Im Taumel der Sehnsucht
schilderte. Caroline wußte, daß er es gerne tat, obwohl er sich nicht dazu äußerte. Aber sie hätte ihn niemals gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen, wenn sie sich nicht sicher gewesen wäre, daß es ihm selbst Vergnügen bereitete. Er war wirklich ein wunderbarer Koch.
Kurz darauf waren die Aufgaben zwischen Benjamin und Marie in der Küche verteilt. Marie war dankbar und machte sich daran, zu tun, was der große Schwarze ihr aufgetragen hatte, während Benjamin sich in die Arbeit stürzte und im übrigen so tat, als wäre Marie gar nicht vorhanden. Zufrieden nahm Caroline sich eine Tasse mit frischem heißen Tee und kehrte ins Eßzimmer zurück, um dort auf ihren Vater zu warten.
Der Earl of Braxton erschien eine Stunde später. Caroline setzte sich zu ihm und sah zu, wie er sein Frühstück, das er in höchsten Tönen lobte, zu sich nahm. Anschließend gingen sie den Stapel Post durch, der bereits am Morgen eingetroffen war. Caroline und Charity waren förmlich mit Blumen und flehentlichen Bitten, Besuche zu empfangen, überschüttet worden.
»Habe ich schon erwähnt, daß der Duke of Bradford heute nachmittag um zwei Uhr herkommen wird?« fragte ihr Vater.
»Um zwei!« Caroline sprang auf und strich sich unbewußt das Haar glatt. »Das ist ja in weniger als zwei Stunden! Ich muß mich sofort umziehen!«
Ihr Vater nickte und rief ihr hinterher: »Heute abend sind wir zu einer Dinner-Party bei Viscount Claymere und seiner Familie eingeladen.«
Caroline drehte sich im Türrahmen zu ihm um. »Ist Claymere nicht der ungeschickte Gentleman von gestern abend?«
Als ihr Vater nickte, verdrehte Caroline die Augen. »Oje, dann darf ich heute abend kein helles Kleid anziehen. Ganz bestimmt verschüttet er irgend etwas. Zu schade, daß schwarz nicht in Mode ist.«
Bradford kam eine Viertelstunde zu spät. Caroline schritt ungeduldig im Salon auf und ab, bis sie Deighton >Seine Gnaden< sagen hörte. Einen kurzen Augenblick später öffneten sich die Türen, und da stand er.
Bradford strahlte Kraft und Energie aus. Er trug Reitkleidung; die hellbraunen, engen Lederhosen schmiegten sich an seine Schenkel, und sein schokoladenbrauner Rock ließ sein weißes Halstuch nur noch heller blitzen. Die Stiefel waren auf Hochglanz poliert, und Caroline überlegte unwillkürlich, ob man sich darin spiegeln konnte, wenn man sich tief genug bückte.
Es war nicht zu übersehen, daß er sich sehr sorgfältig gekleidet hatte, aber schließlich hatte auch sie sich besondere Mühe gegeben. Sie trug ein lavendelfarbenes Kleid, dessen eckiger Ausschnitt dunkelblau gesäumt war. Mary Margaret hatte ihr Haar locker im Nacken zusammengefaßt und kleine Ringellöckchen nach vorn gezogen, so daß sie nun ihr Gesicht einrahmten.
Erst jetzt wurde sich Caroline bewußt, daß Bradford und sie einander anstarrten. Sie raffte den Saum ihres Rockes, wodurch ihre blauen Lederschuhe sichtbar wurden, und vollführte einen formellen Knicks. »Sie sind spät, Mylord. Was hat Sie aufgehalten?«
Ihre Direktheit entlockte ihm ein Lächeln. »Und Sie sind zu früh. Wußten Sie nicht, daß eine Lady einen Verehrer mindestens zwanzig Minuten warten läßt, damit dieser nicht auf die Idee kommt, sie würde sich zu sehr auf ihn freuen?«
»Sind Sie denn mein Verehrer?« fragte Caroline, während sie langsam auf ihn zuging.
Ihre Augen blitzten spitzbübisch, und er nickte lächelnd. »Freuen Sie sich denn, mich zu sehen?«
»Nun, natürlich«, antwortete Caroline. »Mir ist zu Ohren gekommen, daß Sie reich und mächtig sind, und daher muß ich mich selbstverständlich über Ihre Aufmerksamkeit freuen. Das ist es doch, was Sie denken, oder etwa nicht?« Sie lachte über seinen Gesichtsausdruck, der sein plötzliches Unbehagen verriet.
»Ich habe Sie noch nicht einmal anständig begrüßt, und schon ziehen Sie mich wieder auf«, sagte Bradford mit einem tiefen Seufzer.
»Wir haben uns doch gerade begrüßt«, widersprach Caroline. Ihr Lächeln und ihre Lust auf Geplänkel schwanden, als Bradford in alarmierendem Tempo auf sie zukam. Caroline wich zurück und wäre seinem Griff zweifellos entgangen, hätte das Sofa ihren Rückzug nicht gestoppt.
Bradford packte Caroline an den Schultern und zog sie langsam zu sich. Seine Absicht war deutlich, und Caroline versuchte panisch, ihn von sich zu drücken, während sie ihren Blick auf die offenen Türen hinter ihm fixiert hielt. Himmel, ihr Vater konnte jeden Moment auftauchen. Sie wußte, daß Deighton zum
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