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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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geben. So wie andere früher etwas gegeben haben. Um Teil einer großen Wahrheit zu werden. Einer uralten Wahrheit. Um etwas zu geben und dem Gott näherzukommen. Dem einzigen, der es wert ist, von uns verehrt zu werden. Es ist die … äh … Geste, die zählt. Das ist wie Weihnachten, wichtig ist, dass man etwas gibt.« Loki brach in lautes Gelächter aus, so sehr amüsierten ihn seine Worte. Luke sagte nichts.

    »So wie es aussieht, wirst du geopfert. Vielleicht schon heute Nacht. Das hoffen wir jedenfalls. Wir kommen immer näher heran. Wir haben jetzt Kontakt aufgenommen. Und du liegst völlig falsch, denn unser Gott weiß, dass wir hier sind. Um das zu tun, was einst hier getan wurde. Niemand außer uns wird es tun. Niemand ist so kompromisslos. Außerdem gibt es hier oben sowieso niemanden, der sich darum kümmern könnte. Es ist alles Schicksal. Und das, was wir geben müssen, ist auch gekommen. Du, Luke. Du bist im gleichen Moment auf der Bildfläche erschienen wie wir. Wenn das kein Zeichen ist.«
    Loki hob die Hände und machte eine Handbewegung, die den ganzen Raum umfasste, das ganze Haus, den ganzen Wald. »Dies hier waren die alten Siedler. Die ersten Menschen hier. Aber bevor sie herkamen, gab es schon andere Dinge hier. Und die Siedler haben denen, die schon vor ihrer Zeit hier lebten Tribut gezollt, damit sie bleiben durften. Um jagen zu dürfen, mit Fellen zu handeln und im Wald zu leben. Das war vor langer Zeit. Sie gaben dem Gott zu essen und zu trinken, und es ist ihnen gut gegangen. Sie gaben ihm Tiere, die er zerreißen konnte, und der Wald wuchs und gedieh und schützte sie. Das ist die Lebensweise der Alten gewesen. Sie wurden an den Rand gedrängt, wurden gezwungen, sich in weit entfernte Ecken zurückzuziehen. Von den Christen und den Einwanderern und den Sozialdemokraten.« Loki schüttelte den Kopf, gab sich verbittert und verzweifelt, dann blickte er wieder auf. »Sie haben ihm viele Namen gegeben hier draußen. Als ich noch ein kleiner Junge war, wurde es in meiner Familie ›die schwarze Yule-Ziege‹ genannt, aber das ist kein wirklich guter Name dafür, finde ich. Aber in diesen Wäldern ist es ein Gott. Ein sehr realer Gott. Da kannst du dir sicher sein. Die Christen nennen es einen Dämon. Aber es ist ein Gott. Nur eben nicht ihr Gott.« Er zuckte mit den Schultern. »Dieser Ort ist heilig. Hier wird es zur Auferstehung kommen. Wir sind hergekommen, um die Musik
für diese Auferstehung zu machen. Um ein Opfer darzubringen und dafür gesegnet zu werden. Um die Botschaft weiterzuverbreiten. Um die Gegenwart eines Gottes zu erfahren. So wie es unsere Vorfahren getan haben. Und du mein Freund, bist besonders privilegiert. Du wirst es sehen.«
    »Ich hab es schon gesehen.«
    Loki nickte. »Ich beneide dich darum, mein Freund. Und wir werden es auch sehen, wenn es kommt, um dich anzunehmen. Bald schon. Jetzt haben wir nämlich dich, Luke. Jetzt haben wir etwas, das wir geben können. Verstehst du? So wie es sein soll. So wie es einst war. So wie Odin es gewünscht hat. Und es wird zu uns kommen. Sie hat es versprochen, Luke. Sie hat dich extra dafür gerettet. Das ist der einzige Grund, warum du noch ein bisschen länger leben durftest. Damit du unser Tribut sein kannst. Unser Blutzoll. Unsere Einführung in die alten Bräuche. Du bist der Beweis, dass wir es ernst meinen.«
    »Das ist kein Gott, Loki. Du bist total auf dem Holzweg. Die Christen sind der Wahrheit vielleicht nähergekommen. Alles, was du getan hast, war völlig sinnlos. War absolut bedeutungslos. Hat keinen Zweck. Ich hab den Tempel gesehen, er ist total verfallen, Mann. Und die alten Runensteine sind überwuchert. Niemand kümmert sich um den alten Friedhof. Das ist alles längst vergessen, Loki. Es ist vorbei. Ausgestorben. Nur diese eine alte Frau ist noch übrig geblieben. Und die wird es auch nicht mehr lange machen. Und du bist viel zu gelangweilt und dumm, um hier für längere Zeit bleiben zu können. Also ist es eben vorbei. Es gibt keinen Kult mehr, der irgendeine alte, wilde, bösartige Bestie verehrt oder was immer das ist. Es gibt keine Opferungen mehr. Es wird nicht mehr gemordet. Das Ding, das du einen Gott nennst, hat überhaupt keine Zukunft.«
    Lokis Augen weiteten sich und schienen sogar für sein breites Gesicht viel zu groß zu sein. Seine Lippen begannen zu zittern. Er war betrunken, er wurde angesichts von Lukes Verweigerungshaltung
von seinen Gefühlen übermannt. Wieso konnte dieser Engländer

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