Im Taumel der Sehnsucht
ignorieren. Und so starrte sie eine Weile auf Bradfords Brust, bis sie schließlich den Blick hob.
»Wir möchten der Dame gerne vorgestellt werden«, sagte Bradford gedehnt. Seine Worte waren an ihren Vater gerichtet, doch sein Blick war auf sie fixiert. Caroline bemerkte, daß er auf ihren Mund starrte, und sie fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen.
Der Earl of Braxton war sichtlich erfreut. »Selbstverständlich. Dies ist meine Tochter Caroline Mary. Caroline, meine Liebe, es ist mir eine Ehre, dir den Duke of Bradford und Mr. George Brummell vorzustellen.«
Bradford wandte sich zu Brummell um und grinste. »Du zuerst?«
»Das versteht sich von selbst«, erwiderte Brummell blasiert. Er wandte seine ganze Aufmerksamkeit Caroline zu und lächelte. Der Lärm um sie herum ließ deutlich nach, als würde jeder im Saal versuchen, dem Gespräch zu lauschen. Plötzlich kam Caroline sich vor wie die Hauptattraktion auf einem Jahrmarkt.
»Es ist mir ein großes Vergnügen, Sie kennenzulernen«, stellte Brummell überaus formell fest. Er verbeugte sich so tief vor ihr, daß er mit den Fingerspitzen den Boden hätte berühren können, dann richtete er sich wieder auf. »Sie stammen aus den Kolonien?« fragte er, während er ihre Hand nahm und langsam an seine Lippen hob. Diese vertrauliche Geste erzeugte bei den Zuschauern hörbares Luftschnappen und Aufkeuchen, und Carolines Augen blitzten vergnügt auf. Die Freude ihres Vaters über einen derart herzlichen Empfang trieb ihr eine angenehme Röte in die Wangen - glaubte sie zumindest. Welchen Grund zu erröten hätte sie sonst haben sollen?
»Sie sind offenbar ein sehr aufmerksamer Beobachter, wenn Sie sofort erkennen können, daß ich aus den Kolonien komme, Mr. Brummell«, erwiderte Caroline.
»Oh, bitte nennen Sie mich Beau. Obwohl man mir gelegentlich sagt, ich solle mich doch an meinen Vornamen George halten, ziehe ich immer den Spitznamen Beau vor.«
»Sie heißen tatsächlich George?« fragte Caroline, die sich alle Mühe gab, nicht laut loszulachen. Der Arme. Kein Wunder, daß er so entsetzt gewesen war, als sie ihn nach König George hatte nennen wollen, wo er doch verzweifelt versucht hatte, seine wahre Identität zu verheimlichen.
»Ja, und erst kürzlich hat mir eine wunderschöne Lady nahegelegt, ich solle mich wieder George nennen. Doch ich weigerte mich«, setzte er mit einem Seufzen hinzu.
Das Spiel schien ihm Spaß zu machen, und Caroline, die es wirklich große Anstrengung kostete, sich das Lachen zu verbeißen, fand, daß er es verdient hatte, auf eine ebenso harte Probe gestellt zu werden. »Wissen Sie, Mr. Harold Smith hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Nun, möglich, daß Sie sich nicht an ihn erinnern, denn der gute Mann hat vor langer Zeit alles verkauft, was er besaß, und ist in die Kolonien gereist. Er meinte, London wäre zu ... barbarisch. Ja, doch, ich glaube, das war der genaue Wortlaut!«
Brummell und Bradford sahen erst einander, anschließend sie an. Dann begannen sie beide laut zu lachen, und als ihre Heiterkeit endlich ein wenig nachließ, mußte sich Brummell die Augenwinkel abtupfen.
»Und wie geht es Mr. Smith?« fragte Bradford, als er wieder zu Atem gekommen war.
Caroline lächelte ihn an und wandte sich dann wieder Brummell zu. »Nun, ich finde, er sieht sehr gesund und kräftig aus. Er hatte wohl eine Weile Probleme mit seinem Bein, aber so, wie er heute wieder umherläuft, scheint er wieder vollkommen genesen.«
»An was hat der arme Kerl denn gelitten?« mischte sich der Earl ein.
»Gicht«, erwiderte Caroline wie aus der Pistole geschossen.
Brummell begann zu husten, und Bradford mußte ihm auf den Rücken klopfen. »Ich habe seit Jahren nicht mehr soviel gelacht«, gab er schließlich zu. »Madam, es war mir ein Vergnügen, und ich hoffe, ich darf Sie bald wiedersehen.« Brummells Stimme stieg während des letzten Satzes an, und Caroline begriff, daß die Umstehenden es hören sollten. »Bevor der Ball vorbei ist, muß ich unbedingt noch ihre Base kennenlernen.«
Caroline nickte und sah Brummell hinterher, der sich nun zurückzog. Endlich wandte sie sich Bradford zu, während sie sich inständig wünschte, sie hätte den Mut gehabt, ihn zu fragen, ob er nicht auch dringend irgendwo hingehen mußte.
Die Musik setzte wieder ein, und im gleichen Moment verkündete ihr Vater, er wolle für den Marquis Champagner holen. Bradford bat ihren Vater höflich, diesen Walzer mit seiner Tochter tanzen zu
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