Im Taumel der Herzen - Roman
bringen, wann das Schiff losgesegelt ist. Falls es schon letzte Woche aufgebrochen ist, also bald nach Richards Verschwinden, dann brauchen wir womöglich Wochen, um es einzuholen.«
»Mein Pferd steht noch vor der Tür«, meinte Boyd, »ich übernehme das. Ich kenne diesen Hafen besser als du, und je schneller wir an die Information kommen, desto besser.«
Drew meldete sich ebenfalls zu Wort: »Ich würde vorschlagen, einer von euch beiden schaut gleich bei der Triton vorbei und sagt meinem Bootsmann Bescheid, dass er die Mannschaft zusammentrommeln soll. Dann können wir mit der nächsten Flut auslaufen – noch heute Abend.«
»Du wirst es nicht schaffen, Richard von dem Schiff herunterzubekommen«, gab Julia zu bedenken.
»Und ob ich das schaffe!« Drew schien sich seiner Sache völlig sicher zu sein.
Julia seufzte. »Glaub mir, es wird dir nicht gelingen. Du bist Amerikaner, mit einem amerikanischen Schiff und einer amerikanischen Mannschaft, und Richard sitzt auf einem britischen Gefangenenschiff. Vielleicht kannst du es sogar aufhalten, aber der Kapitän würde niemals freiwillig einen seiner Gefangenen an dich herausgeben. Du müsstest auf das Schiff feuern, und womöglich würde Richard bei dem Kampf ums Leben kommen.«
»Aber wir können doch auch nicht zulassen, dass sie ihn in eine Strafkolonie bringen!«, wandte Gabrielle sich in ernstem Ton an Julia.
»Da gebe ich dir recht«, erwiderte diese, »sonst wäre ich ja nicht hier. Ich möchte ebenfalls, dass diese Leute aufgehalten
werden. Aber der Graf hat seinen Einfluss als Lord geltend gemacht, um Richard ohne Gerichtsverhandlung auf dieses Schiff zu bekommen. Deshalb werden wir einen ebenso einflussreichen Lord brauchen, um ihn wieder von dort herunterzuholen. «
Alle Blicke im Raum richteten sich auf James Malory, der sein Gesicht zu einer missmutigen Grimasse verzog. »Nein«, lautete seine entschiedene Antwort.
Georgina erhob sich und steuerte auf ihren Mann zu. »James!«, sagte sie nur.
Mürrisch sah er sie an. »Bist du verrückt geworden, George? Glaubst du vielleicht, mir ist nicht bewusst, dass eure ganze Sorge diesem Mistkerl gilt, der dir schon die ganze Zeit nachstellt? Ich helfe ihm liebend gern in sein Grab, aber keinen Schritt weiter.«
Ohne seinen Worten Beachtung zu schenken, rief Georgina ihm ins Gedächtnis: »Du hast auch das schnellere Schiff.«
»Ein Schiff ohne Mannschaft«, erklärte er rasch, »es würde Tage dauern, bis …«
»Du kannst meine Mannschaft haben«, fiel Drew ihm ins Wort. »Gabby und ich kommen natürlich mit, schließlich ist Richard unser Freund.«
»Glaub bloß nicht, dass du auf meinem Schiff als Kapitän segelst, Yank!«, warnte James seinen Schwager.
»Nein, natürlich nicht.«
Trotzdem grinste Drew breit, als er neben seiner Frau auf dem Sofa Platz nahm. Zumindest diese beiden betrachteten die Angelegenheit als geregelt. Julia war sich da nicht so sicher. Bis sie sah, wie Georgina ihren Gatten umarmte.
»Du bist ein guter Mann«, sagte Georgina.
James seufzte. »Nein, ich bin ein guter Ehe mann. Das ist ein verdammt großer Unterschied.«
»Vielen Dank, James«, wandte Julia sich schließlich an ihn.
»Ich muss gestehen, dass auch ich meine Hoffnungen auf dich gesetzt hatte. Ich bin mit keinen anderen Lords so gut bekannt, dass ich um einen solchen Gefallen bitten könnte.«
Georgina hatte James noch nicht aus ihrer Umarmung entlassen, sodass er über ihren Kopf hinweg zu Julia hinüberblickte und dabei eine goldene Braue hochzog. »Würdest du mir bitte erklären, warum du hergekommen bist, um Hilfe für einen Mann zu erbitten, den du doch angeblich hasst? Das erscheint mir ein bisschen widersprüchlich.«
Sie zog ebenfalls eine Augenbraue hoch. »Glaubst du, es wäre mir lieber, er käme als gebrochener Mann zurück, bereit, mich zu heiraten, obwohl er das in Wirklichkeit gar nicht will?«
»Ein gutes Argument«, räumte James ein, »und nachdem es bei dieser Verlobung offenbar nur um Geld geht, nehme ich an, du hast längst versucht, dich aus dem Vertrag freizukaufen? «
»Mein Vater hat das schon mehrfach versucht, aber der Graf ist nie darauf eingegangen. Er erhofft sich von dieser Heirat Zugang zum gesamten Vermögen meiner Familie.«
»Steht das denn so in diesem schändlichen Vertrag?«
»Nein, aber im Gegensatz zu meinem Vater ist der Graf ein Mitglied des Adels. Er ist immer davon ausgegangen, dass er als unser Verwandter über mehr oder weniger unbegrenzte Mittel
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