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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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du? Ich komme aus dieser Gegend. Ein Stück weiter südlich, in Norwegen, aber nicht weit entfernt. Dies ist meine Heimat. Ab und zu komme ich hierher zurück, um in eine andere Welt einzutauchen. Um zu entkommen. Um dorthin zu gehen, wo es diese beschissenen Christen nicht gibt, keine Regeln, keine Sozialdemokraten oder sonstige humanistische Scheißkerle.« Er spuckte aus und trank aus seinem Horn. Trotz der vielen
konkurrierenden Ausdünstungen in diesem Raum und dem Zustand seiner Nase konnte Luke den unangenehmen Geruch von Lokis Atem sogar in seinem Bettkasten wahrnehmen.
    »Wir sind erwacht, Luke. Und wir wollen, dass unsere Wikingerbrüder ebenfalls erwachen. Wir werden ihnen zeigen, wie das geht. Hier oben. Und zwar mit unserer Musik. Das wird etwas ganz Besonderes, Luke. Wir arbeiten an einer ganz intensiven Erfahrung, mein Freund. Wir werden die Stimme der alten Götter aufnehmen. Erhebt euch. Erhebt euch, wird es sagen.«
    Er deutete mit dem Trinkhorn auf Luke. »Wahre Magie, verstehst du? Deshalb komme ich hierher. Ich habe mich entschlossen, den anderen zu zeigen, was wahre Magie ist. Und ich habe nur die Stärksten mitgenommen. Solche, die mir bewiesen haben, dass sie böse genug sind. Dass sie … kompromisslos sind. Das ist ein Wort, das mir gut gefällt. Sie haben bewiesen, dass sie bereit sind, zu brandschatzen und zu töten. Ihnen sind Blut und Boden heilig.«
    Loki brach in Gelächter aus. »Das ist vielleicht ein bisschen viel, oder? Fenris! Der ist nicht gerade intelligent, das denkst du doch, oder? Er hat schon Tiere getötet, als ich ihn in Oslo kennengelernt habe. Da gibt’s kaum noch Haustiere. Wenn ich zu ihm sage, entweihe dieses Grab, dann tut er das. Ganz einfach. Und was die Kirchen betrifft …« Loki machte ein Geräusch, das eine Explosion darstellen sollte, und deutete mit den Händen aufflammendes Feuer an. »… bring einen Priester für mich um, hab ich ihm mal gesagt, als wir betrunken waren.« Loki nickte und grinste, als würde er sich an eine besonders absurde und triviale Episode seiner Rebellion erinnern. »Und er hat es einfach getan.«
    Er blickte wieder ernst drein und nahm eine gebieterische Haltung ein. »Um ein Wikinger zu sein, muss man lernen, wirklich böse zu sein, Luke. Man muss in der Lage sein, sich in einen Blutrausch hineinzusteigern. Weißt du eigentlich, dass du
wirklich Glück hast, dass ich dir das alles erzähle? Du bist der erste Mensch, der das alles erfährt und der noch am Leben ist. Verstehst du? Okay, du musst nicht darauf antworten. Aber ich werde dich trotzdem überzeugen. Wir haben neun Leute umgebracht. Darunter zwei Priester.«
    Loki grinste und trank noch einen Schluck. »Nicht schlecht, oder? Wir sind die schlimmsten Massenmörder, die Norwegen je gesehen hat, nur weiß das bisher noch keiner. Das ist das Beste daran. Sie glauben nicht, dass so etwas in Norwegen passieren kann, aber wir gehören zu den Ersten, die aufgewacht sind. Varg Vikernes und Bard Faust, die Black-Metal-Killer, gehören auch dazu. Das sind Revolutionäre! Sie beleuchten den Pfad, den wir alle gehen werden. Aber wir werden noch viel weiter gehen als sie.«
    Er trank noch etwas. »Und Odin wird kommen, mein Freund. Gib dich da keinen falschen Hoffnungen hin. Es wird viele Tote geben. Und es wird Blutopfer geben. Wir werden unsere Rache ausüben. Du wirst sehen. Du wirst es sehen.«
    Ab und zu während Lokis Bekenntnisrede verlor Luke sein plötzlich aufgekommenes, heftiges Bedürfnis diesen Mann zu provozieren. Ihm war nicht klar, was er diesen jungen Leuten eigentlich glauben sollte, oder was er überhaupt noch für wahr ansehen konnte. Aber er bezweifelte sehr, dass Loki gelogen hatte, als er von dem sprach, was die Gruppe getan hatte, bevor sie hierhergekommen war.
    Luke brach in Gelächter aus. Irgendwas musste er ja tun, um seine Angst zu bezwingen. Wenn er seine Angst schürte, würde ihm das überhaupt nicht helfen. Das hatte noch nie etwas gebracht. Er hatte einfach keine Zeit mehr für irgendwelche Ängste. Sie waren völlig nutzlos. Angst war nichts weiter als ein ständig wiederkehrender Überlebensinstinkt, und für ihn war das Überleben sowieso nicht mehr möglich. Es wurde Zeit, etwas ganz anderes auszuprobieren.

    Loki starrte ihn böse an. Das war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte, das konnte Luke deutlich sehen. Diese jungen Leute wollten gefürchtet und verehrt werden, so wie es sich alle morbid veranlagten Heranwachsenden wünschten.
    »Was

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