Im Todesnebel
ragten in hoffnungsloser Verzweiflung hinauf zur Wasseroberfläche. Der Schornstein des Schiffes war mit einer Rostschicht überzogen, und verstreut über das Deck lagen verbogene Eisenteile, deren einstiger Zweck nicht mehr zu erkennen war. Während die Männer noch stumm die Szene beobachteten, schlängelte sich plötzlich aus einem Bullauge des Wracks eine lange Muräne, ihr Maul klappte mechanisch auf und zu.
»Mein lieber Mann, das Ding war mindestens dreißig Meter lang«, rief Boland.
»Ganz so groß wohl doch nicht«, widersprach Pitt. »Sie müssen den Vergrößerungseffekt der Kameralinsen berücksichtigen.«
»Es mag verrückt klingen«, sagte Stanley, »aber ich bin sicher, im Laderaum des Wracks einen Traktor gesehen zu haben.«
Ihre Aufmerksamkeit wurde vom Tickern des Computers abgelenkt, der die Ergebnisse des Datenvergleichs auszudrucken begann. Als der Drucker wieder schwieg, riß Boland den Papierstreifen ab und begann laut vorzulesen: »Nach Datenvergleich Schiff wahrscheinlich liberianischer Frachter
Oceanic Star,
5135 Bruttoregistertonnen. Ladung: Gummi und landwirtschaftliches Gerät. Vermißt gemeldet am 14. Juni 1949.«
Die Männer im Ortungsraum unterbrachen ihre Tätigkeit, womit sie gerade beschäftigt waren, und starrten auf das Papier in Commander Bolands Hand. Niemand sagte ein Wort. Jede weitere Erklärung wäre auch überflüssig gewesen.
Sie hatten das erste Opfer des Pacific Vortex gefunden.
Boland hatte sich als erster wieder im Griff. Er riß das Mikrophon der Sprechanlage aus seiner Halterung: »Hallo, Funkraum. Machen Sie über Seefunkradio Meldung nach Code sechzehn.«
»Finden Sie das nicht ein bißchen voreilig?« sagte Pitt.
»Schließlich haben wir die
Starbuck
noch nicht gefunden.«
»Schon richtig«, gestand Boland knapp ein. »Aber mir ist lieber, daß Admiral Hunter für den Fall der Fälle unsere genaue Position hat.«
»Erwarten Sie Schwierigkeiten?«
»Ich will jedes Risiko vermeiden.«
»Der nächste Kontakt. Peilung zweihundertsiebenundachtzig Grad«, ertönte die Stimme des Mannes am Sonargerät.
Sie wandten sich wieder dem Monitor zu und schwiegen, bis das steilabfallende Deck eines Schiffes auf dem Bildschirm zu sehen war. Das Heck ragte in die Höhe, während der Bug in der blaugrünen Tiefe nicht zu erkennen war. Der Kameraschlitten glitt über einen riesigen Schornstein hinweg, und im nächsten Moment konnten sie Einzelheiten der Decksaufbauten erkennen.
Mittschiffs erfaßten die Kameras ein Gewirr von Leitungsrohren und Ventilen, während die Brücke im Heck mehrere Decks hoch lag, auf denen Unmengen von Entlüftungsrohren auszumachen waren. Alle Metallteile waren von einer dicken grünen Schicht bewachsen, die selbst die Drähte, die von den Masten herunterhingen, überzogen hatte. Fische von exotischer Farbe und der verschiedensten Arten schwammen zwischen der Takelage, als wäre das tote Wrack ihr ureigenster Tummelplatz.
Bolands Stimme wiederholte, was der Computer ausgedruckt hatte: »Japanischer Öltanker,
Ishiyo Maru
, 8106 Bruttoregistertonnen. Vermißt gemeldet am 14. September 1964.«
»O mein Gott«, sagte Stanley. »Wir befinden uns wirklich über einem Friedhof, und ich fühle mich auch schon wie ein Totengräber.«
Während der folgenden Stunde wiederholte sich das Ritual noch sechsmal. Sie entdeckten vier Frachter, einen großen Schoner und einen hochseetüchtigen Fischfänger. Und mit jeder Überprüfung eines Wracks steigerten sich im Ortungsraum Spannung und Nervosität. Und als schließlich der Moment gekommen war, der Augenblick, auf den ihre gesamte Konzentration gerichtet war, da traf er die Männer doch überraschend.
Plötzlich preßte sich der Mann am Sonargerät seine Kopfhörer fester gegen die Ohren und starrte mit ungläubigem Blick auf die Anzeige. »Ich habe ein U-Boot, Peilung einhundertneunzig Grad«, sagte er.
»Sind Sie sicher?« fragte Boland.
»Darauf würde ich meine Großmutter verwetten, schließlich bin ich nicht zum ersten Mal auf U-Boot-Jagd. Und das hier ist ein großes.«
Boland hatte längst wieder das Mikrophon in der Hand.
»Brücke? Lassen Sie auf mein Kommando sofort alle Maschinen stoppen und Anker werfen.«
»Jawohl, Sir«, war eine erregte Stimme aus dem Lautsprecher zu hören.
»Welche Wassertiefe haben wir?« fragte Pitt.
Boland nickte. »Wassertiefe?« fragte er im Befehlston.
»Neunundvierzig Meter.«
Pitt und Boland sahen sich überrascht an. »Das macht die ganze Sache nur
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