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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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glitschigen, stinkenden Matsch verwandelt. Die Ketten schwangen bis zur Mitte des Durchgangs aus. Tolik musste aufpassen, nicht getroffen zu werden.
    Aus den Löchern im Boden lugten spitze Schnauzen, und rote Knopfaugen beäugten neugierig den Läufer. Schon bald verloren die Ratten ihre Scheu und liefen Tolik direkt vor die Füße: graue, wuselige Wollknäuel auf kurzen Beinchen mit angelegten Ohren und langen, nackten Schwänzen.
    Als Tolik auf eines der dreisten Biester trat, riss er angeekelt das Bein hoch und kam ins Straucheln. Die Ratten spürten sein e Verunsicherung sofort, rotteten sich zusammen und nahmen di e Verfolgung auf.
    Völlig außer Atem kam Tolik am Eingang des Friedhofstunnels an und musste zu seinem Entsetzen feststellen, dass der Rundbogen säuberlich zugemauert war. Die weiteren Ereignisse entwickelten sich so, wie es Krabbe vorausgesagt hatte . A bgesehen von den Ratten.
    Im verzweifelten Versuch, in den Metrotunnel zu gelangen, trommelte Tolik mit den Fäusten gegen die Mauer und schrie um Hilfe. Gleichzeitig musste er sich mit bloßen Füßen gegen die Ratten zur Wehr setzen. Unter seinen Tritten flogen die Nager kreischend durch die Gegend, griffen jedoch immer wieder von Neuem an.
    Als Tolik sich schon beinahe damit abgefunden hatte, das Schicksal jener zu teilen, die in die tödliche Falle des Wandertunnels geraten waren, lockerte sich plötzlich einer der Mauersteine. In den nächsten Schlag legte Tolik alle verbliebene Kraft. Der Stein fiel heraus, und kurz darauf krachte die ganze Mauer zusammen.
    Ja eben, zum Henker, die Mauer! An diesem Wort hangelte sich Tolik in die Wirklichkeit zurück und entwand sich Morpheus’ Umarmung. Im Traum waren es Natursteine, in der Realität Ziegel. In jedem Mauerwerk findet sich irgendwo eine Schwachstelle.
    Beim Versuch, sich aufzusetzen, knallte Tolik mit dem Kopf gegen die Decke des Lüftungsschachts.
    »Guten Morgen.«
    Während Toliks kurzer Siesta hatte Krabbe an seiner eigenen Grabinschrift weitergearbeitet.
    Tolik packte ihn am Arm, nahm ihm kommentarlos das Messer weg und kroch zum zugemauerten Ende des Schachts. Im Hintergrund hörte man immer noch den Lärm der Würmer, die sich im Betriebsraum an der Wand abarbeiteten – stupide, monoton und unermüdlich.
    »Krabbe, leuchte mir mit der Lampe!«
    Tolik rammte das Messer in die Mörtelfuge und drehte die Klinge um. Nur ein paar Krümel rieselten auf den Boden des Lüftungsschachts. Tolik wiederholte die Prozedur. Diesmal kam schon ein bisschen mehr. Zehn Minuten lang hantierte er mit dem Messer, bis es plötzlich pling machte und die Klinge abbrach. Das Messer war im Eimer, doch Tolik hatte sein Ziel erreicht. Genau wie der Stein in seinem Traum kurz zuvor hatte sich einer der Ziegel gelockert.
    »Hey, Krabbe, hierher!«, kommandierte Tolik. »Du legst dich jetzt auf den Rücken und stößt mit den Beinen gegen die Mauer, bis sie nachgibt. Oder bis dir die Beine abfallen!«
    Der Plan funktionierte. In der Mauer bildeten sich Risse. Zuerst fielen einzelne Ziegel heraus, dann krachte das ganze Mauerwerk auf die andere Seite hinunter.
    Tolik räumte Krabbe aus dem Weg, steckte vorsichtig den Kopf aus dem Schacht und sondierte die Lage. Das Erste, was er im Licht der Taschenlampe sah, war eine gewöhnliche Tunnelwand, die sich in nichts von anderen Wänden in der Metro unterschied.
    Obwohl, irgendetwas war hier anders …
    Tolik sprang auf den Betonboden des Tunnels hinunter und schaute sich aufmerksam um. Was war das denn?
    Die Kabel und Rohrleitungen in den Wandhalterungen waren zwar mit einer dicken Staubschicht bedeckt, ansonsten aber völlig intakt. In der normalen Metro gab es so etwas schon seit fünfzehn Jahren nicht mehr – alles ruiniert oder geklaut. Telegrafenkabel zwischen verbündeten Stationen mussten stets neu verlegt werden.
    Auch die Schaltkästen waren absolut unversehrt und sogar die Lampen in den länglichen, vergitterten Glasgehäusen. Es gab keinerlei Anzeichen für menschliche Eingriffe.
    Tolik fiel noch eine weitere Besonderheit auf: Die Gleise waren präzise in den Boden eingesenkt, der dadurch völlig eben war. Noch an der Woikowskaja hatte ihm jemand von einem solchen Tunnel erzählt, den man auch mit Autos befahren konnte. Damals hatte Tolik die Geschichte ins Reich der Fabel verwiesen wie die Gerüchte über die legendäre Metro-2. Nun sah er alles mit eigenen Augen.
    Auch Krabbe inspizierte den neu entdeckten Tunnel, doch er tat es auf seine Weise. Er

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