Im Taumel der Herzen - Roman
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Miltons spöttisches Lächeln machte Richard offenbar nichts aus, denn er kam sofort zur Sache. »Hat Julias Vater dir denn nicht gesagt, dass du von den Millers nichts mehr zu erwarten hast?«
Milton lachte höhnisch. »Gerald wird seine Meinung sicher ändern, wenn ihr ihm erst einmal ein paar Enkelkinder geschenkt habt.«
Was für eine erstaunliche Fehleinschätzung! In ungläubigem Ton fragte Richard: »Ist dir eigentlich je in den Sinn gekommen, dass Julia und ich uns wieder scheiden lassen könnten? «
»Das wagt ihr nicht«, entgegnete der Graf, der sich seiner Sache sehr sicher zu sein schien. »Eine Scheidung verursacht einen schlimmen Skandal, und in unserer …«
»Du hast die Möglichkeit einer Scheidung wirklich nicht in Betracht gezogen?«
»Natürlich nicht.«
»Obwohl du genau weißt, dass ich mich keinen Deut um einen Skandal schere?«
»Der Skandal würde sich auch auf deinen Bruder und deinen Neffen auswirken, und deren Wohl dürfte dir durchaus am Herzen liegen.«
Plötzlich lachte Richard. »Den beiden kann nichts passieren. «
Richards gute Laune gefiel Milton gar nicht. Misstrauisch fragte er: »Was ist mit dir los?«
»Ich bin verliebt«, antwortete Richard.
»Das hast du beim letzten Mal auch schon behauptet.«
Richard nickte. »Da war ich mir der Tiefe meiner Gefühle für Julia noch nicht richtig bewusst. Inzwischen bin ich
es. Beim letzten Mal haben wir dir nur eine Scharade vorgespielt …«
»Wusste ich es doch!«
»Aber jetzt ist es uns ernst«, schloss Richard. »Deswegen wird es tatsächlich keine Scheidung geben.«
»Ich habe mir doch gedacht, dass du zur Vernunft …«, begann Milton erneut, zu triumphieren.
Richard fiel ihm ins Wort: »Aber du wirst daraus keinen Nutzen ziehen. Genau wie Gerald habe ich es bereits schriftlich: Nichts, was mir gehört, wird jemals in deinen Besitz übergehen, weder zu meinen Lebzeiten noch danach. Ich habe mich ganz offiziell von dir losgesagt, was bedeutet, dass du nicht zu meiner neuen Familie gehörst.«
Milton riss die Augen auf. »Das kannst du nicht machen!«
»Es ist bereits geschehen.«
Wutentbrannt schoss Milton von seinem Stuhl hoch. »Wie kannst du es wagen, meine jahrelangen Planungen zu vereiteln? «
»Welche Planungen?«, fragte Richard neugierig. Julia hatte nach seiner Hand gegriffen, um ihm auf diese Weise Beistand zu leisten, doch nun wurde ihr klar, dass er angesichts der Wut seines Vaters ganz ruhig blieb. »Ich bin ein erwachsener Mann. Was Julia gehört, gehört auch mir – aber nicht dir.«
»Ich wollte, dass wir alle eine Familie werden! Familien kümmern sich um ihre Mitglieder. Ich habe mich darauf verlassen, dass es mir nie wieder an irgendetwas mangeln würde!«
»Die Millers haben dir ein Vermögen geboten. Du hättest Julia nur aus dem Heiratsvertrag entlassen zu brauchen«, rief Richard ihm ins Gedächtnis. »Warum hast du es nicht getan, als du die Gelegenheit dazu hattest?«
»Es war nicht genug.«
»Es wäre mehr als genug gewesen, wenn du die Sammlung verkauft hättest, die du oben in deiner Kammer aufbewahrst.«
In fast kreischendem Ton erwiderte Milton: »Bist du verrückt? Ich habe bereits mit dem Sammeln dieser Vasen begonnen, als ich noch ein junger Mann war. Das ist meine einzige wirkliche Leidenschaft!«
Plötzlich fiel es Julia wie Schuppen von den Augen. »Mein Gott, Sie haben die Mitgift bereits für weitere Vasen ausgegeben, nicht wahr?«
»Natürlich! Wisst ihr, wie lange ich darauf warten musste, mir die Stücke zu kaufen, die ich wollte? Das wenige, was von unserem Familienvermögen noch übrig war, ging dank meiner Schwiegereltern schon lange vor dem Tod meiner Frau zur Neige. Davor hatte ich keine Probleme, sondern konnte hin und wieder eine Vase erwerben, die mir gefiel. Dann aber schnellten die Preise in die Höhe, und das machte mich sehr wütend. Ihr habt keine Vorstellung davon, wie das ist, wenn man etwas derart begehrt, aber nicht über die Mittel verfügt, es sich zu verschaffen! Es ist so wichtig, dass man im Leben schöne Dinge hat, die man wertschätzen und lieben kann. Aber ich konnte sie mir nicht mehr leisten! Jahr für Jahr tauchten meine Zulieferer mit irgendwelchen Raritäten auf, von denen sie genau wussten, dass sie mir gefallen würden, und ich musste sie jedes Mal wieder wegschicken!«
»Ist dir eigentlich klar, wie erbärmlich das klingt?«, fragte Richard. »Und was für ein Narr du bist, weil dir harte, kalte Gegenstände mehr bedeuten als die
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