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Im Totengarten (German Edition)

Im Totengarten (German Edition)

Titel: Im Totengarten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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Ohrfeige gegeben hätte. Doch auch das hätte mir nichts genützt. »Im einen Moment ist er total okay, und im nächsten flippt er völlig aus. Man weiß nie, woran man bei ihm ist.«
    »Das ist aus dem Kontext herausgerissen. Lola weiß besser als jeder andere, dass Will keinem Menschen auch nur ein Haar krümmen kann.«
    Er starrte mich aus seinen kleinen Äuglein an. »Wenn er ein solches Schätzchen ist, warum schleppt er dann ein Messer mit sich rum, mit dem man problemlos Hackfleisch aus jemandem machen kann?«
    Ich massierte meine Schläfen. »Hören Sie, Don. Es ergibt ganz einfach keinen Sinn. Sie wollen mir doch sicher nicht erzählen, Will hätte diese Drohbriefe an mich verfasst. Er ist ständig auf irgendwelchen Drogen und hätte deswegen, selbst wenn er es wollte, nie die Ruhe, um so was zu tun.«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, dass dies ganz sicher nicht die Taten eines Einzeltäters waren, Alice. Davon sind wir inzwischen alle überzeugt. Vielleicht hat er sich mit ihnen überworfen, und sie haben ihm deswegen so zugesetzt.« Burns presste die Lippen aufeinander, als wäre damit alles gesagt.
    »Und was sagt Will zu diesem ganzen Quatsch?«
    »Bisher haben wir ihn noch nicht vernommen«, räumte er treuherzig ein. »Die Ärzte im Krankenhaus haben gesagt, wir müssten warten, bis er wieder richtig bei sich ist.«
    »Da können Sie lange warten. Denn er ist schon seit acht Jahren nicht mehr er selbst. Irgendein Schwein hat ihn von einem Dach geworfen, Don, aber das stört Sie nicht weiter, nicht wahr?«
    »Ich weiß, das alles ist schwer zu verstehen, Alice.« Er bedachte mich mit einem mitfühlenden Blick. »Aber wir behalten Sie hier, bis die Gefahr vorüber ist. Sie brauchen also keine Angst zu haben.«
    Noch bevor mir eine Antwort einfiel, sammelte er schon sein Notizbuch und die Jacke ein, hievte sich keuchend von der Couch und verschwand so schnell, wie er gekommen war.
    Als mich Angie wieder auf mein Zimmer eskortierte, war sie ungewöhnlich ruhig. Wir gingen am Zeitschriftenständer vorbei, als mir mit einem Mal etwas ins Auge fiel. Auf der Titelseite der Southwark Gazette prangte ein Gesicht, das mir bekannt vorkam. Das Foto musste schon vor ein paar Jahren aufgenommen worden sein, bevor sie den Drogen und dem Alkohol verfallen war, aber sie war es auf jeden Fall. Sie hatte ihr etwas zu vertrauensseliges Lächeln im Gesicht und denselben dunklen Pony, hinter dem man ihre Augen fast nicht sah.
    Das Bild war eine Schwarzweißaufnahme von Michelle, der Prostituierten, die ich dafür bezahlt hatte, dass sie zu Hause blieb.

25
    Die Überschrift war nicht besonders originell. Schlägt der Southwark Ripper wieder zu? Dann fuhr die Gazette mit übertriebenem Pathos fort: »Michelle Yeats, 27, wurde zuletzt gesehen, als sie am späten Freitagabend vor dem Angel Pub in Southwark in eine Limousine stieg. Keine ihrer Freundinnen hat seither etwas von ihr gehört. Ihre Mutter Lesley sagt, Michelle hätte ihr Leben gerade in den Griff bekommen und nähme in dem Bemühen, das Sorgerecht für ihre sechsjährige Tochter Liane zurückzuerlangen, an einem staatlich geförderten Reha-Programm für Drogenabhängige teil.«
    Ich ließ die Zeitung auf den Couchtisch fallen, ohne den Artikel zu Ende zu lesen. Angie spähte über meine Schulter und sah sich das Foto an.
    »Sie wirkt unglaublich jung. Armes Mädel«, flötete sie.
    Der Impuls, sie anzuschreien, war überwältigend. Ich rieb mir die Augen, doch das Bild der jungen Frau, die an einer Backsteinmauer kratzte, während sie irgendwo im Dunkeln lag, verschwand nicht. Der Bastard hatte sie sich ganz eindeutig Freitagnacht geschnappt, nachdem ich ihr das Geld gegeben hatte, damit sie zu Hause blieb. Vielleicht hatte er uns ja sogar zusammen auf der Mauer sitzen sehen. Bei dieser Vorstellung wurde mir schlecht.
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Es war Montagmorgen, zehn Uhr dreißig. Wenn der Killer sie gefangen hielt, verließ sie allmählich ihre Kraft. Dann hatte er mehr als achtundvierzig Stunden Zeit gehabt, um ihre Haut mit seinen grauenhaften Kreuzen zu versehen. Doch es hatte keinen Sinn, Burns anzurufen, um ihm zu erklären, dass seine Theorie hinfällig war. Zwar schmachtete Will im Krankenhaus, während weiter Frauen gekidnappt wurden, aber dadurch waren die Beweise, dass er in den Fall verwickelt war, nicht aus der Welt.
    Angie zögerte, meiner Bitte nachzukommen, bis ich ihr erklärte, der Befehl käme von Burns. Dann aber schlug sie aus lauter

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