Kommende zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.
»Ich wusste, dass es ein Fehler war, hierher zurückzukehren! «, spie Richard schließlich aus, und Julia stählte sich innerlich bereits für die Gewalttaten, die auf diese Bemerkung
zweifellos folgen würden. Fassungslos starrte sie ihn an, als er hinzufügte: »Beeilen Sie sich, Pastor! Meine Braut wurde schon genug brüskiert.«
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S ie war verheiratet, und zwar mit ihm . Julia war den Tränen so nahe, dass sie noch immer nichts zu sagen wagte, ja nicht einmal wagte, den wütenden Mann anzusehen, der ihr gegenüber in der Kutsche saß, auf dem Weg zurück nach London.
Im Moment konnte Julia sich nicht vorstellen, dass sich das tiefe Gefühl von Scham, das sie empfand, jemals wieder ganz legen würde. Sie hatte in eine Decke gewickelt zu ihrer Trauung antreten müssen. Man hatte ihr nicht einmal Gelegenheit gegeben, sich vorher anzukleiden. Der Pastor hatte sofort mit der Zeremonie begonnen. Julia war vor Verlegenheit und Scham wie betäubt gewesen, sodass es wiederholter Aufforderungen bedurft hatte, bis sie schließlich die richtigen Antworten gab und hinterher ihre Unterschrift unter die Dokumente setzte. Drei Mal hatte sie diese ganze Farce mit einem Füllfederhalter für gültig erklären müssen, einmal in dem Gemeindebuch, das die Trauzeugen ebenfalls unterzeichnet hatten, einmal auf dem Dokument, das Milton einbehalten wollte, und einmal auf dem Exemplar, das man ihr übergab – als Beweis dafür, dass sie verheiratet war. Als ob sie nach dieser ganzen Geschichte noch eine Beweis dafür gebraucht hätte!
Nachdem sich die Tür hinter all den Zeugen geschlossen hatte und auf der anderen Seite Miltons Lachen zu hören gewesen
war, sprach aus Richards Augen die pure Mordlust. Als wollte er einfach nur töten, egal, wen oder was.
Julia stand wegen der Dinge, die sich gerade ereignet hatten, zu sehr unter Schock, um Wut empfinden zu können, auch wenn ihr allmählich dämmerte, dass sie es dem Grafen viel zu einfach gemacht hatten. Sie bemühte sich, nicht vorwurfsvoll zu klingen, aber sie musste Richard einfach fragen: »Hast du diese Möglichkeit in Betracht gezogen, als du dich zu unserer ›Demonstration‹ entschlossen hast?«
»Verdammt, nein, natürlich nicht! Aber jetzt ist gerade kein guter Zeitpunkt, um mit mir zu sprechen, Jewels. Pack deine Sachen, wir reisen unverzüglich ab!«
Mehr hatte er nicht gesagt. Sie widersprach ihm nicht, denn sie wollte genauso schnell aus Willow Woods weg wie er.
Wobei ihre Entscheidung, mitten in der Nacht aufzubrechen, nicht zu einer schnellen Abreise führte. Die meisten der Dienstboten hatten sich schon zur Nachtruhe zurückgezogen und mussten erst wieder geweckt werden, ehe sie helfen konnten, das
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